05.12.2020 - 12:58 Uhr
FvSpee
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Neukölln 16: Sizilianische Vesper
Bei der sizilianischen Vesper handelt es sich zwar, technically speaking, nicht um eine gemütliche abendliche Jause oder Brotzeit, sondern um ein Massaker an den französischen Besatzern in Palermo im Jahre 1282. Es begann am Ostermontag zur Zeit des Vespergebets. Es besteht aber kein Grund zu blutig-boadicäischer Besorgnis hinsichtlich dieses Kommentars. In ihm geht es wirklich nur um kulinarische Impressionen, die dieser zwar aus Florenz in der Toskana stammende, aber nach Sizilien benannte Duft auslöst.
Für meine Begriffe ist Acqua die Sicilia, obwohl es als klassisches Kölnischwasser zu erkennen ist und eine recht traditionelle Duftpyramide aufweist, ein ganzes Stück vom altbekannten Farina-4711-Standard entfernt.
Das liegt für mich zuallererst einmal daran, dass es (trotz den mit Neroli und Petitgrain gedoppelten orangenen Zutaten) sehr zitronig daherkommt. Das sollte aber nicht zu der Annahme führen, hier wäre irgendetwas sauer und würde einem die Gesichtszüge entgleisen lassen. Auch von einer hellgelben, fast weißen, kalten und kristallinen Schärfe ist nichts zu spüren. Das Gegenteil von alledem ist der Fall. Wir sprechen hier von so saftigen, dunkelgelben, fleischigen Zitronen, dass sie in ihrer Reife geradezu süß geworden sind. Ob das botanisch möglich ist, weiß ich nicht, auf jeden Fall ist es mein olfapoetischer Eindruck. Wenn wir uns auf naturwissenschaftlich weniger schwankendem Grund bewegen wollen, können wir auch die Vorstellung üppig kandierter Zitronen aus einer sizilianischen Zuckerbäckerei, vielleicht zum Genuss mit einem Glas kaltem Wasser und einem bitteren Caffè, oder zum Verbacken in einem weihnachtlichen Panettone bemühen. Es ist, als ob die orangenen Noten hier nicht selbstständig wahrnehmbar sind (hier riecht tatsächlich nichts nach Mandarine oder Apfelsine), sondern (wahrscheinlich im Zusammenspiel mit der Sumatra-Benzoe, der ein "cremig-süßes" Aroma zugeschrieben wird) die Bergatronik nur wundersam ins Süße und Volle transformieren.
Das zweite hervorstechende Merkmal des Duftes ist der von Yatagan in seinem Kommentar bereits vollendet und nicht mehr ergänzungsfähig beschriebene Eindruck schattenspendender, waldiger, grünbüscheliger, geradezu nebelschleierhafter Kühle, wie auch immer die (geschäftlichen) Nachfahren der Mönche von S.M. Novella es gemeistert haben, diesen Dufteindruck hervorzurufen.
Obwohl mir dieses hochsommerliche Picknick mit kandierten Zitronen in einem schattenspendenden sizilianischen Wäldchen sehr behagt, verpasst der Duft bei mir letztlich Höchstwertungen. Denn während ich gegen den süßen Gesichtspunkt der Benzoe hier gar nichts zu erinnern habe, stoße ich mich an der leicht vanillig-cremigen Note, die den Duft nicht erst in der Basis ausmacht. Möglicherweise wird es Zeit für mich, zur Erkenntnis zu kommen, dass ich bei Colognes die kühl-kristallinen Varianten bevorzuge.
Hinzu kommt, und ich zögere und zittere, es auszusprechen, dass erneut ein Fall vorliegt, bei dem (wenn auch in extrem schwacher Variante) mir der Hochgenuss an einem Cologne durch eine dezent mitschwingende, hintergründe Brühwurstnote vergällt wird. Es ist nun das vierte oder fünfte Mal, dass ich zu diesem Befund komme (immer nur bei zitrischen Colognes) und ich kann ihn mir nicht erklären. Möglicherweise ist es nur eine genetisch determinierte individuelle Fehlwahrnehmung (wie eine Farbenblindheit) bei mir bezüglich irgendeines Inhaltsstoffes, der oft in Colognes verwendet wird, und kein negatives Qualitätsmerkmal. Deshalb sollten die Leser sich von diesem Aspekte vielleicht auch gar nicht abschrecken lassen. Da ich den Duft aber nur so beschreiben kann, wie ich ihn wahrnehmen, will ich der Aufrichtigkeit die Ehre geben und diese Salsiccia-Missempfindung nicht unter den Klosterteppich kehren.
Die Haltbarkeit betrug im Test etwa zwei bis drei Stunden. Zur hochinteressanten Marke kann ich schweigen, da schon viele Rezensenten von SMN-Düften etwas dazu geschrieben haben, auch ich selbst im meiner Rezension zum Colonia Russa. Nachzutragen bleibt, dass die Verpackung in den wunderschönen Flakons etwas verwirrend ist, da anscheinend manchmal solche verwendet werden, auf denen "Acqua di Sicilia" steht, manchmal aber auch solche, auf denen nur "Acqua di Colonia" vermerkt ist, das dürften dann universell (für mehrere Colognes der Firma) verwendbare Behälter sein.
Für meine Begriffe ist Acqua die Sicilia, obwohl es als klassisches Kölnischwasser zu erkennen ist und eine recht traditionelle Duftpyramide aufweist, ein ganzes Stück vom altbekannten Farina-4711-Standard entfernt.
Das liegt für mich zuallererst einmal daran, dass es (trotz den mit Neroli und Petitgrain gedoppelten orangenen Zutaten) sehr zitronig daherkommt. Das sollte aber nicht zu der Annahme führen, hier wäre irgendetwas sauer und würde einem die Gesichtszüge entgleisen lassen. Auch von einer hellgelben, fast weißen, kalten und kristallinen Schärfe ist nichts zu spüren. Das Gegenteil von alledem ist der Fall. Wir sprechen hier von so saftigen, dunkelgelben, fleischigen Zitronen, dass sie in ihrer Reife geradezu süß geworden sind. Ob das botanisch möglich ist, weiß ich nicht, auf jeden Fall ist es mein olfapoetischer Eindruck. Wenn wir uns auf naturwissenschaftlich weniger schwankendem Grund bewegen wollen, können wir auch die Vorstellung üppig kandierter Zitronen aus einer sizilianischen Zuckerbäckerei, vielleicht zum Genuss mit einem Glas kaltem Wasser und einem bitteren Caffè, oder zum Verbacken in einem weihnachtlichen Panettone bemühen. Es ist, als ob die orangenen Noten hier nicht selbstständig wahrnehmbar sind (hier riecht tatsächlich nichts nach Mandarine oder Apfelsine), sondern (wahrscheinlich im Zusammenspiel mit der Sumatra-Benzoe, der ein "cremig-süßes" Aroma zugeschrieben wird) die Bergatronik nur wundersam ins Süße und Volle transformieren.
Das zweite hervorstechende Merkmal des Duftes ist der von Yatagan in seinem Kommentar bereits vollendet und nicht mehr ergänzungsfähig beschriebene Eindruck schattenspendender, waldiger, grünbüscheliger, geradezu nebelschleierhafter Kühle, wie auch immer die (geschäftlichen) Nachfahren der Mönche von S.M. Novella es gemeistert haben, diesen Dufteindruck hervorzurufen.
Obwohl mir dieses hochsommerliche Picknick mit kandierten Zitronen in einem schattenspendenden sizilianischen Wäldchen sehr behagt, verpasst der Duft bei mir letztlich Höchstwertungen. Denn während ich gegen den süßen Gesichtspunkt der Benzoe hier gar nichts zu erinnern habe, stoße ich mich an der leicht vanillig-cremigen Note, die den Duft nicht erst in der Basis ausmacht. Möglicherweise wird es Zeit für mich, zur Erkenntnis zu kommen, dass ich bei Colognes die kühl-kristallinen Varianten bevorzuge.
Hinzu kommt, und ich zögere und zittere, es auszusprechen, dass erneut ein Fall vorliegt, bei dem (wenn auch in extrem schwacher Variante) mir der Hochgenuss an einem Cologne durch eine dezent mitschwingende, hintergründe Brühwurstnote vergällt wird. Es ist nun das vierte oder fünfte Mal, dass ich zu diesem Befund komme (immer nur bei zitrischen Colognes) und ich kann ihn mir nicht erklären. Möglicherweise ist es nur eine genetisch determinierte individuelle Fehlwahrnehmung (wie eine Farbenblindheit) bei mir bezüglich irgendeines Inhaltsstoffes, der oft in Colognes verwendet wird, und kein negatives Qualitätsmerkmal. Deshalb sollten die Leser sich von diesem Aspekte vielleicht auch gar nicht abschrecken lassen. Da ich den Duft aber nur so beschreiben kann, wie ich ihn wahrnehmen, will ich der Aufrichtigkeit die Ehre geben und diese Salsiccia-Missempfindung nicht unter den Klosterteppich kehren.
Die Haltbarkeit betrug im Test etwa zwei bis drei Stunden. Zur hochinteressanten Marke kann ich schweigen, da schon viele Rezensenten von SMN-Düften etwas dazu geschrieben haben, auch ich selbst im meiner Rezension zum Colonia Russa. Nachzutragen bleibt, dass die Verpackung in den wunderschönen Flakons etwas verwirrend ist, da anscheinend manchmal solche verwendet werden, auf denen "Acqua di Sicilia" steht, manchmal aber auch solche, auf denen nur "Acqua di Colonia" vermerkt ist, das dürften dann universell (für mehrere Colognes der Firma) verwendbare Behälter sein.
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