Wenn Rosen träumen, könnte das so sein wie beim kleinen Prinzen. Seine schöne Rose weilt gedankenverloren unter ihrer Glaskuppel und stellt sich die Abenteuer vor, durch die er gerade geht und wie er die Schlange einmal mehr siegreich aus den Seelen und Herzen der Bewohner ferner Planeten vertreibt.
Wenn Rosen träumen, könnte es sein, dass sie sich wünschen, eine von vielen in einem prachtvollen Blumenstrauss zu sein, der sich gerade in den Händen einer damit beschenkten Dame wiederfindet und deren Freudentränen die Rosenblüten benetzen und die Wangen des Herrn, der vor ihr kniet.
Wenn Rosen träumen, könnte es sein, dass eine davon gerade in zärtlichen Fingern liegt, die sie mit ihren Spitzen sanft umfahren und sie gegen die Brust legen, wo sie ein pochendes Herz vernimmt. Ein verstohlener Blick auf das an ihr befestigte Kärtchen versichert ihr die liebevolle und ehrliche Absicht, die sie als Geschenk überbringt.
Wenn Rosen träumen, kann es aber auch sein, dass sie sich vorstellen, Teil eines Duftes zu sein.
Eines Duftes, der sie mit einem rosigblumigen Schleier und einigen Veilchenblättern sanft vereint und mit einer minim bitteren Safrannote leicht würzig untermalt. Ihm eine dunkelambrige Note verleiht und eine sinnliche und edle Tiefe. In diesem Stadium strahlt dann der Duft eine unglaubliche Wärme über der Haut aus und selbst auf Stoff scheint sie etwas darüber zu vibrieren. Die Rosennote tritt etwas zurück, aber bleibt so in der Nähe, dass sie sich jederzeit ausmachen lässt. Bereits hier wage ich zu sagen, dass sie ein solches Mass an Bescheidenheit gefunden hat, dass der Duft auch für diejenigen sein kann, die Rosendüften nicht so zugetan sind. Denn die Mischung der Aromen wird sich noch so vereinen, dass am Schluss kaum noch eine einzelne Komponente zu erkennen ist. Vielmehr entsteht eine Symbiose aus allem, die die Sinne gleichermassen wie das Herz berührt. Ich empfinde den Duft als Gesamtkunstwerk, bei dem ich nur zu Anfang, wenn die Noten ihren Lauf beginnen, deren Aromen erkennen und zuordnen kann. Je länger sie sich vereinen, desto schwieriger wird es, sie auseinander zu halten. Sie ergeben ein einzigartiges und ausgeglichenes, (blick-)dichtes Duftgewand, das einem umgibt und wärmt.
Wenn sich am Ende noch Moschus und Holznoten darin ergeben, verwischen die Grenzen vollends. Moos sehe ich gelistet aber nehme es nicht eindeutig wahr. Ich bemerke aber, dass der Duft zwar für meine Wahrnehmung eine Süsse offenbart, aber hingegen auch wieder unsüss. Dies könnte dem Moos geschuldet sein, das hier unbewusst oder auch ganz gezielt diesen Einfluss hat. So hätte es denn auch seine Aufgabe in dem Duftgewebe gefunden und erfüllt.
Schlussendlich und nach vielen Duftminuten, in der sich die Anfangsnoten jeden Stadiums eröffnet und sich verschmolzen haben, nehme ich einen Duft wahr, der sehr satt verwoben, warm und ambriert, sowie blumig, aber auch leicht fruchtig ist, obwohl keine Obstnoten gelistet sind. Ich empfinde ihn als ambrierten Rosenduft mit Holzeinschlag und einem Schüsschen Pfirsichsaft mit einer unglaublich sinnlichen Wärme und Strahlkraft. Kein Orientale, wie man sie oft wahrnimmt und sicher in anderer Verpackung auch europäisch anzusiedeln, aber nichts desto trotz ein schöner und gelungener Wurf aus dem Hause "Al Haramain", der sich von seinen anderen Kreationen abhebt und etwas westlicher rüberkommt. Der Duft wird als Unisex bis Herrenduft gehandelt. Nach meiner Nase und nur an mir getestet, zeigt er doch eher weibliche Züge. Aber auf einer Männerhaut könnte sich das Ganze durchaus auch zu einem Traum entwickeln...!
Wenn ich träume, dann vermischt sich oftmals Fantasie und Realität zu ganz neuen Geschichten und Eindrücken.
Wenn "Al Haramain" träumt, dann entstehen die schönsten und aufwändigsten Düfte, die wiederum zum Träumen einladen.
Und wenn Rosen träumen?
Dann träumen sie womöglich, in einem edlen Flakon und als erlesenes Duftwasser mit dem klangvollen Namen "Nasmah"(übers.: Brise), ihrem Gegenüber ein beseeltes Lächeln ins Gesicht zu zaubern...