21.05.2020 - 05:31 Uhr
Duftsucht
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Duftsucht
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Blau-kristallene kühle Schönheit
Lavendel als Duft ist sicher nicht jedermanns Sache. Durch seine Verwendung in Duft-Wäschesäckchen oder Pot-Pourris haftet ihm etwas Altmodisches an – und so mancher erinnert sich an das Badezimmer seiner Großeltern, in dem ein Lavendelwasser stets griffbereit stand. Ich habe diese Assoziationen nicht, weder meine Oma – da ich das Jüngste einer ganzen Reihe von Kindern bin und meine Eltern spät Eltern wurden, lernte ich nur noch ein Großelternteil kennen – verwendete Lavendelwasser noch fanden sich in unserem Haushalt Duftsäckchen.
Ich kannte Lavendel nur als Pflanze – und deren Geruch fand ich schon als kleines Kind wunderbar. Mit meiner Mutter teilte ich die Liebe zu duftenden Pflanzen und bei langen Wanderungen (die ich als Kind hasste wie die Pest!) vertrieb sie uns die Zeit mit Riechen und mitunter Kosten von allem, was da so blühte und wuchs. Kräutergärten waren und sind für mich noch immer der Dufthimmel, Klostergärten beherbergen daneben oft auch noch – mitunter alte - Rosensorten und in der Kombination sind das Fleckchen Erde, von denen man mich nur sehr schwer wieder wegbewegen kann. Mein Mann und meine Söhne können bei gemeinsamen Ausflügen, die mit dem Heranwachsen der beiden Buben derzeit leider immer seltener werden, ein Lied davon singen.
Lavendel steht für mich auf der Liste der Pflanzen, an denen ich nicht vorbeigehen kann, ohne mit den Fingern entlang zu streifen, um den Duft mitzunehmen, ganz oben – und zusätzlich ist dieses ganz besondere Blau eine meiner Lieblingsfarben im Garten. Und so steht ebenfall weit oben auf der Liste der Dinge, die ich in meinem Leben noch gerne machen möchte, ein Besuch in der Provence, wenn dort der Lavendel blüht.
Bis es so weit ist, tröste ich mich mit Lavendelwasser und mit Parfüms, die dominant Lavendel erhalten. Je purer der Lavendelduft und je näher er an die Pflanze herankommt, desto glücklicher bin ich in der Regel. Und „Lavanda Imperiale“ erfüllt da genau meine Sehnsucht. Deshalb empfinde ich die Beschreibung unter dem Duft als blumig-grün auch als grundverkehrt: Da müsste ganz eindeutig und ohne jeden Zweifel blumig-blau stehen!
Der Beginn ist frisch-herb mit einem Hauch von Zitrik, steht aber nicht für sich, sondern ist sofort eingehüllt in Lavendel, Lavendel und noch mehr Lavendel. Dass in der Pyramide Ylang-Ylang und Salbei stehen, verblüfft mich etwas. Denn meine simple Nase hätte weder das eine, noch das andere herausgerochen. Wenn ich mich, nachdem ich es gelesen habe, darauf konzentriere, habe ich das Gefühl, dass der Lavendel eventuell eine Spur süßer ist als in der Natur – vielleicht ja durch Ylang-Ylang, das Bitter-Frische des Salbeis bleibt mir komplett verborgen. Lavendel selbst hat ja auch eine ganz bestimmte Form von Herbheit und alles, was ich in „Lavanda Imperiale“ rieche, unterstützt für mich die Phantasie, wie ein voll erblühtes, violettfarbendes Lavendelfeld in der heißen Sommersonne riechen müsste.
Und da gerade der Lavendel in meinem Garten frisch austreibt, mache ich noch einen Vergleich – und bin verblüfft: der Duft, der auf meiner Haut haftet, wenn ich die frischen Triebe sanft zwischen den Fingern reibe, ist praktisch ident mit dem Duft von „Lavanda Imperiale“, das nun schon seit einiger Zeit auf meinem Handgelenk weilt. Ich gerate ins Grübeln, denn so hat ja die Beschreibung als „grün“ auch wieder ihre Berechtigung – doch das ist für mich nur eine rein philosophische Frage.
„Lavanda Imperiale“ trag ich bisher nur als Einschlafduft – und der Flakon ist schon halb leer. Jetzt, wo ich mich durch den Kommentar ausführlich mit ihm beschäftige, beschleicht mich fast ein schlechtes Gewissen, denn dieser Duft ist wirklich liebevoll gearbeitet und hat es verdient, auch tagsüber genossen zu werden! Für die Arbeit käme er für mich nicht in Frage, da trage ich doch einfach lieber komplexere Düfte. Aber an einem wunderschönen Tag wie heute, an dem ich vorhabe, in meinem Mini-Gärtchen ein wenig zu werkeln, wird er mich nun auch bei Sonnenschein begleiten. Und ich bin absolut sicher, dass ich ihn sehr genießen werde!
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