02.09.2023 - 15:28 Uhr
IceMachine
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IceMachine
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21
C‘est comme une gaieté, comme un sourire
Ich bin am Rande einer großen Stadt aufgewachsen, in einer kleinen Mietwohnung in einem Wohnblock inmitten weiterer Wohnblocks in einem typischen Arbeiterviertel, in dem die Menschen nicht viel Geld hatten. Trotzdem war unser Viertel gepflegt, die Balkone waren voller bunter Sonnenschirme und in den Blumenkästen an den Balkongeländern wuchsen Geranien. Da wir uns kaum Urlaub leisten konnten, hatten meine Eltern günstig einen kleinen Schrebergarten am Rand unseres Viertels angemietet. Ein krummer Kirschbaum stand darauf und ein Gartenhäuschen mit einer Veranda aus dunklem Holz. Meine Eltern stellten eine Schaukel auf für meine Schwester und mich und mein Papa pflanzte im hinteren Teil des Gärtchens Gemüse an und im vorderen einige Johannisbeer- und Stachelbeersträucher. In den Sommermonaten saßen wir an den Wochenenden und in den Ferien alle im Gärtchen beisammen, mein Papa sonnte sich, meine Mama blätterte durch Zeitschriften, meine Schwester puzzelte und ich verschlang haufenweise Kinderbücher aus der Stadtbücherei, malte, schaukelte oder stibitzte Beeren. Die Luft roch nach Sommer und Gras und grünen Sträuchern und ein bisschen auch nach der nahen Stadt mit all ihrem von der Sonne aufgeheizten Beton.
„Dance Amongst The Lace“ fängt für mich diesen Geruch ein. Der Duft riecht nach einem Garten am Rande einer Stadt, nach Gräsern, Kräutern, nach Beerensträuchern, holzig und säuerlich. Er riecht minzig, zitrisch, aber ich rieche auch das dunkle Holz des Gartenhäuschens im Schrebergarten meiner Eltern. Der Duft ist dabei herb, frisch, kühl (aber nicht kalt) und trotzdem irgendwie sommerlich und ganz wunderbar zeitlos. Ein bisschen riecht er auch so, wie meine Kinderhände rochen, nachdem ich die Johannisbeeren vom Strauch gerupft hatte; ein bisschen nach dem Holz und den Blättern des Strauchs, vermischt mit dem säuerlichen Aroma der kleinen dunkelroten Beeren.
Mein Papa lebt leider nicht mehr und das Schrebergärtchen musste schon vor Jahren weiteren Wohnblocks weichen. Ich lebe in einer anderen Stadt in einem Wohnviertel, wo die Sonnenschirme an den Balkonen nicht bunt sind, sondern in modernen Grau- und Beigetönen gehalten werden und die meisten Menschen genug Geld für ihren Urlaub haben. Aber wenn ich „Dance Amongst The Lace“ rieche, bin ich wieder sieben Jahre alt, stibitze Johannisbeeren von unseren Sträuchern, mein Papa schnarcht in seinem Liegestuhl in der Sonne und im Radio läuft „Ella, elle l‘a“ von France Gall. Und ich kann mir keinen besseren Ort vorstellen.
„Dance Amongst The Lace“ fängt für mich diesen Geruch ein. Der Duft riecht nach einem Garten am Rande einer Stadt, nach Gräsern, Kräutern, nach Beerensträuchern, holzig und säuerlich. Er riecht minzig, zitrisch, aber ich rieche auch das dunkle Holz des Gartenhäuschens im Schrebergarten meiner Eltern. Der Duft ist dabei herb, frisch, kühl (aber nicht kalt) und trotzdem irgendwie sommerlich und ganz wunderbar zeitlos. Ein bisschen riecht er auch so, wie meine Kinderhände rochen, nachdem ich die Johannisbeeren vom Strauch gerupft hatte; ein bisschen nach dem Holz und den Blättern des Strauchs, vermischt mit dem säuerlichen Aroma der kleinen dunkelroten Beeren.
Mein Papa lebt leider nicht mehr und das Schrebergärtchen musste schon vor Jahren weiteren Wohnblocks weichen. Ich lebe in einer anderen Stadt in einem Wohnviertel, wo die Sonnenschirme an den Balkonen nicht bunt sind, sondern in modernen Grau- und Beigetönen gehalten werden und die meisten Menschen genug Geld für ihren Urlaub haben. Aber wenn ich „Dance Amongst The Lace“ rieche, bin ich wieder sieben Jahre alt, stibitze Johannisbeeren von unseren Sträuchern, mein Papa schnarcht in seinem Liegestuhl in der Sonne und im Radio läuft „Ella, elle l‘a“ von France Gall. Und ich kann mir keinen besseren Ort vorstellen.
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