30.04.2020 - 03:09 Uhr
Parfümlein
123 Rezensionen
Parfümlein
Top Rezension
21
7.50 Uhr: Mit deinem inneren Kind auf dem Kettenkarussell, kurz bevor dein Meeting beginnt
Was tun bei schlechter Laune, bei Lagerkoller und bei Regen?
Ein Gourmand muss her. Ein guter Gourmand. Ein echter, zuverlässiger Seelentröster, der nicht so tut, als könne er einen Tag lang tragen, und einen dann nach zwei Stunden verlässt. Sondern es auch wirklich tut, durch die morgendlichen Stunden trägt, wenn der Tag noch Chancen zu bieten scheint, wenn man allein ist. Durch den Mittag trägt, wenn längst alles auf Hochtouren läuft. Und am Nachmittag noch da ist, wenn ein wenig Entspannung und ein heißer Kaffee winken.
So selten diese Tage sein mögen - manchmal sind sie da und dann wird ein solch treuer Duftfreund gebraucht.
Im Frühling ist dies bei mir Sweet Flowers von Montale.
Es ist schon die Flasche - wenn ich sie anschaue, weiß ich, der Duft ist dunkel gelagert, sozusagen in Sicherheit, und wartet unverändert süß auf mich. Es ist das wunderschöne Pink-Rot, das sowieso direkt gute Laune gibt, weil es süß und gleichzeitig mutig ist. Keine Prinzessinnenfarbe, eher eine aus der Vogue.
Und dann natürlich ist es der Duft, den ich sehr mag. Beim Aufsprühen breitet sich eine sofort tröstliche, sentimentale Süße aus, die mich sozusagen auf Sprühknopfdruck in meine Kindheit beamt: Auf die Kirmes, die sich jedes Jahr einmal für eine Woche bei uns besuchen ließ, ein temporärer Vergnügungspark mit Achterbahn und Kettenkarussell, Backfisch, Liebesäpfeln und natürlich Zuckerwatte. Wenn ich wusste: Bald ist Kirmes!, dann musste ich Taschengeld sparen, einige Wochen lang, um mit meiner Freundin alles ausprobieren zu können, was es an Fahrgeräten gab, wenn es endlich soweit war. Als ich noch kleiner war als zu Kirmeszeiten, war ich einmal mit meinen Eltern auf dem Prater und ging dort auf dem Schwanenteich verloren: Während ich mit meinem Schwanenbötchen meine Runden drehte, waren meine Eltern irgendwie weg. Weil es anscheinend ich war, die - zumindest in ihren Augen - anschließend weg war, gab es viel Ärger, was mein damals siebenjähriges Herz sehr betrübte. So habe ich den Wiener Schwanenteich auch nie vergessen können, so wenig wie die Kirmes meiner Heimatstadt, die ich mit 13 und 14 besuchte. Über diesen Erinnerungen breitet sich deutlich ein süßer, warmer, wohlbekannter Duft aus, untrennbar mit diesen vergnüglichen Ereignissen verbunden: Zuckerwatte.
Sweet Flowers ist somit ein kleines Geschenk, eine olfaktorische Erinnerung an süße Zeiten, und wenn sie so gekonnt trifft wie in diesem Montale-Duft, dann ist das ein sehr kostbares Geschenk. Denn an schlechten Tagen tröstet nichts mehr als die süße Erinnerung an die Kindheit (wenn sie denn schön war).
Aber Sweet Flowers kann noch deutlich mehr:
Es ist ja kein süß-klebriger, kitschiger Mädchenduft, der mit Gourmandnoten besticht und dazu führt, dass mich 18jährige zum Anbeißen finden. Sweet Flowers ist deutlich erwachsener. Er KANN nostalgisch wirken, besänftigen und einlullen mit seinen Noten von Zuckerwatte und hübsch-fruchtigem, unkünstlichem Pfirsich. Er kann aber auch erfrischend wirken, sind seine Zitrusnoten doch immerhin so subtil wahrnehmbar, dass sich jede Klebrigkeit verliert. Vor allem aber kann er elegant wirken, denn die leichte Erdigkeit von Patchouli und die Ernsthaftigkeit von Jasmin, die so wunderbar zu Patchouli passt und dem würzig-erdigen Ton Helligkeit und zarte Luftigkeit verleiht, machen dieses Parfum tragbar für Frauen, die Verantwortung tragen und nur gerade eine Umarmung brauchen. So umarmt Sweet Flowers zärtlich und kehrt dann zum Erwachsensein zurück, und als wären Patchouli und Jasmin dabei nicht genug, tritt dann meine Lieblingsblume auf, der Inbegriff weiblicher Eleganz, die Tuberose. In Verbindung mit den unverzichtbaren Klassikern Jasmin und Patchouli, als großer Auftritt nach der tröstlichen Süße von Zuckerwatte und Pfirsich, die durch Bergamotte nie klebrig wird, und in treuer Begleitung einer eher schlichten Vanille ist die Tuberose in diesem Parfum integriert, als hätte sie nie irgendwo anders hingehört. Sie trägt noch einmal entscheidend zur seriösen Wirkung des Gourmand-Duftes bei.
Summa summarum: Sweet Flowers ist nichts für Heulsusen und Kindsköpfe, nichts für kleine Mädchen mit rosa Bändern in den Zöpfen und nichts für unsterblich verliebte Teenager. Es ist ein Parfum für erwachsene Frauen, solche, die ohne Teddybär zur Arbeit gehen und dort Entscheidungen treffen, auch wenn sie eine Laufmasche in den feinen Strümpfen haben sollten. Frauen, deren Grundhaltung elegant und erwachsen ist und die zwischendurch, ab und an, das Bedürfnis haben, das innere Kind in ihnen zu wecken und sich einen Moment lang wiegen zu lassen.
Ein Gourmand muss her. Ein guter Gourmand. Ein echter, zuverlässiger Seelentröster, der nicht so tut, als könne er einen Tag lang tragen, und einen dann nach zwei Stunden verlässt. Sondern es auch wirklich tut, durch die morgendlichen Stunden trägt, wenn der Tag noch Chancen zu bieten scheint, wenn man allein ist. Durch den Mittag trägt, wenn längst alles auf Hochtouren läuft. Und am Nachmittag noch da ist, wenn ein wenig Entspannung und ein heißer Kaffee winken.
So selten diese Tage sein mögen - manchmal sind sie da und dann wird ein solch treuer Duftfreund gebraucht.
Im Frühling ist dies bei mir Sweet Flowers von Montale.
Es ist schon die Flasche - wenn ich sie anschaue, weiß ich, der Duft ist dunkel gelagert, sozusagen in Sicherheit, und wartet unverändert süß auf mich. Es ist das wunderschöne Pink-Rot, das sowieso direkt gute Laune gibt, weil es süß und gleichzeitig mutig ist. Keine Prinzessinnenfarbe, eher eine aus der Vogue.
Und dann natürlich ist es der Duft, den ich sehr mag. Beim Aufsprühen breitet sich eine sofort tröstliche, sentimentale Süße aus, die mich sozusagen auf Sprühknopfdruck in meine Kindheit beamt: Auf die Kirmes, die sich jedes Jahr einmal für eine Woche bei uns besuchen ließ, ein temporärer Vergnügungspark mit Achterbahn und Kettenkarussell, Backfisch, Liebesäpfeln und natürlich Zuckerwatte. Wenn ich wusste: Bald ist Kirmes!, dann musste ich Taschengeld sparen, einige Wochen lang, um mit meiner Freundin alles ausprobieren zu können, was es an Fahrgeräten gab, wenn es endlich soweit war. Als ich noch kleiner war als zu Kirmeszeiten, war ich einmal mit meinen Eltern auf dem Prater und ging dort auf dem Schwanenteich verloren: Während ich mit meinem Schwanenbötchen meine Runden drehte, waren meine Eltern irgendwie weg. Weil es anscheinend ich war, die - zumindest in ihren Augen - anschließend weg war, gab es viel Ärger, was mein damals siebenjähriges Herz sehr betrübte. So habe ich den Wiener Schwanenteich auch nie vergessen können, so wenig wie die Kirmes meiner Heimatstadt, die ich mit 13 und 14 besuchte. Über diesen Erinnerungen breitet sich deutlich ein süßer, warmer, wohlbekannter Duft aus, untrennbar mit diesen vergnüglichen Ereignissen verbunden: Zuckerwatte.
Sweet Flowers ist somit ein kleines Geschenk, eine olfaktorische Erinnerung an süße Zeiten, und wenn sie so gekonnt trifft wie in diesem Montale-Duft, dann ist das ein sehr kostbares Geschenk. Denn an schlechten Tagen tröstet nichts mehr als die süße Erinnerung an die Kindheit (wenn sie denn schön war).
Aber Sweet Flowers kann noch deutlich mehr:
Es ist ja kein süß-klebriger, kitschiger Mädchenduft, der mit Gourmandnoten besticht und dazu führt, dass mich 18jährige zum Anbeißen finden. Sweet Flowers ist deutlich erwachsener. Er KANN nostalgisch wirken, besänftigen und einlullen mit seinen Noten von Zuckerwatte und hübsch-fruchtigem, unkünstlichem Pfirsich. Er kann aber auch erfrischend wirken, sind seine Zitrusnoten doch immerhin so subtil wahrnehmbar, dass sich jede Klebrigkeit verliert. Vor allem aber kann er elegant wirken, denn die leichte Erdigkeit von Patchouli und die Ernsthaftigkeit von Jasmin, die so wunderbar zu Patchouli passt und dem würzig-erdigen Ton Helligkeit und zarte Luftigkeit verleiht, machen dieses Parfum tragbar für Frauen, die Verantwortung tragen und nur gerade eine Umarmung brauchen. So umarmt Sweet Flowers zärtlich und kehrt dann zum Erwachsensein zurück, und als wären Patchouli und Jasmin dabei nicht genug, tritt dann meine Lieblingsblume auf, der Inbegriff weiblicher Eleganz, die Tuberose. In Verbindung mit den unverzichtbaren Klassikern Jasmin und Patchouli, als großer Auftritt nach der tröstlichen Süße von Zuckerwatte und Pfirsich, die durch Bergamotte nie klebrig wird, und in treuer Begleitung einer eher schlichten Vanille ist die Tuberose in diesem Parfum integriert, als hätte sie nie irgendwo anders hingehört. Sie trägt noch einmal entscheidend zur seriösen Wirkung des Gourmand-Duftes bei.
Summa summarum: Sweet Flowers ist nichts für Heulsusen und Kindsköpfe, nichts für kleine Mädchen mit rosa Bändern in den Zöpfen und nichts für unsterblich verliebte Teenager. Es ist ein Parfum für erwachsene Frauen, solche, die ohne Teddybär zur Arbeit gehen und dort Entscheidungen treffen, auch wenn sie eine Laufmasche in den feinen Strümpfen haben sollten. Frauen, deren Grundhaltung elegant und erwachsen ist und die zwischendurch, ab und an, das Bedürfnis haben, das innere Kind in ihnen zu wecken und sich einen Moment lang wiegen zu lassen.
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