Duftessa
Duftessas Blog
vor 1 Monat - 30.03.2024
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In kleinen Schritten zum großen Glück – Duftessa kreiert ihren ersten Duft (in der MGO-Duftmanufaktur)

Liebe Duftfreunde,

vor einiger Zeit habe ich einen Geschenkgutschein eingelöst: Unter professioneller Anleitung von Herrn Staudt vom MGO-Duftanker durfte ich mein allererstes Parfüm kreieren!
Workshops, Termine, Preise etc. könnt ihr auf duftanker.de nachlesen.

- Hier mein persönlicher Erinnerungsbericht bzw. innerer Monolog:

14:00h. Zusammentreffen mit Georg. Begrüßung mit festem Handschlag, wachem Gesichtsausdruck und weißem Hemd. Ich mag den aufgeräumten Mann, bin gespannt.

Zu Kaffee & Co. gibt es einen Einführungsfilm über Grundlagen der Parfümherstellung, Duftrichtungen und dergleichen. Nicht nötig, aber nett zur Einstimmung.

Anschließend geht es an einen Tisch zum Arbeitsblatt und Stift. Auch Georg schnappt sich einen Schreibblock. „Welche Duftrichtung soll es sein, welche Duftnoten magst Du besonders, Duftessa?“

Aus Respekt vor dem kostspieligen Geschenk und weil ich Dinge im Leben gerne beherzt angehe oder gar nicht, bin ich vorbereitet und greife zu meinen Notizen: „Es soll keine Zwillingsschwester meiner sonst so geschätzten Habanita, Tabu und Feminité werden, auf keinen Fall gourmand, süß oder zu ledrig sein. Vielmehr soll es ein grüner Duft werden, präsent und feminin, leicht würzig, gerne etwas chypre-moosig.“

Mein Blick wandert durch den Raum: 3.000 Duftstoffe und Duftessas ausgeprägte Entscheidungsfreude - DAS wird ein Spaß!

„Ich möchte einen eigenständigen Duft kreieren, der Lebensfreude ausstahlt und glücklich macht. Einen Duft für augenzwinkernde Ladies mit groooßem Herz und weitem Blick, die Freigeist versprühen und unabhängig sind, charmant, aufgeschlossen und selbstbewusst durch‘s Leben gehen.“

Romy zwinkert, Audrey nickt und Coco applaudiert.

(Und meine echten Freundinnen lächeln erleichtert: Ach, unsere alte Duftessa ist wieder da, bescheiden und leidenschaftslos wie eh‘ und je :-)

„Auf jeden Fall sollen Maiglöckchen, Lindenblüten und Geißblatt erhalten sein, auch frisches Gras, Eichenmoos und Heu. Für den zitrischen Twist möchte ich Blutorange und Grapefruit statt quitschiger Zitrone und in der Basis fände ich Benzoe, Guajak- oder Hinokiholz und einen guten Tropfen sinnliche Animalik toll.“

Aufmerksamkeit und Stille. Nur Georgs Stift kritzelt eifrig auf dem Papier.

„Ich assoziiere den Duft mit einem Schwarm beschwingter Marienkäfer, die freudvoll durch die Lüfte schweben, durch sonnendurchflutete Felder, Wiesen und Wälder lustwandeln und anderen Menschen Glück und Freude schenken.

Mein Duft soll ‚1262 Ladybirds‘ heißen.“

Interessanterweise notiert Georg in seiner charaktervollen Handschrift „Lady Birth“. Hmmm, eigentlich viel origineller und gehaltvoller. Denke unweigerlich daran, den Flakon mit einer kleinen Botticelli-Perle zu verzieren, belasse es dann aber doch bei meiner eigenen Symbolik. Auch die Zahl bleibt. Sie steht für 1262 Tage einer besonderen Duftreise vielseitiger Freuden und Genüsse, Feinsinnigkeit und Geheimnisse. Jeder schöne Tag ein großes Geschenk, jede Herausforderung eine Chance zu wachsen.

Genug Gedankenbalett - jetzt an die praktische Arbeit!

Wir schlendern gemeinsam von Regal zu Regal, riechen an besonders vielversprechenden Gläschen, stellen die Duftkomposition zusammen.

Georg empfiehlt etwas Blumiges. – Oh ja, Freesie, sehr apart! - Und Magnolie erst! Ich liebe ihr prachtvolles Blütenkleid!

Beide Gläschen wandern auf meinen Arbeitstisch.

- Hier, Dein gewünschtes Heu! - Noch aromatischer als in meinen schönsten Kindheitserinnerungen  - Wow, Grönlandmoosöl, wie spannend! Für coole Marienkäfer im Winterflug! Zwei weitere Duftstoffe gesellen sich dazu.

- Hmmm, wohlvertrautes Kampfer! Beamt mich zu meiner Großmutter, der Großkaiserin aller Ladybirds! - Sogar ein kleines bisschen Baldrian zur Erdung nach dem Marienkäferflug möchte ich wagen. Auch diese beiden Tiegel wandern an meinen Platz.

„Cashmeran bringt Tiefe und Komplexität“, erläutert Georg. Geradewegs stelle ich auch dieses schöne Versprechen zu meiner Ansammlung. Selbstverständlich darf auch ein ordentlicher Spritzer
Chypre Female nicht fehlen – „‘Duftessa‘ sagt eigentlich schon alles“ - nicht wahr? 😊
Und ein Hauch Zibet, für den zärtlichen Flügelschlag in lauwarmer Sommernacht…   – „aber nur ganz leise, unter der Wahrnehmungsgrenze“ – Jawoll, Herr Duftmeister! Ich verkneife mir ein dreckiges Grinsen.

30 Bestandteile später sitze ich mit Arbeitsblatt, Feinwaage und Messbecher ausgestattet wieder an meinem Platz und ordne die ersten Gläschen und Deckel in Reih und Glied:

Im ersten Durchgang soll ich von jedem Duftstoff exakt 0,5g (= ca. 20 Pipettentropfen) abwiegen. Helle Aufregung macht sich breit. Tief durchatmen, konzentrieren. Duftessa Salome/a Curie geht ambitioniert ans Werk, als ginge es um den Duft-Nobel-Preis: 0,5g Aldehyd C-12, 0,5g Angelikawurzel, 0,25g Baldrian (da extrem intensiv!), 0,5g Benzoe, 0,5g Bergamotte,...

Nach dem Konzentrationskraftakt trinke ich in Georgs Märchengarteneinen Kräutertee zur  Entspannung und knipse ein paar Blumenbilder für‘s Duftreisetagebuch. Dann teste ich mein Elixier auf Papierstreifen und Armbeuge, atme ein und lasse mich tiiief einatmen…

- Wow, eine gleißende Ladybirdexplosion!!!

Doch mir fehlt etwas Bodenhaftung. Ich dunkle die Mixtur mit Black Agar ab und würze sie mit  krautig-herber Angelikawurzel nach. Vertraue dabei meiner Intuition und Improvisationsfreude sowie Georgs Erfahrung und Empathie.

Im nächsten Schritt gilt es, das Abwiegen mit Faktor 1,5 zu wiederholen, um auf rund 40ml Duftmischung zu kommen, die mit Alkohol im 50ml-Flakon aufgefüllt wird. Leider lässt mein Präzisionseifer während dieser monotonen Matheübung etwas nach und ich werde waghalsiger: Ein Extraspritzer frisches Gras hat noch keinem geschadet… ein Extraschuss fesselnde Animalik erst recht nicht, oder?

Georg bemerkt meine Konzentrationsschwäche und unterstützt mit Tipps und Tricks sowie seiner sanften Aufforderung, bis zum Ende eigenverantwortlich meinen eigenen Duft zu kreieren und abzurunden.

Nach dem finalen Durchgang hat sich mein Duft nochmals gewandelt: Die Mittagssonne blendet nicht mehr, das Gras ist nachgegrünt und die Marienkäfermädchen sind nachgereift: entdeckungsfreudige Ladybirds im besten Alter, 42 oder so:-)

Zum Schluss fixiert und stabilisiert Georg den Duft mit etwas Cumarin und Cyclamenaldehyd und das Werk ist – fast! – vollbracht.

- Doch dann: „Duftessa, komm‘ schon, noch einen allerletzten Tropfen Blutorange…“ flüstert mir ein Teufel ins Ohr. Als ich nach der Pipette greife und mir just in diesem Moment das Gläschen umkippt, deute ich es als Zeichen aufzuhören. (Gar nicht auszumalen, wenn meine Mixtur...)

Um exakt 18:25h bin ich fertig und ganz duftberauscht: „Ja, er ist’s! Duftessa lässt ihr grünes Band… Ladies flattern durch die Lüfte…“

Ein schwungvoller Tanz der Moleküle.

„So soll es sein, so kann es bleiben, so hab‘ ich es mir gewünscht.“

1262 Ladybirds. Fertig. Punkt.

Georg befüllt und versiegelt den schweren Flakon mit Donner! Hammer! Schlägen! Ermattet aber zufrieden nehme ich eine hochwertige, schwarze Schiebeschachtel mit Innenpolsterung an mich (und gestalte den Flakon zu Hause in aller Ruhe...)

50ml selbstgemachtes Glück:

Seit dem Workshop vor einigen Wochen ist der Duft nochmal weicher und runder geworden. Vielleicht sollte ich ihn einfach über die Osterfeiertage aufsprühen und schauen, ob er auch die Ladybird in mir zum Leben wiedererweckt... 😊

Jedenfalls ist mir sehr bewusst, dass der Flakon so einzigartig ist wie mein eigener Hautduft und die besondere Duftreise, die ihn überhaupt erst möglich gemacht hat.

Dafür sage ich sehr herzlich und höflich
DANKE

… und wünsche euch allen:

Aktualisiert am 31.03.2024 - 00:10 Uhr
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