Leimbacher
Sehr hilfreiche Rezension
10
… wo Langusten - trommeln auf Krusten …
Dass Aquaten im Mainstream oft viel zu soft, synthetisch und duschgelig daherkommen, ist jedem bekannt, der sich länger als fünf Minuten mit Parfums beschäftigt. Dass einige Nischenaquaten allerdings ebenso gewöhnungsbedürftig sind, durch extreme Algen, Seetang, Salz oder noch krassere Dufteindrücke - auf diesen Riecher kommt man fast genauso schnell. „Herbal Aquatica“ von Montale versucht den Spagat - und zwar als extrem zugänglicher und fast fruchtig-gourmandiger Nischenwassermann… Hat sich das verdammt geil gewaschen? Oder fällt diese Kombo ins Wasser?
„Herbal Aquatica“ hat starke Parallelen zu „Erba Pura“, doch der erfolgreiche Xerjoff ist auch zu einem dermaßen einprägsamen Powerfruchtaquaten und Bestseller geworden, dass man fast überall Ähnlichkeiten sieht (ähnlich wie Fords „Oud Wood“ oder sein „M7“ das Adlerholz oder Guerlains „Vetiver“ eben das Vetiver geprägt haben). Dennoch sind hier Ähnlichkeiten besonders wenig von der Hand zu weisen. Erst ganz spät, in seiner letzten Phase, wird er für mich zum Brandungskönig. Da schwipp-schwapp-schwuppt es als ob Poseidon persönlich das Steuer übernommen hat. Und zwar noch immer in höchst angenehm, das ist die Kunst! Das gefällt mir super! Davor habe ich mit seiner bubblegummigen Feuchtigkeit aber so meine Probleme. Die hatte ich aber auch schon mit Xerjoffs Hit. Als ob man eine Fruchtbowle im Mittelmeer ist. Und das Wasser schwappt in die Schüssel! Nicht pfui, aber nah dran! Dennoch muss man sagen: „Herbal Aquatica“ wird für die meisten den Spagat schon schaffen, er könnte Aquaten salonfähig machen. Oder zumindest dazu beitragen. Sein Haarsprayapfel (?) ist aber ein Wackelkandidat. Dazu seine würzige Grüne, seine Dessertcremigkeit, dann das Meeresrauschen gepaart mit (im schlimmsten Fall) Karamell. Die Grenze zwischen Kakophonie und Symphonie ist eben klein… Sandelholz und Vanille muss man aber erstmal aquatisch interpretieren und alles dabei dermaßen massentauglich bleiben. Selbst wenn bei mir nicht jedes Ass im Ärmel zieht. Ein bisschen der disneyfizierte Ozean.
Flakon: unauffällig bei Montale wie immer, aber die Farbwahl passt
Sillage: potent ohne das er brennt
Haltbarkeit: viiiel länger als der aquatische Schnitt (8-11 Stunden)
Fazit: einer der leckersten und gourmandigeren Aquaten überhaupt. Ich esse meinen Nachtisch aber lieber mit Meerblick, nicht direkt im Meer…