08.11.2023 - 18:28 Uhr
Marieposa
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Marieposa
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48
Der ungeschriebene Brief
Und du liest ja doch Romane! Beinahe hätte ich erleichtert aufgeseufzt beim Anblick der aufgetürmten Bücherstapel auf dem Boden. Aus den vanillig vergilbten Seiten lächelte mir der eine oder andere Bekannte entgegen.
Dabei wäre es dir fast gelungen, dass ich mich so jung und dumm gefühlt hätte, wie ich es damals wohl tatsächlich war. Literatur, hattest du früher an jenem Abend nur gemeint, sei ja ein Anfang, aber wer wahre Erkenntnis suche, müsse schon die Philosophen lesen. Hast Nietzsche zitiert und Adorno, bis sich eine spöttische Stimme in mir meldete und darauf beharren wollte, dass ich sehr wohl Erleuchtungen gehabt hatte, und zwar bei unzähligen Romanen. Doch ich verkniff mir lächelnd eine Erwiderung, weil es dir so wichtig war. So ließ ich nur den Kopf auf deine Schulter sinken, auf deinen Mantel, der leicht feucht war vom nebelfeinen Nieselregen und in dessen Taschen sich immer ein Päckchen Drehtabak verbarg. So atmete ich dich, den Mantel, deine Wärme im Widerstreit mit der Dezemberkälte und ließ mir nicht anmerken, dass die entsetzte Frage in meinem Kopf rumorte, ob Nietzsche der Irre mit der Peitsche war, und in was ich mich da hineinmanövrierte.
Fast hätte ich gekniffen. Wäre nicht mitgekommen, hätte mich nicht verlegen kichernd durch die schwere Tür geschoben. Doch dann gaben mir die alten Bücher auf dem Boden Zuversicht, sie, die Gitarre und der Plattenspieler dort in der Ecke, wo sich die kleinen Brandlöcher in diesem unsäglichen Teppichboden verdichteten.
Wer zum Teufel hört denn noch Schallplatten?, wollte ich gerade fragen. Aber auf der Suche nach deinem Blick bemerkte ich, dass das Blitzen von vorhin ihn verlassen hatte. Eine stille Frage war an seine Stelle getreten, machte deine Augen so ernst und braun, und auch von meinen Lippen wollte sich kein Wort mehr lösen. Für einen Wimpernschlag konnte ich deine Unsicherheit mit Händen greifen. Dann war da nur noch das Pulsieren vergangener Küsse und der Wunsch nach deiner bernsteingoldenen Wärme.
Wie leicht und flirrend war mein Kopf, und ich frage mich noch heute, warum du mein Herz nicht hören konntest, als es dir entgegenflog.
Später sagtest du, man müsse mir Gedichte widmen. Zu schade. Ein simpler Brief hätte es auch getan. Doch den bist du mir schuldig geblieben.
**
Kurz gesprüht und ich fange an zu rechnen, ob das wirklich der Duft sein kann, den jemand trug, den ich einmal kannte. Der Duft, der so anders war, als alle nach Axe Alaska rochen. Aber da werde ich lange rechnen können, weil ich nur weiß, wann der Duft auf den Markt kam und nicht, wann er wieder verschwand … Aber letzten Endes ist das wohl auch gar nicht entscheidend.
Extase Moschus for Men hat für mein Empfinden so gar nichts Ekstatisches an sich, sondern ist ein eher heller, kuschelwarmer Amberduft mit cremigem, leicht menschelndem Moschus und einer trockenen, holzigen Vanillenote, die ich mit dem Geruch von hochwertigem, altem Papier verbinde. Es ist ein recht simpler, geradliniger Duft, ein leiser, unaufdringlicher, aber dennoch präsenter und sehr angenehmer Begleiter und ich würde behaupten, dass Frauen ihn genauso gut tragen können wie Männer – ich selbst allerdings nicht, weil er zu stark mit einer Erinnerung verbunden ist.
Lieber Cfr, ich danke dir für das Pröbchen, das mich auf diese zugegebenermaßen etwas verwirrende Gedankenreise geschickt hat.
Dabei wäre es dir fast gelungen, dass ich mich so jung und dumm gefühlt hätte, wie ich es damals wohl tatsächlich war. Literatur, hattest du früher an jenem Abend nur gemeint, sei ja ein Anfang, aber wer wahre Erkenntnis suche, müsse schon die Philosophen lesen. Hast Nietzsche zitiert und Adorno, bis sich eine spöttische Stimme in mir meldete und darauf beharren wollte, dass ich sehr wohl Erleuchtungen gehabt hatte, und zwar bei unzähligen Romanen. Doch ich verkniff mir lächelnd eine Erwiderung, weil es dir so wichtig war. So ließ ich nur den Kopf auf deine Schulter sinken, auf deinen Mantel, der leicht feucht war vom nebelfeinen Nieselregen und in dessen Taschen sich immer ein Päckchen Drehtabak verbarg. So atmete ich dich, den Mantel, deine Wärme im Widerstreit mit der Dezemberkälte und ließ mir nicht anmerken, dass die entsetzte Frage in meinem Kopf rumorte, ob Nietzsche der Irre mit der Peitsche war, und in was ich mich da hineinmanövrierte.
Fast hätte ich gekniffen. Wäre nicht mitgekommen, hätte mich nicht verlegen kichernd durch die schwere Tür geschoben. Doch dann gaben mir die alten Bücher auf dem Boden Zuversicht, sie, die Gitarre und der Plattenspieler dort in der Ecke, wo sich die kleinen Brandlöcher in diesem unsäglichen Teppichboden verdichteten.
Wer zum Teufel hört denn noch Schallplatten?, wollte ich gerade fragen. Aber auf der Suche nach deinem Blick bemerkte ich, dass das Blitzen von vorhin ihn verlassen hatte. Eine stille Frage war an seine Stelle getreten, machte deine Augen so ernst und braun, und auch von meinen Lippen wollte sich kein Wort mehr lösen. Für einen Wimpernschlag konnte ich deine Unsicherheit mit Händen greifen. Dann war da nur noch das Pulsieren vergangener Küsse und der Wunsch nach deiner bernsteingoldenen Wärme.
Wie leicht und flirrend war mein Kopf, und ich frage mich noch heute, warum du mein Herz nicht hören konntest, als es dir entgegenflog.
Später sagtest du, man müsse mir Gedichte widmen. Zu schade. Ein simpler Brief hätte es auch getan. Doch den bist du mir schuldig geblieben.
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Kurz gesprüht und ich fange an zu rechnen, ob das wirklich der Duft sein kann, den jemand trug, den ich einmal kannte. Der Duft, der so anders war, als alle nach Axe Alaska rochen. Aber da werde ich lange rechnen können, weil ich nur weiß, wann der Duft auf den Markt kam und nicht, wann er wieder verschwand … Aber letzten Endes ist das wohl auch gar nicht entscheidend.
Extase Moschus for Men hat für mein Empfinden so gar nichts Ekstatisches an sich, sondern ist ein eher heller, kuschelwarmer Amberduft mit cremigem, leicht menschelndem Moschus und einer trockenen, holzigen Vanillenote, die ich mit dem Geruch von hochwertigem, altem Papier verbinde. Es ist ein recht simpler, geradliniger Duft, ein leiser, unaufdringlicher, aber dennoch präsenter und sehr angenehmer Begleiter und ich würde behaupten, dass Frauen ihn genauso gut tragen können wie Männer – ich selbst allerdings nicht, weil er zu stark mit einer Erinnerung verbunden ist.
Lieber Cfr, ich danke dir für das Pröbchen, das mich auf diese zugegebenermaßen etwas verwirrende Gedankenreise geschickt hat.
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