28.01.2014 - 07:42 Uhr

Gaukeleya
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Gaukeleya
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44
Erinnerungen eines Grosstadtmädchens an einen Jugendsommer
Le Mimosa ist ein Zufallskauf. Eine kleine inhabergeführte Parfümerie in Hamburg hatte neulich grossen Sale, und welche Parfumo kann da schon dran vorbeigehen, ohne sich mal durchzuschnuppern? Vielleicht lag es am kalten, grauen Winterwetter, dass ich am Ende meines Raubzuges zu Le Mimosa griff, denn Mimose wirkt fast immer auf mich wie ein vollmundiger Sommertag, warm, sonnig, gelb, üppig ohne Schwere.
Meine Haut war leider schon mit vielen anderen Testkandidaten benetzt (und in der Tasche lag bereits ein anderes eingekauftes Düftchen), so dass für Mimosa nur der Teststreifen übrigblieb, und der offenbarte mir zunächst einmal etwas sehr mädchenhaft Blumiges, jedenfalls etwas, was ich für mich irgendwie unpassend fand, da „zu jung“. Doch ich nahm den Streifen mit und gegentestete den ganzen Tag lang immer mal zwischendurch.
Und was soll ich sagen: er zog mich in den Bann. Und so musste ich leider nochmal zurück in den Laden und Mimosa ohne einen weiteren Hauttest kaufen ;-).
*********************
Und das passiert mit mir, wenn ich Le Mimosa auf die Haut gebe:
Der wunderbare Sommer 1982 steigt in meine Nase. Ich war 14 damals, die Fussballweltmeisterschaft lief (Deutschland verlor im Endspiel gegen Italien 1:3), ich hatte mir die Haare wie Kim Wilde schneiden lassen und war bereit für Manches. Wir machten Urlaub bei meiner Oma in einem küstennahen friesischen Dorf. Neue Nachbarn waren dort eingezogen: zwei Schwestern, eine 15, eine 16 Jahre alt.
Über den Gartenzaun hinweg kamen wir schüchtern in Kontakt, und dann folgte ein zauberhafter Landsommer mit einer Reihe endloser sonniger Tage, lauer Abende hinterm Haus, Besuche im Freibad samt harmloser, aber für uns damals unsäglich aufregender Flirts mit den dortigen Schwimmmeistern, abendelange Phantasien über romantische Momente mit den jungen Herren, ebenso endlose, gemeinsame Analysen über Zeichen ihrer Zuneigung (möglicherweise), und am Ende ein paar Tage Herzschmerz, als der Sommerurlaub vorbei war.
Alles war untermalt von dem Duft der warmen Erde im Gemüse- und Obstgarten der Nachbarmädels, aus der wir die jungen Karotten einfach so herauszogen und nach kurzem Abwaschen unter dem rostigen alten Wasserhahn am Schuppen verspeisten, Erdbeeren pflückten und verdrückten, den Duft der wogenden Kornfelder ringsum einsogen und dem Sommerwind lauschten, der ausser gelegentlichem Möwengeschrei, Kuhgemuh und mal einer ratternden Landmaschine nur ein wohliges Flüstern mit sich brachte und uns sanft streichelte.
Die Sonne brannte uns dunkelbraun, und die Haut roch nach Jungmädchenhaut, leicht versengter, aber eben doch süsser, warmer, zarter Jungmädchenhaut. Um unsere Chancen bei den Schwimmmeistern zu erhöhen, hatten wir in der dörflichen Drogerie Lipglosse eingekauft, die hellrosa glitzernd nach Pfirsich und Aprikose duftend sich in diese olfaktorisch reiche Teenagerwelt einblendeten.
An all das muss ich denken, wenn ich Le Mimosa nun trage, und ich komme mir seltsamerweise gar nicht albern oder teeniehaft oder „zu jung“ für diesen Duft vor. Vielleicht, weil er sich so natürlich in meine Vita einfügt, weil dieser Sommer nicht nur einen Sommer lang tanzte, oder sondern weil meine Freundschaft mit den beiden Schwestern noch heute besteht und wir uns jedes Jahr einmal im Sommer ;-) treffen und unter Obstbäumen im Garten Tee trinken und Obstkuchen, Eis und Melone essen.
*
Und wie ist der Duft nun selbst?
Der Einstieg ist erstaunlich kraftvoll, Anis, Anis, Anis, dazu ein Hauch zarter Blüten, etwas grün gar, und schnell dazukommend: die saftige Süsse von Pfirsich. Es riecht „ländlich“, nach Stroh, Heu, süssen, tropfenden, sonnenwarmen Aprikosen und Pfirsichen, die scharfsüss angewürzt sind durch Anis. Diese Note hält sich erstaunlich lange, bis sie schliesslich den leicht kuhdunghaften Landlufteindruck hinter sich lässt und sich die Sonnenfrucht mit ihrer Süsse durchsetzen kann.
Die Süsse ist angenehm und feindosiert, Le Mimosa behält trotz der immer weiter zunehmenden Pudrigkeit und Süsse eine gewisse Leichtigkeit, Luminosität und Natürlichkeit, wirkt nicht zugestopft oder „dick“, und von Opulenz gar zu sprechen, wäre völlig fehl am Platze.
Sicher ist dieses auch durch die eher schwache Sillage bedingt, ich selbst rieche mich zwar durchaus auch ohne mit der Nase an die Haut zu gehen, aber von einer Wolke, die hinter mir herzieht, kann nicht die Rede sein, eher ist es ein sehr zarter Schleier. Das muss man wollen, und das muss zu einem passen — zu mir passt es durchaus, und deshalb empfinde ich es nicht unbedingt als Manko.
Die zarte Mimose leuchtet fein und goldgelb von der Haut, sie ist so freundlich, so warmherzig, so natürlich, so unaufdringlich, aber doch präsent. Eine leise, aber intensive Präsenz, gestärkt durch die Anisnote, die den Duft den gesamten Verlauf über wahrnehmbar begleitet (jedenfalls an mir). Das gibt der Harmlosigkeit etwas Freches, fast schon Störrisches, aber gerade nur soviel, als dass die reine fruchtige Blumigkeit und Lieblichkeit nicht zu langweilig daherkommt.
Am Ende verbleibt cremiges Sandelholz und skinniger, weicher Moschus auf meiner Haut, wunderschön, so liebe ich das! Die Haltbarkeit ist eher im mitteleren Bereich anzusiedeln, doch mag das im Sommer anders sein, und ich schwöre, ich werde das ausgiebig testen und damit auch gleichzeitig den Zauber des Sommers 1982 und den Schmelz meiner Jugend noch einmal intensiv atmen.
Für Ina & Petra aus Z.
Meine Haut war leider schon mit vielen anderen Testkandidaten benetzt (und in der Tasche lag bereits ein anderes eingekauftes Düftchen), so dass für Mimosa nur der Teststreifen übrigblieb, und der offenbarte mir zunächst einmal etwas sehr mädchenhaft Blumiges, jedenfalls etwas, was ich für mich irgendwie unpassend fand, da „zu jung“. Doch ich nahm den Streifen mit und gegentestete den ganzen Tag lang immer mal zwischendurch.
Und was soll ich sagen: er zog mich in den Bann. Und so musste ich leider nochmal zurück in den Laden und Mimosa ohne einen weiteren Hauttest kaufen ;-).
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Und das passiert mit mir, wenn ich Le Mimosa auf die Haut gebe:
Der wunderbare Sommer 1982 steigt in meine Nase. Ich war 14 damals, die Fussballweltmeisterschaft lief (Deutschland verlor im Endspiel gegen Italien 1:3), ich hatte mir die Haare wie Kim Wilde schneiden lassen und war bereit für Manches. Wir machten Urlaub bei meiner Oma in einem küstennahen friesischen Dorf. Neue Nachbarn waren dort eingezogen: zwei Schwestern, eine 15, eine 16 Jahre alt.
Über den Gartenzaun hinweg kamen wir schüchtern in Kontakt, und dann folgte ein zauberhafter Landsommer mit einer Reihe endloser sonniger Tage, lauer Abende hinterm Haus, Besuche im Freibad samt harmloser, aber für uns damals unsäglich aufregender Flirts mit den dortigen Schwimmmeistern, abendelange Phantasien über romantische Momente mit den jungen Herren, ebenso endlose, gemeinsame Analysen über Zeichen ihrer Zuneigung (möglicherweise), und am Ende ein paar Tage Herzschmerz, als der Sommerurlaub vorbei war.
Alles war untermalt von dem Duft der warmen Erde im Gemüse- und Obstgarten der Nachbarmädels, aus der wir die jungen Karotten einfach so herauszogen und nach kurzem Abwaschen unter dem rostigen alten Wasserhahn am Schuppen verspeisten, Erdbeeren pflückten und verdrückten, den Duft der wogenden Kornfelder ringsum einsogen und dem Sommerwind lauschten, der ausser gelegentlichem Möwengeschrei, Kuhgemuh und mal einer ratternden Landmaschine nur ein wohliges Flüstern mit sich brachte und uns sanft streichelte.
Die Sonne brannte uns dunkelbraun, und die Haut roch nach Jungmädchenhaut, leicht versengter, aber eben doch süsser, warmer, zarter Jungmädchenhaut. Um unsere Chancen bei den Schwimmmeistern zu erhöhen, hatten wir in der dörflichen Drogerie Lipglosse eingekauft, die hellrosa glitzernd nach Pfirsich und Aprikose duftend sich in diese olfaktorisch reiche Teenagerwelt einblendeten.
An all das muss ich denken, wenn ich Le Mimosa nun trage, und ich komme mir seltsamerweise gar nicht albern oder teeniehaft oder „zu jung“ für diesen Duft vor. Vielleicht, weil er sich so natürlich in meine Vita einfügt, weil dieser Sommer nicht nur einen Sommer lang tanzte, oder sondern weil meine Freundschaft mit den beiden Schwestern noch heute besteht und wir uns jedes Jahr einmal im Sommer ;-) treffen und unter Obstbäumen im Garten Tee trinken und Obstkuchen, Eis und Melone essen.
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Und wie ist der Duft nun selbst?
Der Einstieg ist erstaunlich kraftvoll, Anis, Anis, Anis, dazu ein Hauch zarter Blüten, etwas grün gar, und schnell dazukommend: die saftige Süsse von Pfirsich. Es riecht „ländlich“, nach Stroh, Heu, süssen, tropfenden, sonnenwarmen Aprikosen und Pfirsichen, die scharfsüss angewürzt sind durch Anis. Diese Note hält sich erstaunlich lange, bis sie schliesslich den leicht kuhdunghaften Landlufteindruck hinter sich lässt und sich die Sonnenfrucht mit ihrer Süsse durchsetzen kann.
Die Süsse ist angenehm und feindosiert, Le Mimosa behält trotz der immer weiter zunehmenden Pudrigkeit und Süsse eine gewisse Leichtigkeit, Luminosität und Natürlichkeit, wirkt nicht zugestopft oder „dick“, und von Opulenz gar zu sprechen, wäre völlig fehl am Platze.
Sicher ist dieses auch durch die eher schwache Sillage bedingt, ich selbst rieche mich zwar durchaus auch ohne mit der Nase an die Haut zu gehen, aber von einer Wolke, die hinter mir herzieht, kann nicht die Rede sein, eher ist es ein sehr zarter Schleier. Das muss man wollen, und das muss zu einem passen — zu mir passt es durchaus, und deshalb empfinde ich es nicht unbedingt als Manko.
Die zarte Mimose leuchtet fein und goldgelb von der Haut, sie ist so freundlich, so warmherzig, so natürlich, so unaufdringlich, aber doch präsent. Eine leise, aber intensive Präsenz, gestärkt durch die Anisnote, die den Duft den gesamten Verlauf über wahrnehmbar begleitet (jedenfalls an mir). Das gibt der Harmlosigkeit etwas Freches, fast schon Störrisches, aber gerade nur soviel, als dass die reine fruchtige Blumigkeit und Lieblichkeit nicht zu langweilig daherkommt.
Am Ende verbleibt cremiges Sandelholz und skinniger, weicher Moschus auf meiner Haut, wunderschön, so liebe ich das! Die Haltbarkeit ist eher im mitteleren Bereich anzusiedeln, doch mag das im Sommer anders sein, und ich schwöre, ich werde das ausgiebig testen und damit auch gleichzeitig den Zauber des Sommers 1982 und den Schmelz meiner Jugend noch einmal intensiv atmen.
Für Ina & Petra aus Z.
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