Will ich mein Spiegelei ganz entgegen der Gewohnheit plötzlich wenden wie einen Pfannkuchen? Nein, ich habe mich dagegen entschieden. Ich lasse es sunny side up, ich breche nicht meine persönliche Tradition und werde auch für diesen Juliette Has A Gun einen Kommentar schreiben.
Obwohl er - tja, vielleicht wird Louvre sich wieder freuen - ganz haarscharf am Verriss liegt. Leider.
Aber kommen wir zum Duft.
Kurzversion: Irgendeine künstliche Dichte darin macht mich fertig.
Lange Version: Unmittelbar beim Aufsprühen denke ich angesichts der heftigen, intensiven Welle, die mich erfasst schon: Oh, nein, ist das eine Gardenienbombe? Aber da tue ich den Gardenien unrecht, sie sind offenbar gar nicht mit von der Partie. Trotz der Intensität des Duftes, springt mich bei Sunny Side Up ein Gefühl des Verhaltenen, Unfrohen an wie bei typischen Gardeniendüften. Ja, bei Sunny Side Up ist es, so merke ich sofort darauf, sogar noch wesentlich stärker als harmlose Gardenien es bewirken könnten: Es fühlt sich an, als hätte man auf einem Song einen Filter gelegt oder den Equalizer völlig verstellt, gar beides, so dass vor Allem die Höhen und die Tiefen überhaupt nicht mehr ankommen. Gedeckelt.
Ein Geruch, der sich wie dicke Gaze über die Geruchszellen legt. Und dieser Geruch, der gefühlt an die Riechzellen andockt und sie vom Leben abschirmt, riecht seltsam, schwer zu beschreiben, intensiv, dicht, stickig, cremig. Am ehesten hat er noch Ähnlichkeit mit Moschus, ohne jedoch wirklich wie Moschus zu riechen. Und obwohl dieser Geruch so intensiv ist, fühle ich mich ein bisschen wie lebendig begraben.
Naja, das war jetzt vielleicht ein wenig übertrieben, ganz so schlimm bleibt es bei Sunny Side Up nicht.
Etwas dringt ja doch noch hindurch, durch den Geruch der Filtergaze. Ja, es kommt Vanille durch, schöne Vanille aus dem prallen Leben. Und ich mag Vanille in Düften, jedenfalls wenn sie so duftet wie hier. Und Sandelholz, das sich nun dazugesellt, mag ich auch. Etwas Blumiges ist dabei. Gardenie soll es ja nun nicht sein, aber als Jasmin erkenne ich es auch nicht. Immerhin sticht es nicht, wie so mancher Jasmin, den ich nicht mag, aber auch das Betörende der wenigen Jasminnoten, die ich mag, kann ich nicht entdecken. Iris kann ich noch weniger ausmachen, dann doch schon eher einen gedeckelten Jasmin. Jedenfalls ist dieses ominöse Blumige angenehm weich und freundlich.
Das Sandelholz allerdings, bekommt schon nach kurzer Zeit etwas unangenehme, scharfe Anklänge, offenbar ist es dieser typische, künstliche Sandelersatzstoff, der mir in letzter Zeit immer häufiger in Düften begegnet und in mir schon in geringer Überdosierung eine Abneigung auslöst. Hier ist er jetzt sehr im Vordergrund und so gerade eben über der Grenze zum Nervigen, beginnt dann aber auch schnell, sich wieder auf ein angenehmeres Maß zu reduzieren.
Nach etwa vier Stunden fällt mir auf, dass nun auch das Gefühl des Unfrohen, Unfreien schwindet, der Geruch, der die Geruchszellen abschirmt, verblasst und wie erlöst atme ich auf: Ach, so ist Sunny Side Up ja nun doch recht schön. Angenehm, weich und warm, nun auch freundlich, auf angenehme, unsüße Art vanillig und sandelholzig, etwas Blumiges dabei, das nun leicht und weiblich wirkt, eine feine, leicht cremige Komposition und ohne jeglichen Sauberduftanklang. So könnte mir Sunny Side Up nun doch gefallen.
Aber die Freude währt leider nicht mehr lang: Wir scheinen nun schon in die Basis zu gehen. Zugegeben, Sunny Side Up braucht auch jetzt mindestens noch einmal, wenn nicht gar zweimal vier Stunden, um weiter zu verschwinden, aber so schwach, wie er nach 6 Stunden ist, würde ich eigentlich gern nachsprühen.
Ach nein, lieber nicht. Es bedeutete ja, erneut meine Riechzellen mit dicker Geruchs-Gaze zu verstopfen.
Das wäre nun auch nicht das Gelbe vom Ei.