Manchmal bin ich wirklich erstaunt, aus welchen Nischen welche Düfte kommen. Und ich bin erstaunt, dass ich, obwohl wirklich schon lange der Parfumbranche zugetan, immer wieder neue Marken entdecke.
So auch bei Birkholz, ein Name, der mir nie vorher untergekommen geschweige denn geläufig war.
Wer sich als Manufaktur bezeichnet, bereitet mich als Interessenten schon von vorne herein dahingehend vor, dass ich es nicht mit Mainstream und Massenproduktion, sondern mit handverlesenen Produkten zu tun habe. Was sich, so meine Mutmaßung, natürlich auch in entsprechenden Preisen niederschlagen dürfte, aber dazu später mehr.
Zunächst zu den Flakons. Obwohl nicht der optische Aufreger wird sofort klar, hier ist jemand mit einer gewissen Liebe zum Detail zu Werke gegangen. Edle Anmutung, keine wackelnden Verschlüsse, sondern mit Leder bezogene Kappen, von der Seite her großes Kino, was meine Lust, den Inhalt zu testen, weiter steigen lässt. Die liebevoll gemachte Ummantelung der Flasche setzt dem edlen Charakter die Krone auf. So sehen Flakons aus, die in jedem Bad mehr als nur eine gute Figur abgeben und den Besitzer jeden Tag aufs Neue zu erfreuen in der Lage sind. Denn das Besondere ist ja letztlich auch das, wofür man gerne mal bereit ist, etwas tiefer in die Tasche zu greifen.
Drei Srühstöße (der Sprüher erledigt seine Aufgabe exzellent) und sofort habe ich erkannt, mindestens einer weniger hätte es auch getan. Zedernholz und Pfeffer haben ordentlich Bums und vernebeln mir anfänglich durch ihre Stärke und Prägnanz fast die Sinne. Ich meine, dazwischen Anklänge von Moschusnoten zu vernehmen sowie eine leichten Hauch von Leder, aber letztlich bleibt für mich der Pfeffer das ganz klar dominierende Element. Dieser macht den Duft speziell und unverkennbar, gibt ihm eine Mischung aus Aggressivität, Härte und Animalik, die ich wirklich schwer beschreiben kann. Ich bin fast geneigt zu sagen, wir haben hier den Aggro-Bruder des Leder 6 von Schwarzlose, letzterer ist durch Vanille im direkten Vergleich geradezu „weichgespült“, der hier kommt einfach mit einer knallharten Ansage um die Ecke.
Große Veränderungen im Duftverlauf erkenne ich nicht, Pfeffer von Anfang bis Ende, unterlegt mit viel Holz, that´s it. Gut gemacht und sicherlich für alle, die klare Ansagen schätzen, ein sehr gelungenes Dufterlebnis. Ich finde es Klasse, wenn auch ein Parfümeur auch mal etwas traut und ein Ergebnis raushaut, das seinesgleichen sucht. Ein edler Duft, aber auch exzentrisch, wer lieber im Hintergrund bleibt, der sollte sich einen Kauf gut überlegen.
Wobei, Hintergrund. Das ist die große und mir vollkommen schleierhafte, weil unerklärliche Schwäche: Die Sillage. Hatte ich nach den Aufsprühen fast Angst vor den Kommentaren im Büro, so war bereits nach einer Stunde in Sachen Sillage nicht mehr großartig was übriggebliebene. Im Vergleich zur Haltbarkeit, und das ist zweite Überraschung, weil ich kenne keinen Duft, der in Sachen Sillage und Haltbarkeit so dermaßen auseinanderdriftet. Auch nach 7 bis 8 Stunden ist der Duft auf 10 cm ganz klar vernehmbar.
Was bleibt?
Zunächst ein toller Duft, aus meiner Sicht exzentrisch, exklusiv, extravagant.
Dann ein super edler Flakon, extrem hochwertig in Optik und Haptik.
Weiter eine ordentliche Haltbarkeit bei gleichzeitig enttäuschenden Sillagewerten.
Und schließlich, wie oben schon kurz angerissen, das Preisschild. Tja, einer Manufaktur entsprechend, ich habe nichts anderes erwartet, fairerweise will ich aber auch sagen, Flakon und Duft bieten schon eine Menge an Gegenwert. Dennoch sind 280 Steine für 100ml kein Sonderangebot.
Ich bin gespannt auf weitere Birkhölzer, werde hier aber aufgrund der schwachen Sillage nicht zuschlagen.
Testempfehlung für die Wintermonate, aus meiner Sicht eher für die männlichen Zeitgenossen. Nix für Teenies, Yummies oder Preppies, sondern für Männer, die eine solche Ladung an Pfeffer auch aushalten. Frei nach dem Werbeslogan eines bekannten Minzbonbons: Ist er zu scharf, bist du zu schwach!