Wenn ein Duft mit 8.7 Punkten hier bewertet ist, steigt die Erwartungshaltung natürlich schon alleine deswegen enorm und ich erwarte wirklich ein absolutes Industrie-Highlight. Das gesagt, will ich hinzugefügt haben, dass sich Birkholz nicht als Massenproduzent und somit in die industrielle Ecke einsortiert, nein, man bezeichnet sich als Manufaktur, sprich, hier wird handwerklich auf höchstem Level gearbeitet.
Sir Santal, Sandelholz für den gepflegten Herrn also. Mal sehen. Der Kenner der Manufaktur Birkholz weiß, bevor der Sprühkopf betätigt werden kann, muss eine lederbezogene Kappe entfernt werden. Alleine das Anfassen dieser Kappe ist schon etwas Besonderes, gerade und auch im Vergleich zu vielen teilweise durchaus edlen und aufwendig verarbeiteten Metalldeckeln. Vom erstem Moment wird suggeriert, du hältst hier etwas Spezielles in der Hand.
Sprüher bedient und den Auftakt gierig eingeatmet. Ja, eine von Anfang an sehr gefällige Komposition, die die Manufaktur Birkholz hier an den Start bringt.
Positiv ausgedrückt: Eine nahezu perfekte Mischung aus Holz, Pfeffer, Leder und Moschus, harmonisch abgestimmt, elegant, kein Lautsprecher, überaus angenehm, ein aus meiner Sicht moderner und hochwertiger Herrenduft. Die am Anfang leicht florale Note (ich nehme an, der Iris geschuldet) bringt eine Weichheit ins Spiel, welche nach und nach vom Moschus abgelöst wird. Leder und Holz gehen eine hervorragende Bindung ein und machen den Duft zu einem insgesamt absolut runden Erlebnis.
Negativ: Wie jetzt, gibt es hier etwas Negatives zu schreiben? Der Punkt ist, je mehr Düfte man kennt, umso mehr fallen natürlich Vergleiche zu anderen Kreationen, umso mehr sucht man das, was neu ist und was man noch nie so gerochen hat. Bei Sir Santal kommen bei mir Assoziationen an Leder 6 von Schwarzlose hoch, welches im direkten Vergleich durch die vorhandenen Vanille einen ganz besonderen Touch bekommt. Und dann erinnert mich Sir Santal ganz entfernt auch (die Birkholz-Leute werden mich für diesen Vergleich steinigen) Penhaligon‘s Sartorial, welcher allerdings den kleinen und zarten, zurückhaltenden Bruder aus dem Barber-Genre darstellt.
Die Haltbarkeit geht voll in Ordnung, auf meiner Haut gute 8 Stunden, die Sillage könnte m.E. Etwas stärker ausfallen. Wenn man einen so schön komponierten Duft trägt, dann soll doch auch die Umwelt was davon haben, zumal hier wirklich Komplimente eingeheimst werden können… Insgesamt ist der Duftverlauf (zumindest bei mir) sehr linear, was aber kein Schaden ist, denn die Komposition der einzelnen Ingredienzen ist so gelungen, dass es fast schade wäre, hier mit der Brechstange einen wie auch immer gelagerten Verlauf zu erzwingen.
Der Flakon sucht seinesgleichen, edel gemacht, extrem hochwertig, Birkholz hat sich augenscheinlich bemüht, einen Top-Produkt auch adäquat zu verpacken und im Bad entsprechend zu präsentieren. Diesen Flakon stellt sicher jeder gerne auf, er ist einfach ein eye catcher.
Genug der Lobhudelei, kommen wir zurück zu nackten Tatsachen.
Ein toll arrangierter Duft, keine Frage. Von gewissen Schwächen bei der Sillage mal abgesehen eine rundum gelungene Vorstellung. Dieses runde Etwas macht ihn aus meiner Sicht sogar für die Damenwelt tragbar, auch wenn der Name anderes verspricht. Tendenziell sehe ich Sir Santal aufgrund seiner würzigen Ledrigkeit im Herbst und Winter, für den Sommer für mich einfach zu schwer.
Werde ich ihn kaufen? Nein. Erstens, weil mir im Endergebnis zu wenig weit weg von Leder 6. Zweitens, weil das Preisschild ein Großes ist, 276 Hämmer gehen nicht einfach mal so nebenher über die Ladentheke. Drittens, weil mir der Duft, obgleich in Summe einer der vielleicht besten überhaupt, gerade zu wenig Ecken und Kanten besitzt. Jeder wird dich mit Sir Santal mögen, aber ich muss und will gar nicht everybody’s darling sein. Insofern muss ich Cedar‘n Pepper nochmal genauer unter die Lupe bzw. die Nase nehmen, das ist für mich der ungehobelte, große, freche und vorlaute Bruder von Sir Santal, eben nicht der crowd pleaser, sondern einer, der auffällig ist, der auch mal anecken kann, aber das macht ja auch einen Reiz aus.
Testempfehlung für alle Ladies, die Ihren Sir zuhause an Weihnachten (und natürlich auch sonst täglich) gut riechen lassen wollen, Testempfehlung auch für alle Artgenossen, die auf der Suche nach einem fantastischen Duft sind, der aber auch teuer bezahlt werden will.