08.02.2012 - 10:49 Uhr
Profumo
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Profumo
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25
So kann Parfumkunst auch sein: kontrastreich, spannend und sinnlich zugleich
Wenige Düfte vermögen derart zu irritieren wie Patricia de Nicolaïs „Mahardjah“.
Das liegt weniger daran, dass hier etwas völlig Neues und Avantgardistisches zu erleben wäre, als vielmehr an dem Umstand, dass zwei allseits bekannte Duftfamilien, die ansonsten recht wenige Berührungspunkte haben, ziemlich unvermittelt aufeinander prallen – ein ‚Clash of Perfume-Cultures’ sozusagen.
Hier trifft der für die klassische britische Parfumkunst so typische Lavendel, der uns in so wunderbar altmodischen Duftwässern wie ‚Caldey Island Lavender’, Yardley´s ‚English Lavender oder Geo. F. Trumper´s ‚Lavender Water’, bis hin zu neueren Variationen wie Czech & Speak´s ‚Oxford & Cambridge’ begegnet, auf das nicht minder klassische Grundmuster des archetypisch orientalischen Duftes à la ‚Shalimar’, gekennzeichnet durch den Basis-Noten-Dreiklang von Patchouli-Sandelholz-Vanille, bzw. dessen würzig-aromatischer Erweiterung, zumeist durch Beigabe von Nelken- und Zimtaromen charakterisiert – mit Düften wie ‚Opium’ oder ‚Cinnabar’ modellhaft interpretiert.
Nicht dass dieser Spagat das erste Mal gewagt worden wäre: das legendäre ‚Jicky’ vereint nämlich genau diese so gegensätzlich scheinenden Pole. Doch während Aimé Guerlain sich erfolgreich darum bemüht den Duft in der Schwebe zu halten, ihn keiner Kategorie zuzuordnen, ihn nicht lesbar zu machen, geht seine späte Nachfahrin zwar einen ähnlichen Weg, diesen aber gänzlich ungenierter.
Hier wird nichts mehr verborgen, bis zur Unkenntlichkeit verblendet und verwoben, dazu mit allerhand tierischen Ausdünstungen durchdampft, nein, hier liegt alles klar und deutlich zutage: ein stolz auftrumpfender, krautiger Lavendel, allein von etwas frischer Minze akzentuiert, gefolgt von einem gewaltigen würzig-orientalischen Akkord, dessen Protagonisten die allesamt schon genannten Patchouli, Sandelholz, Vanille, Zimt und Nelke sind.
Kein waberndes Zibet umnebelt die Noten-Schar, vielmehr ist alles in aller Helligkeit und Deutlichkeit erlebbar, aber auch in all seiner Dissonanz.
Denn genau das ist der Duft: dissonant.
Der Kontrast von frischem, Minz-gekühltem Lavendel einerseits und warm-würziger orientalischer Basis andererseits könnte kaum größer sein, und Patricia de Nicolaï unternimmt nichts um diesen zu mildern. Ganz im Gegenteil: Sie modelliert das scheinbar Disparate in aller Deutlichkeit heraus.
So mögen Puristen beklagen, der Duft sei weder ein echter Orientale, noch ein ordentliches Fougère und auch kein typischer Lavendel-Soliflor, aber genau das macht ihn für mich so interessant und aufregend.
Die innere, aus den widerstreitenden Aromen resultierende Spannung mag auch bis fast zum Zerreißen gespannt sein – ich zumindest finde sie dennoch aushaltbar. Mehr noch: ich finde sie großartig. So sollte Parfumkunst sein: kontrastreich, spannend und sinnlich zugleich.
Irgendwie erinnert mich dieser Duft an Mary alias Georg Preuße und seine wunderbare Verwandlung von Mary zu Georg, zum Sinatra-Klassiker ‚My Way’, in ihrer/seiner Version ‚So leb Dein Leben’ – nur andersherum: aus Georg wird Mary, und bleibt trotzdem Georg, und ist immer wieder Mary.
Kein Duft für Jedermann und Jedefrau, aber sicher für all jene, die von einem Duft etwas mehr verlangen als Harmonie um jeden Preis, also auch um den Preis der Langeweile.
Und langweilig ist dieser Duft ganz gewiss nicht.
Das liegt weniger daran, dass hier etwas völlig Neues und Avantgardistisches zu erleben wäre, als vielmehr an dem Umstand, dass zwei allseits bekannte Duftfamilien, die ansonsten recht wenige Berührungspunkte haben, ziemlich unvermittelt aufeinander prallen – ein ‚Clash of Perfume-Cultures’ sozusagen.
Hier trifft der für die klassische britische Parfumkunst so typische Lavendel, der uns in so wunderbar altmodischen Duftwässern wie ‚Caldey Island Lavender’, Yardley´s ‚English Lavender oder Geo. F. Trumper´s ‚Lavender Water’, bis hin zu neueren Variationen wie Czech & Speak´s ‚Oxford & Cambridge’ begegnet, auf das nicht minder klassische Grundmuster des archetypisch orientalischen Duftes à la ‚Shalimar’, gekennzeichnet durch den Basis-Noten-Dreiklang von Patchouli-Sandelholz-Vanille, bzw. dessen würzig-aromatischer Erweiterung, zumeist durch Beigabe von Nelken- und Zimtaromen charakterisiert – mit Düften wie ‚Opium’ oder ‚Cinnabar’ modellhaft interpretiert.
Nicht dass dieser Spagat das erste Mal gewagt worden wäre: das legendäre ‚Jicky’ vereint nämlich genau diese so gegensätzlich scheinenden Pole. Doch während Aimé Guerlain sich erfolgreich darum bemüht den Duft in der Schwebe zu halten, ihn keiner Kategorie zuzuordnen, ihn nicht lesbar zu machen, geht seine späte Nachfahrin zwar einen ähnlichen Weg, diesen aber gänzlich ungenierter.
Hier wird nichts mehr verborgen, bis zur Unkenntlichkeit verblendet und verwoben, dazu mit allerhand tierischen Ausdünstungen durchdampft, nein, hier liegt alles klar und deutlich zutage: ein stolz auftrumpfender, krautiger Lavendel, allein von etwas frischer Minze akzentuiert, gefolgt von einem gewaltigen würzig-orientalischen Akkord, dessen Protagonisten die allesamt schon genannten Patchouli, Sandelholz, Vanille, Zimt und Nelke sind.
Kein waberndes Zibet umnebelt die Noten-Schar, vielmehr ist alles in aller Helligkeit und Deutlichkeit erlebbar, aber auch in all seiner Dissonanz.
Denn genau das ist der Duft: dissonant.
Der Kontrast von frischem, Minz-gekühltem Lavendel einerseits und warm-würziger orientalischer Basis andererseits könnte kaum größer sein, und Patricia de Nicolaï unternimmt nichts um diesen zu mildern. Ganz im Gegenteil: Sie modelliert das scheinbar Disparate in aller Deutlichkeit heraus.
So mögen Puristen beklagen, der Duft sei weder ein echter Orientale, noch ein ordentliches Fougère und auch kein typischer Lavendel-Soliflor, aber genau das macht ihn für mich so interessant und aufregend.
Die innere, aus den widerstreitenden Aromen resultierende Spannung mag auch bis fast zum Zerreißen gespannt sein – ich zumindest finde sie dennoch aushaltbar. Mehr noch: ich finde sie großartig. So sollte Parfumkunst sein: kontrastreich, spannend und sinnlich zugleich.
Irgendwie erinnert mich dieser Duft an Mary alias Georg Preuße und seine wunderbare Verwandlung von Mary zu Georg, zum Sinatra-Klassiker ‚My Way’, in ihrer/seiner Version ‚So leb Dein Leben’ – nur andersherum: aus Georg wird Mary, und bleibt trotzdem Georg, und ist immer wieder Mary.
Kein Duft für Jedermann und Jedefrau, aber sicher für all jene, die von einem Duft etwas mehr verlangen als Harmonie um jeden Preis, also auch um den Preis der Langeweile.
Und langweilig ist dieser Duft ganz gewiss nicht.
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