07.02.2016 - 07:03 Uhr
Unterholz
57 Rezensionen
Unterholz
Top Rezension
Lanze brechen
Aquaten und ich – das wird nich. Dachte ich zumindest immer. Ich kenne nur wenige aquatische Parfums, die mir gefallen und die ich auch öfter würde tragen wollen (Konjunktiv mit “!“).
Die chemischen Aspekte dieser Richtung (und das soll jetzt nicht wertend gemeint sein) sind mir zu anstrengend auf Dauer.
Nehmen wir beispielsweise Dihydromyrcenol. Ein Allerwelts-Cologne-Molekül, das an sich ganz wunderbar duftet. Leicht zitrisch, eben an Kölnischwasser erinnernd, mit sanftem Lavendel-Einschlag. Es wird gerne in männlich-frischen Kompositionen verwendet. Nicht nur in günstigen! Auch Nische mag nicht auf sowas verzichten. Recht prominent wurde DHM beispielsweise in „1828 - Jules Verne“ von Histoires de Parfums eingesetzt, was mir diesen recht schnell verleidete. Auch in Dior Homme ist ein guter Schuss davon drin! Bekannteres Beispiel aus dem Mainstream: Davidoffs „Cool Water“.
Anderes Molekül: Methylbenzodioxepinon alias Calone, in „New West“ (Aramis). Auch schön.
Oder Ambroxan, ein geniales Stöffchen, das jede mittelmässige Komposition aufzupeppen vermag und ihr Volumen und Grandeur verleiht. Nachzuriechen pur in Geza Schöns „Molecule 02“. Erinnert an gewisse Lösungsmittel und Weichmacher, aber auch an gechlorte Meerwasserpools, nur angenehmer natürlich.
Das alles sind zumindest etablierte Begriffe der Branche und ich anerkenne gerne die Lust, mit diesen Stoffen zu arbeiten und dass es Zigtausende gibt, die das dann später tragen wollen. Mich persönlich gruselt dabei eher und ich bekomme meist Kopfschmerzen von diesen Gerüchen. Hat nichts mit Synthetik per se zu tun, aber mit diesem speziell ozonischen Einschlag, der interessiert mich schlicht nicht die Bohne.
Silvana Casoli, eine meines Erachtens recht geniale Parfümeurin, hat sich mit „Pioggia Salata“ die schier unlösbare Aufgabe gestellt, die Illusion des Künstlichen (also Aquatischen) mit natürlichen (oder sagen wir naturnahen) Inhaltsstoffen zu bewerkstelligen.
Casoli kommt aus der Aromatherapie, der ja oft etwas Hausbackenes anhaftet. Irgendwelche ätherischen Öle zusammenmischen, dreimal linksherum quirlen und das dann vollmundig als naturgegebene Offenbarung anpreisen. Ähnlich wie heute jede x-beliebige Teemischung den Kleber „Detox“ oder sonst ein Stuss bekommt um eine gewisse Sparte von Leuten zu erreichen. Dass aber jeder Naturrohstoff auch oft einer nicht ganz sanften (meist chemischen) Behandlung bedarf, scheint von Naturfanatikern dabei munter ausgeblendet zu werden. Da ist mir „ehrliche“ Chemie manchmal lieber, da weiss ich wenigstens was ich bekomme. Ansonsten bin ich ja auch eher für Natur und wider alle unnötige Synthetik.
Pioggia Salata ist aquatisch, doch riecht es nicht aquatisch. Sofort blingt es auf: Meer, Sonne, Inselferien. Verdammt, wie gut ist das gemacht! Der Start ist leicht cremig-süsslich, floral, angenehm pudrig, weich und rund. Und eben frisch, perfekt für jeden Sommerurlaub am Meer oder wo man selbiges hinimaginieren will. Ich vermute relativ viel Moschus aus einer natürlichen Quelle, eventuell sogenannte Moschuskörner aus Hibiskussamen (Hibiscus abelmoschus L.). Ylang, Rose und andere florale Komponenten ergeben eine helle, angenehme Blütenstimmung. Aber ganz ohne Naturfeeling-Kante. Nichts ragt dabei hervor, alles sehr dicht verquirlt, um einen Fachterminus zu wahren ;-). Interessant auch, wie der deutlich herauszuriechende Eukalyptus sich langsam ins Bild schiebt, eben auch so, dass er nicht stört, aber den süsslichen Blütenpuder ein wenig relativiert. Aus blumig-unschuldig wird interessant-frisch. Definitiv unisex! Etwas Vergleichbares habe ich bis anhin noch nicht gerochen. Was die anderen Zutaten betrifft, will ich mich nicht auf Mutmassungen hinauswagen. Madame Casoli scheint zu wissen, was sie tut und welche Geheimnisse sie verrät und welche sie behält.
Chapeau für diese geniale Komposition. Der hochwertigste Aquat aller Zeiten?
Die chemischen Aspekte dieser Richtung (und das soll jetzt nicht wertend gemeint sein) sind mir zu anstrengend auf Dauer.
Nehmen wir beispielsweise Dihydromyrcenol. Ein Allerwelts-Cologne-Molekül, das an sich ganz wunderbar duftet. Leicht zitrisch, eben an Kölnischwasser erinnernd, mit sanftem Lavendel-Einschlag. Es wird gerne in männlich-frischen Kompositionen verwendet. Nicht nur in günstigen! Auch Nische mag nicht auf sowas verzichten. Recht prominent wurde DHM beispielsweise in „1828 - Jules Verne“ von Histoires de Parfums eingesetzt, was mir diesen recht schnell verleidete. Auch in Dior Homme ist ein guter Schuss davon drin! Bekannteres Beispiel aus dem Mainstream: Davidoffs „Cool Water“.
Anderes Molekül: Methylbenzodioxepinon alias Calone, in „New West“ (Aramis). Auch schön.
Oder Ambroxan, ein geniales Stöffchen, das jede mittelmässige Komposition aufzupeppen vermag und ihr Volumen und Grandeur verleiht. Nachzuriechen pur in Geza Schöns „Molecule 02“. Erinnert an gewisse Lösungsmittel und Weichmacher, aber auch an gechlorte Meerwasserpools, nur angenehmer natürlich.
Das alles sind zumindest etablierte Begriffe der Branche und ich anerkenne gerne die Lust, mit diesen Stoffen zu arbeiten und dass es Zigtausende gibt, die das dann später tragen wollen. Mich persönlich gruselt dabei eher und ich bekomme meist Kopfschmerzen von diesen Gerüchen. Hat nichts mit Synthetik per se zu tun, aber mit diesem speziell ozonischen Einschlag, der interessiert mich schlicht nicht die Bohne.
Silvana Casoli, eine meines Erachtens recht geniale Parfümeurin, hat sich mit „Pioggia Salata“ die schier unlösbare Aufgabe gestellt, die Illusion des Künstlichen (also Aquatischen) mit natürlichen (oder sagen wir naturnahen) Inhaltsstoffen zu bewerkstelligen.
Casoli kommt aus der Aromatherapie, der ja oft etwas Hausbackenes anhaftet. Irgendwelche ätherischen Öle zusammenmischen, dreimal linksherum quirlen und das dann vollmundig als naturgegebene Offenbarung anpreisen. Ähnlich wie heute jede x-beliebige Teemischung den Kleber „Detox“ oder sonst ein Stuss bekommt um eine gewisse Sparte von Leuten zu erreichen. Dass aber jeder Naturrohstoff auch oft einer nicht ganz sanften (meist chemischen) Behandlung bedarf, scheint von Naturfanatikern dabei munter ausgeblendet zu werden. Da ist mir „ehrliche“ Chemie manchmal lieber, da weiss ich wenigstens was ich bekomme. Ansonsten bin ich ja auch eher für Natur und wider alle unnötige Synthetik.
Pioggia Salata ist aquatisch, doch riecht es nicht aquatisch. Sofort blingt es auf: Meer, Sonne, Inselferien. Verdammt, wie gut ist das gemacht! Der Start ist leicht cremig-süsslich, floral, angenehm pudrig, weich und rund. Und eben frisch, perfekt für jeden Sommerurlaub am Meer oder wo man selbiges hinimaginieren will. Ich vermute relativ viel Moschus aus einer natürlichen Quelle, eventuell sogenannte Moschuskörner aus Hibiskussamen (Hibiscus abelmoschus L.). Ylang, Rose und andere florale Komponenten ergeben eine helle, angenehme Blütenstimmung. Aber ganz ohne Naturfeeling-Kante. Nichts ragt dabei hervor, alles sehr dicht verquirlt, um einen Fachterminus zu wahren ;-). Interessant auch, wie der deutlich herauszuriechende Eukalyptus sich langsam ins Bild schiebt, eben auch so, dass er nicht stört, aber den süsslichen Blütenpuder ein wenig relativiert. Aus blumig-unschuldig wird interessant-frisch. Definitiv unisex! Etwas Vergleichbares habe ich bis anhin noch nicht gerochen. Was die anderen Zutaten betrifft, will ich mich nicht auf Mutmassungen hinauswagen. Madame Casoli scheint zu wissen, was sie tut und welche Geheimnisse sie verrät und welche sie behält.
Chapeau für diese geniale Komposition. Der hochwertigste Aquat aller Zeiten?
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