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Top Rezension
Was Du an Silvester nicht tragen sollst!
Unkommentierte Düfte No. 91
Was Du an Silvester nicht tragen sollst?
Düfte aus dem beliebigen Mainstream-Vorrat gewisser großer Designermarken, die ihr verdünntes Deo in teuren Designerflakons zu überhöhten Preisen an ahnungslose Kaufhauskunden verramschen, zu denen Du 2017 nicht mehr gehören wirst.
Exorbitant teure Nischenmarken, deren Herstellung zuweilen kaum teurer sein dürfte als o.g. Plunder und deren gerne gehörte Mär, man verarbeite nur natürliche Inhaltsstoffe, Du im Jahr 2017 nicht mehr glauben musst.
Düfte, die Du nur gekauft hast, weil sie hier auf Parfumo gehypt werden und in den TOP 100 stehen, während Du selbst dich vor deinem inneren Auge eigentlich ganz anders siehst. Im Jahre 2017 wirst Du auf deine innere Stimme hören.
Blindbuys, die Du wegen einer latent schwelenden Konsumpanik getätigt hast und deren Wert Du anschließend mit "verzichtbar" bezifferst. Im nächsten Jahr wirst Du vorher in Ruhe testen, erst im zweiten oder dritten Anlauf kaufen und lieber noch eine Nacht darüber schlafen.
Düfte, die Du nur deshalb gekauft hast, damit dein Drang nach Vollständigkeit einer Range, einer Serie, einer Marke, eines Jahrgangs befriedigt wird. Demnächst wirst Du dir überlegen, welchen Sinn ein solches Streben noch haben könnte. Ist weniger vielleicht mehr?
Oder Du machst es wie ich, hast keine guten Vorsätze und folgst einfach deinem eigenen Weg, der sich aber an den o.g. Empfehlungen orientieren könnte.
Die neue Serie von L'Artisan weckt zunächst ungute Erinnerungen. Flakons, die erkennbar aus der Reihe fallen und nicht mehr an die klassische Form der L'Artisan-Flasche angelehnt sind: Das hatten wir schon einmal, damals bei der unsäglichen Explosion d'Émotions-Serie, die Avantgarde um der Avantgarde willen mit Innovation verwechselte. Kaum jemand spricht noch von diesen L'Artisans. Gesehen habe ich die gedrungenen Flaschen letzthin gar nicht mehr, im Netz kaufen kann man sie nur noch selten. Zurecht!
Insofern stellt sich die Frage, ob L'Artisan mit der neuen Serie erneut Untragbares als tragbar verkaufen oder einen guten Kompromiss zwischen Postmoderne und Klassik suchen will, wie es Comme des Garcons mit seinen Sonderserien gelang.
Konkret: Wald-Akkord, Pflanzensaft, Harze, Weihrauch... Die Liste der Inhaltsstoffe lässt Großes vermuten, beschwört die Idee der neuen grünen Düfte, die in den letzten Monaten für Furore sorgten und macht mir das gesamte Konzept vorab sympathisch.
Leider bewegt sich L'Artisan mit seiner neuen Serie jedoch überraschenderweise in eine ganz andere Richtung: keine postmoderne Klassik, keine Avantgarde, keine grüne Innovation, sondern unkompliziert Tragbares, Leichtes, Schönes, synthetisch Geglättetes. Ein Schelm, wer da an Drogerieware denkt. Ganz von der Hand zu weisen ist dieser Vergleich jedoch nicht. In Summe: Die neue Serie hat ihre Höhepunkte und besonderen Düfte, - alle sind stets gut tragbar und bieten dennoch eine gewisse verhaltene Raffinesse abseits vom Mainstream-Klostein resp. Raumbedufter, - wagt aber auch keine großen Sprünge.
Im vorliegenden Fall heißt das: Der Wald-Akkord stammt so offensichtlich aus der Retorte, dass er charmant sein könnte, wenn die Basisnote so schräg kontrastieren würde wie bei einigen neueren Comme des Garcons, so modrig-erdig unterlegt wäre wie bei einigen CB I Hate Perfumes, so klassisch harzig daherkäme wie bei den neuen Tom Fords oder bei einem ECHTEN Klassiker: Floris Elite... Nichts davon hier! Das Grün hat eine aquatische Nuance, die auf den Maitre du laboratoire verweist, die harzigen Noten sind gerade so deutlich erkennbar, dass sie den unerfahrenen Kunden nicht stören und der Pflanzensaft riecht so, wie ein grüner Smoothie schmeckt.
Dass ich nicht falsch verstanden werde: Der Duft gefällt mir im Grunde gar nicht schlecht. Vielleicht wäre er ja schon deshalb eine Option für Silvester, weil er die Tür zum Wunderland moderner Parfümerie öffnet, weil er (vermutlich) Schluss macht mit Eichenmoos, Citral, allerlei allergenen Duftstoffen, der Problematik von Unverträglichkeit, weil er wie die Verwirklichung des Traums moderner Parfümerie wirkt: klinisch rein und doch noch ein Rest von Charme, ein Etwas, das dich wenigstens geringfügig abhebt von den Trägern der immer gleichen Modedüfte. Dennoch: eine gewisse Enttäuschung ist das allemal.
Darum auch dieses Jahr wieder meine obligatorische Empfehlung zu Silvester: Wenn Du L'Artisans Tenebrae tragen willst, dann tu das. Vielleicht tue ich es ja auch.
Vielleicht willst Du aber auch einen Duft tragen, der trotz einiger Reformulierungen und trotz verschiedener Hochs und Tiefs der Marke immer noch an das Original erinnert. Dann wäre dieses Jahr Floris Elite eine Option. Vielleicht trage ich den ja auch. Und sei es nur, um ein wenig starrsinnig auf die Einhaltung eines gewissen Stils zu beharren.
Ich wünsche allen Klassikliebhabern, Mainstreamfreunden, Nischenfans und anderen hier ein frohes neues Jahr!
Yatagan
Was Du an Silvester nicht tragen sollst?
Düfte aus dem beliebigen Mainstream-Vorrat gewisser großer Designermarken, die ihr verdünntes Deo in teuren Designerflakons zu überhöhten Preisen an ahnungslose Kaufhauskunden verramschen, zu denen Du 2017 nicht mehr gehören wirst.
Exorbitant teure Nischenmarken, deren Herstellung zuweilen kaum teurer sein dürfte als o.g. Plunder und deren gerne gehörte Mär, man verarbeite nur natürliche Inhaltsstoffe, Du im Jahr 2017 nicht mehr glauben musst.
Düfte, die Du nur gekauft hast, weil sie hier auf Parfumo gehypt werden und in den TOP 100 stehen, während Du selbst dich vor deinem inneren Auge eigentlich ganz anders siehst. Im Jahre 2017 wirst Du auf deine innere Stimme hören.
Blindbuys, die Du wegen einer latent schwelenden Konsumpanik getätigt hast und deren Wert Du anschließend mit "verzichtbar" bezifferst. Im nächsten Jahr wirst Du vorher in Ruhe testen, erst im zweiten oder dritten Anlauf kaufen und lieber noch eine Nacht darüber schlafen.
Düfte, die Du nur deshalb gekauft hast, damit dein Drang nach Vollständigkeit einer Range, einer Serie, einer Marke, eines Jahrgangs befriedigt wird. Demnächst wirst Du dir überlegen, welchen Sinn ein solches Streben noch haben könnte. Ist weniger vielleicht mehr?
Oder Du machst es wie ich, hast keine guten Vorsätze und folgst einfach deinem eigenen Weg, der sich aber an den o.g. Empfehlungen orientieren könnte.
Die neue Serie von L'Artisan weckt zunächst ungute Erinnerungen. Flakons, die erkennbar aus der Reihe fallen und nicht mehr an die klassische Form der L'Artisan-Flasche angelehnt sind: Das hatten wir schon einmal, damals bei der unsäglichen Explosion d'Émotions-Serie, die Avantgarde um der Avantgarde willen mit Innovation verwechselte. Kaum jemand spricht noch von diesen L'Artisans. Gesehen habe ich die gedrungenen Flaschen letzthin gar nicht mehr, im Netz kaufen kann man sie nur noch selten. Zurecht!
Insofern stellt sich die Frage, ob L'Artisan mit der neuen Serie erneut Untragbares als tragbar verkaufen oder einen guten Kompromiss zwischen Postmoderne und Klassik suchen will, wie es Comme des Garcons mit seinen Sonderserien gelang.
Konkret: Wald-Akkord, Pflanzensaft, Harze, Weihrauch... Die Liste der Inhaltsstoffe lässt Großes vermuten, beschwört die Idee der neuen grünen Düfte, die in den letzten Monaten für Furore sorgten und macht mir das gesamte Konzept vorab sympathisch.
Leider bewegt sich L'Artisan mit seiner neuen Serie jedoch überraschenderweise in eine ganz andere Richtung: keine postmoderne Klassik, keine Avantgarde, keine grüne Innovation, sondern unkompliziert Tragbares, Leichtes, Schönes, synthetisch Geglättetes. Ein Schelm, wer da an Drogerieware denkt. Ganz von der Hand zu weisen ist dieser Vergleich jedoch nicht. In Summe: Die neue Serie hat ihre Höhepunkte und besonderen Düfte, - alle sind stets gut tragbar und bieten dennoch eine gewisse verhaltene Raffinesse abseits vom Mainstream-Klostein resp. Raumbedufter, - wagt aber auch keine großen Sprünge.
Im vorliegenden Fall heißt das: Der Wald-Akkord stammt so offensichtlich aus der Retorte, dass er charmant sein könnte, wenn die Basisnote so schräg kontrastieren würde wie bei einigen neueren Comme des Garcons, so modrig-erdig unterlegt wäre wie bei einigen CB I Hate Perfumes, so klassisch harzig daherkäme wie bei den neuen Tom Fords oder bei einem ECHTEN Klassiker: Floris Elite... Nichts davon hier! Das Grün hat eine aquatische Nuance, die auf den Maitre du laboratoire verweist, die harzigen Noten sind gerade so deutlich erkennbar, dass sie den unerfahrenen Kunden nicht stören und der Pflanzensaft riecht so, wie ein grüner Smoothie schmeckt.
Dass ich nicht falsch verstanden werde: Der Duft gefällt mir im Grunde gar nicht schlecht. Vielleicht wäre er ja schon deshalb eine Option für Silvester, weil er die Tür zum Wunderland moderner Parfümerie öffnet, weil er (vermutlich) Schluss macht mit Eichenmoos, Citral, allerlei allergenen Duftstoffen, der Problematik von Unverträglichkeit, weil er wie die Verwirklichung des Traums moderner Parfümerie wirkt: klinisch rein und doch noch ein Rest von Charme, ein Etwas, das dich wenigstens geringfügig abhebt von den Trägern der immer gleichen Modedüfte. Dennoch: eine gewisse Enttäuschung ist das allemal.
Darum auch dieses Jahr wieder meine obligatorische Empfehlung zu Silvester: Wenn Du L'Artisans Tenebrae tragen willst, dann tu das. Vielleicht tue ich es ja auch.
Vielleicht willst Du aber auch einen Duft tragen, der trotz einiger Reformulierungen und trotz verschiedener Hochs und Tiefs der Marke immer noch an das Original erinnert. Dann wäre dieses Jahr Floris Elite eine Option. Vielleicht trage ich den ja auch. Und sei es nur, um ein wenig starrsinnig auf die Einhaltung eines gewissen Stils zu beharren.
Ich wünsche allen Klassikliebhabern, Mainstreamfreunden, Nischenfans und anderen hier ein frohes neues Jahr!
Yatagan
29 Antworten


Guten Rutsch und ein belebendes, interessantes 2018 für Dich und Deine Familie
Mal schauen, was sich von diesen Ratschlägen 2017 umsetzen läßt, ich bin da -wie meistens- guter Dinge und wie schon von Dir angedeutet, der eigene Weg ist meist der Beste. Was bliebe sonst? Nur noch die zu gründende Parfumo-Selbsthilfe-Gruppe .. wie sagt Beckenbauer? Genau .. schaun mer mal!
Da muß man sich des Öfteren fragen, ob der eine oder andere Duft nicht einen vollkommen überzogenen Preis hat....!
Mal wieder ein toller uns sehr zutreffender Kommentar von Dir, vielen Dank dafür:-)
Insofern schätze ich den tiefergehende Meinungsaustausch hier um somehr, damit mir dieses genussvolle Hobby für Düfte nicht vergällt wird.
Mein Vorsatz für 2017: Mehr Klasse statt Masse - den ein oder anderen Blindkauf werde ich mir jedoch nicht verkneifen können - für die Portion Extraspaß!
Viele Grüße