18.08.2016 - 15:35 Uhr
Meggi
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Meggi
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29
Antiquiert, gestrig, vergangen
Pfeffer? Wo ist der Pfeffer? Bereits des Öfteren hatte ich den Eindruck, dass mir als Gerne-scharf-Esser gelegentlich die Pfeffer-Noten entgehen oder zumindest mau vorkommen. Ich rieche stattdessen sofort sehr seltsame Formen von Blume.
Leider darf ich nullkommanull als Experte für Freesien gelten. Im Garten haben wir keine und im Strauß habe ich vor langer Zeit das letzte Mal daran gerochen. Ich muss mich dem Thema also von neutraler Seite aus nähern. Und die Annäherung fällt wenig schmeichelhaft aus. Zunächst denke ich an den Geruch von ein paar Tage altem Blumenwasser aus der Vase. Der Gewöhnungseffekt (ein mir hinsichtlich des Original-Aromas unbekanntes Phänomen!) relativiert den Örks zwar binnen kaum einer Minute, bloß ist, was ihn ersetzt, auch nicht viel besser. Ein andersmuffiger Blumengeruch, im unschönen Sinne lebens-antiquiert, gestrig. Ähnlich roch meine Großmutter in ihren letzten Jahren.
Dies die Eindrücke aus dem Nahkampf. Mit etwas Entfernung von der Haut und einer gewaltigen Menge guten Willens wirkt der Duft ernsthaft, herb und kühl-luftig, ohne freilich für mich ansatzweise in die Nähe des Reizvollen zu rücken. Ich rieche vielmehr der Wahrheit ins Gesicht: Eine gute Portion ältlichen Muffs bleibt.
Eine hochbetagte, autoritäre Klavierlehrerin, die in Jahrzehnten des Frustes angehörs von Legionen minderbegabter Zöglinge allmählich den Wert des Dilettierens aus dem Blick verloren hat, mag so riechen. Sie hält ihren Opfern während der Etüden-Marter, seit gefühlten 200 Jahren vermittels Czernys ‚Schule der Geläufigkeit‘ verübt, ein Lineal über die Finger, damit die Greiferchen beim Spielen nicht hiphoppen. Dabei denkt sie nostalgisch an die Zeiten vor dem Krieg – welchem auch immer - zurück, wo das Lineal eine Reitgerte oder ein Rohrstock war und bei akustisch (oder finger-hiphop-) bedingtem Missbehagen mal ausrutschen durfte, ohne womöglich den Staatsanwalt auf den Plan zu rufen. Die Zeit überzieht sie gerne, doch nach höchstens anderthalb Stunden ist es vorbei und dem bemitleidenswerten Nicht-Chopin bleibt nach dem Verlassen der Übungsstätte nur ein vager, unangenehmer Nachhall des Geruchs.
Puh. Anders gesagt: Das Strenge am Duft erinnert mich zwar schon nach fünf Minuten an stinkige Frühjahrsblüher. Allerdings verbreiten jene – Gestank hin oder her – stets zugleich eine Aura des Reinen und Frischen und Werdenden. Das geht dem vorliegenden Duft völlig ab. Er riecht vergangen. Ich mag ihn überhaupt nicht. Der Gipfel: Nach der Rückkehr ins Büro nach ca. halbstündiger Abwesenheit inklusive Nicht-mehr-daran-Denken hängt dort eben dieser Muff drin. Na toll, genau das wollte ich haben.
Im Laufe des Tages entsteht irgendwann eine akzeptable Hautcreme-Anmutung. Lässt sich dann aushalten. Aber insgesamt ist das natürlich enttäuschend. Mir bleibt nichts übrig, als eine ziemlich miese Note zu zücken.
Trotzdem bedanke ich mich bei Gerdi selbstverständlich für diese Erfahrung.
Leider darf ich nullkommanull als Experte für Freesien gelten. Im Garten haben wir keine und im Strauß habe ich vor langer Zeit das letzte Mal daran gerochen. Ich muss mich dem Thema also von neutraler Seite aus nähern. Und die Annäherung fällt wenig schmeichelhaft aus. Zunächst denke ich an den Geruch von ein paar Tage altem Blumenwasser aus der Vase. Der Gewöhnungseffekt (ein mir hinsichtlich des Original-Aromas unbekanntes Phänomen!) relativiert den Örks zwar binnen kaum einer Minute, bloß ist, was ihn ersetzt, auch nicht viel besser. Ein andersmuffiger Blumengeruch, im unschönen Sinne lebens-antiquiert, gestrig. Ähnlich roch meine Großmutter in ihren letzten Jahren.
Dies die Eindrücke aus dem Nahkampf. Mit etwas Entfernung von der Haut und einer gewaltigen Menge guten Willens wirkt der Duft ernsthaft, herb und kühl-luftig, ohne freilich für mich ansatzweise in die Nähe des Reizvollen zu rücken. Ich rieche vielmehr der Wahrheit ins Gesicht: Eine gute Portion ältlichen Muffs bleibt.
Eine hochbetagte, autoritäre Klavierlehrerin, die in Jahrzehnten des Frustes angehörs von Legionen minderbegabter Zöglinge allmählich den Wert des Dilettierens aus dem Blick verloren hat, mag so riechen. Sie hält ihren Opfern während der Etüden-Marter, seit gefühlten 200 Jahren vermittels Czernys ‚Schule der Geläufigkeit‘ verübt, ein Lineal über die Finger, damit die Greiferchen beim Spielen nicht hiphoppen. Dabei denkt sie nostalgisch an die Zeiten vor dem Krieg – welchem auch immer - zurück, wo das Lineal eine Reitgerte oder ein Rohrstock war und bei akustisch (oder finger-hiphop-) bedingtem Missbehagen mal ausrutschen durfte, ohne womöglich den Staatsanwalt auf den Plan zu rufen. Die Zeit überzieht sie gerne, doch nach höchstens anderthalb Stunden ist es vorbei und dem bemitleidenswerten Nicht-Chopin bleibt nach dem Verlassen der Übungsstätte nur ein vager, unangenehmer Nachhall des Geruchs.
Puh. Anders gesagt: Das Strenge am Duft erinnert mich zwar schon nach fünf Minuten an stinkige Frühjahrsblüher. Allerdings verbreiten jene – Gestank hin oder her – stets zugleich eine Aura des Reinen und Frischen und Werdenden. Das geht dem vorliegenden Duft völlig ab. Er riecht vergangen. Ich mag ihn überhaupt nicht. Der Gipfel: Nach der Rückkehr ins Büro nach ca. halbstündiger Abwesenheit inklusive Nicht-mehr-daran-Denken hängt dort eben dieser Muff drin. Na toll, genau das wollte ich haben.
Im Laufe des Tages entsteht irgendwann eine akzeptable Hautcreme-Anmutung. Lässt sich dann aushalten. Aber insgesamt ist das natürlich enttäuschend. Mir bleibt nichts übrig, als eine ziemlich miese Note zu zücken.
Trotzdem bedanke ich mich bei Gerdi selbstverständlich für diese Erfahrung.
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