05.11.2017 - 02:04 Uhr
loewenherz
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loewenherz
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Was haben wir gelacht...
Irgendwann gegen Ende der 80er Jahre fingen die cooleren Mädchen in meiner Klasse an, sich nicht mehr zu 'Kindergeburtstagsfeiern', sondern zu 'Parties' einzuladen; manche davon gingen bis abends um neun. Sie beschenkten sich gegenseitig mit aromatisiertem Früchtetee in gefrosteten Leonardo-Gläsern mit Wolkenrührstäbchen in Cellophanpapier, und ließen sich am Tag vor der Party von ihrer Schwester oder Mutter ganz viele kleine Zöpfe flechten, die beim Aufmachen ein bisschen wie eine Dauerwelle aussahen. Idealerweise wurde zur Party etwas Neues angezogen, das aber auf Rückfrage sofort mit 'Was? Das alte Ding?' bagatellisiert wurde.
Als die gefrosteten Leonardo-Gläser später langweilig wurden - dauerte ein bisschen, es gab viele - taten sich langsam die ersten zusammen, um ein Parfum zu schenken. Roma und Sun waren beliebt oder Trésor - im Grunde allesamt ungeeignet für Pubertierende, was aber nicht hätte egaler sein können - war das Parfum doch ein weiteres Insignium des neuen Erwachsenseins. Inbegriff der Unmöglichkeit war entsprechend alles, dem noch der Odem des Kinderzimmers anhaftete - und das betraf in erster Linie diesen hier: My Melody Dreams, quasi das olfaktorische Pendant zu Setzkasten und Monchhichi (hab' gerade nachgeschaut - so schrieb man das?).
Was der in den Kinderzimmern machte, lässt sich aus heutiger Duftwahrnehmung kaum erklären - es war im damaligen Marketing so beabsichtigt, aber ein Kinder- oder Jugendduft heutiger Lesart war er nie. Ein Blick auf seine ebenso umfangreichen wie für seine Zeit typischen Ingredienzen verrät, dass My Melody Dreams im Grunde ein klassischer Vertreter seiner Generation ist - ein bisschen blumiger und ein bisschen lieblicher, aber mit nahezu derselben Kraft und Ausdauer wie andere Orientalen seiner Kohorte auch. Und ich überlege, ob er als 'Limited Retro-Edition' (unreformuliert, falls möglich, und Originalflakon) nicht heute wieder fliegen könnte.
Fazit: was haben wir über den gelacht. Aber man irrt ja in manchem in jenem Alter und tut - beabsichtigt oder nicht - so manchem Unrecht an. Vielleicht wüssten wir's heute besser.
Als die gefrosteten Leonardo-Gläser später langweilig wurden - dauerte ein bisschen, es gab viele - taten sich langsam die ersten zusammen, um ein Parfum zu schenken. Roma und Sun waren beliebt oder Trésor - im Grunde allesamt ungeeignet für Pubertierende, was aber nicht hätte egaler sein können - war das Parfum doch ein weiteres Insignium des neuen Erwachsenseins. Inbegriff der Unmöglichkeit war entsprechend alles, dem noch der Odem des Kinderzimmers anhaftete - und das betraf in erster Linie diesen hier: My Melody Dreams, quasi das olfaktorische Pendant zu Setzkasten und Monchhichi (hab' gerade nachgeschaut - so schrieb man das?).
Was der in den Kinderzimmern machte, lässt sich aus heutiger Duftwahrnehmung kaum erklären - es war im damaligen Marketing so beabsichtigt, aber ein Kinder- oder Jugendduft heutiger Lesart war er nie. Ein Blick auf seine ebenso umfangreichen wie für seine Zeit typischen Ingredienzen verrät, dass My Melody Dreams im Grunde ein klassischer Vertreter seiner Generation ist - ein bisschen blumiger und ein bisschen lieblicher, aber mit nahezu derselben Kraft und Ausdauer wie andere Orientalen seiner Kohorte auch. Und ich überlege, ob er als 'Limited Retro-Edition' (unreformuliert, falls möglich, und Originalflakon) nicht heute wieder fliegen könnte.
Fazit: was haben wir über den gelacht. Aber man irrt ja in manchem in jenem Alter und tut - beabsichtigt oder nicht - so manchem Unrecht an. Vielleicht wüssten wir's heute besser.
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