Jumi
Top Rezension
30
#..x&..?!?!.. oder “heute nur kuscheln”?
SZENARIO 1:
Das Gewitter bricht plötzlich aus.
Regenströme und Hagelschüsse, das Laub durchlöchernd.
Die letzten Meter bis zur Waldhütte, schnell gerannt.
Tür zugeknallt, gelöstes Lachen.
Durchnässt und Pfützen tropfend.
Blattfetzen aus dem Haar gefischt.
Die Blicke treffen sich. Und ganz verlegenes Schweigen.
Sie läuft ins Bad. Er schaut sich bloss kurz um.
Lang leer gestanden hat die alte Hütte.
Retro-Möbel, Blüten-Gewürz-Potpourri mit Zimtstangen.
Allgegenwärtiger Staub. Sowas von gestern...
Ein offener Türspalt. Zufall? Absicht?
Tropfenbenetzter Rücken. Lendengrübchen unterm Kreuz.
Ihr Blick über die nasse Schulter, nur einen Schritt entfernt.
Nicht mehr.
Die Nase in das nasse Haar vergraben.
Nackenhärchen, sich unter Fingerspitzen sträubend.
Pulsflattern in der Wiege des Schlüsselbeins.
Süsswürziger Geschmack der Haut. Ihrer, seiner.
Wärme. Zimtwärme. Atemwärme. Körperwärme. Sinnesglut.
Hunt me. Catch me. Scratch me. Kiss me. Bite me. Love me.
Da draussen tobt der Sturm, schmeisst sich, der wilden Katze gleich, mit voller Wucht gegen die Wände, kratzt an den Fenstern, faucht und heult dem Sturmwind bei. Da draussen spielen AC/DC 'Thunderstruck'...
Hier drin, im Epizentrum ist es beinah still, nur wildes Pochen in den Schläfen. Chris Isaac's 'Wicked Game' im Hinterkopf.
Der Rest der Welt ist unbedeutend.
Solang der Sturm anhält...
#..x&..?!?!.. Was.War.Das?! Dass mir Obsession nach 20 Jahren entschlossener Ablehnung DAS Kopfkino beschert... Als “sexy” und “verrucht” wurden auch andere Obsession-Versionen schon bezeichnet. Meine Empfindung ist etwas hm... seltsam, speziell - Obsession riecht für mich unglaublich erotisch, nach nassem (wohlgemerkt nicht frisch gewaschenem!) Haar. Nach einem Sturm, wenn grüne Fetzen fliegen. Nach Holz und Staub der Hütte. Nach Haut, die langsam aufwärmt. Und auch nach etwas Tier/Zibet. Nach warm pulsierenden Gewürzen, Zimt. Nach Moos, nach süssem Harz, nach “wild”, nach “mehr!”. Diesen feucht-dumpfen, aufregenden Geruch nasser menschlicher Haare habe ich sonst in keinem Duft getroffen. Kekse? Weihnachten? Rieche ich nicht. Will ich auch nicht. Verglichen mit dem Vintage EdP, weist das Extrait bis auf die gedimmte Lautstärke, den feiner facettierten grün-moosig-vs-warm-würzig-Kontrast und eine intimere Sillage keine weiteren Unterschiede auf. Die neue Version (man muss ja schliesslich wissen, was einen erwartet, wenn Vintage-Vorräte aufgebraucht sind) kann sich überraschenderweise wirklich riechen lassen. Deckt sich fast mit der Empfindung der alten. Betonung auf “fast”. Die grünen Blatt/Kraut/Moos-Noten werden schneller durch die warmzimtige Basis abgelöst. Süss würde ich ihn immer noch nicht bezeichnen, trotz jetzt präsenterer Vanille. Die Animalik ist getrimmt, gezähmt und mit ihr die Erotik. Um es anschaulicher zu machen:
SZENARIO 2:
Das Gewitter bricht plötzlich aus.
Regenströme und Hagelschüsse, das Laub durchlöchernd.
Die letzten Meter bis zur Waldhütte.
Tür zugeknallt, gelöstes Lachen.
Durchnässt und Pfützen tropfend.
Blattfetzen aus dem Haar gefischt.
Alles wie damals. Weisst du noch? ;)
Sie läuft ins Bad.
Er sollte es bitte auch tun (man will sich ja keinen Schnupfen einfangen!)
Er schaut sich bloss kurz um.
Lang nicht mehr hier gewesen, altes Haus!
Die Retro-Möbel, Potpourris, Zimtstangen.
Jetzt auch Vanillekerzen.
Und Staub. Soweit fast alles wie gehabt.
Ein offener Türspalt. Bestimmt kein Zufall!
Tropfenbenetzter Rücken. Lendengrübchen unterm Kreuz.
Die Nase in das nasse Haar, wie damals...
“Schatz, heut' nur kuscheln, ja?”
“Ok...”
Da draussen tobt der Sturm, doch nicht mehr lange.
Und so versinkt die Welt bald in den würzigwarmen Kuschelschlaf...
Das heutige EdP ist immer noch ein schöner Duft. Sofern er nicht mehr verändert wird *aufsholzklopf*. Nichts gegen Kuscheln, doch solange Vintage-Extrait-Reste noch nicht aufgebraucht und zu beschaffen sind – wird in meinem Kopf nicht nur gekuschelt ;)