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Top Rezension
Colonialwaren XX - Who the F*** is Devin?
Devin ist ein Aramis, und Aramis ist ein Estee Lauder, und der ist Amerikaner. Tatsächlich glaubt man gar nicht, was alles zu Estee Lauder gehört, etwa dreißig Marken. Darunter sind: Tom Ford (jahaaaa!), Michael Kors (echt?), Le Labo (nee, jetzt, die sind doch so independent und so...), Jo Malone (aber die sind doch britisch?), Ermengildo Zegna, Frédéric Malle, Clinique und eben Aramis. Aramis ist übrigens keine zugekaufte Marke, mitneffen und -nichten! 1960 hat sich Lauder einfach gesagt: Wir machen jetzt mal ne schicke Herrenreihe, und die nennen wir alle "Aramis irgendwas", klingt männlicher als Estee Lauder irgendwas.
Also ist Devin Amerikaner, ergo 'Devin' wie Kevin und nicht Devin nasal 'Diwääh'? Bernard Chant hingegen war, obwohl man das auch ganz prima englisch aussprechen könnte, Franzose. What the heck bedeutet also Devin?
Was die Lauder Company sich bei der Namensvergabe gedacht hat, weiß wahrscheinlich nur der Geier, vielleicht klang es einfach gut. Aber da mich die Wissenslücke geärgert hat, bin ich der Sache nachgegangen: Devin ist tatsächlich ein männlicher Vorname im englischsprachigen Raum und leitet sich ab von einem irischen Wort mit der Bedeutung Barde oder Dichter. In Französischen bedeutet devin Wahrsager oder Hellseher. Dass die Bedeutungen alle in die gleiche Richtung spielen, ist kein Wunder, denn sie stammen alle beide von der indoeuropäischen Wurzel DV ab: göttlich. So wie in Sanskrit Deva, im Lateinischen Deus und Divus oder im französischen divin (würde mich interessieren, ob ein Franzose intuitiv weiß, dass divin und devin eigentlich dasselbe Wort ist).
Göttlich finde ich den Duft nun nicht garade, aber wirklich sehr gut. Im Untertitel steht Cologne, genaugenommen Country Eau de Cologne, ich habe aber trotzdem gezögert, ihn in meine Cologne-Reihe aufzunehmen. Er ist in puncto Haltbarkeit eigentlich eher ein Eau de Toilette, sechs, sieben Stunden sind da schon drin. Gerade im amerikanischen Raum wird "Cologne" ja gerne mal für Herrendüfte generell verwendet. Und seiner Charakteristik nach ist es auch nicht gerade ein leichtes spritziges Zitrusdüftchen. Aber wenn ich den leicht durchgeknallten Aldehyd-Rosengeranien-Panzerknacker G-Man als Cologne hab durchgehen lassen, muss ich das hier wohl oder übel auch machen.
Und in der Tat geht es gar nicht so uncolognig los: Ich empfinde im Auftakt einen schönen, kräftigen, runden, vorwiegend organgigen Zitrusakkord und auch etwas Lavendel ist irgendwo zu erahnen. Wenn das kein Cologne ist!
Schon zu diesem Zeitpunkt, und später dann verstärkt, treten aber auch ganz andere Eindrücke hinzu. Da ist ein gut spürbarer leicht animalisch-dreckiger Aspekt, ein Antaeus-Zitat vielleicht, aber nicht so feinnervig und aufreizend. Schlichter und geerdeter, Country Cologne eben. Antaeus im Holzfällerkaro beim Angeln. Und etwas Kernholzig-Warmwürziges. Auch da fällt mir ein Referenzduft ein (den ich wie Antaeus ebenfalls liebe): Bel Ami von Hermès, aber ohne das knarzig-zigarrige. Ein gut durchgelüfteter Bel Ami, ich sag's ja: Country Cologne. Das herbsüße (hier eher herbe) Moos-Patch der Basisnote hat man zwar ähnlich schon in 100 Herrendüften gerochen, aber auch beim 101. mal schnurrt man noch vor Behaglichkeit.
Devin ist genauso wie sein Flakon und Etikett. Schnörkellos, sehr klassisch, sehr männlich, ein bisschen konservativ. Ein Gewürzfougère im Country-Cologne-Stil, trotz des großgeschriebenen Galbanums nicht schreiend grün, sondern schön holzig-orangig-herb-gewürzig-moosig-erdig austariert. Ein Cologne mit leicht ergrauten Schläfen und kleinen Fältchen um die Augen, aber darum nicht weniger sexy und vielleicht gerade deshalb besonders charaktervoll und ausgeglichen.
Der Preis ist mit ca 30 Euro ein Scherz.
Also ist Devin Amerikaner, ergo 'Devin' wie Kevin und nicht Devin nasal 'Diwääh'? Bernard Chant hingegen war, obwohl man das auch ganz prima englisch aussprechen könnte, Franzose. What the heck bedeutet also Devin?
Was die Lauder Company sich bei der Namensvergabe gedacht hat, weiß wahrscheinlich nur der Geier, vielleicht klang es einfach gut. Aber da mich die Wissenslücke geärgert hat, bin ich der Sache nachgegangen: Devin ist tatsächlich ein männlicher Vorname im englischsprachigen Raum und leitet sich ab von einem irischen Wort mit der Bedeutung Barde oder Dichter. In Französischen bedeutet devin Wahrsager oder Hellseher. Dass die Bedeutungen alle in die gleiche Richtung spielen, ist kein Wunder, denn sie stammen alle beide von der indoeuropäischen Wurzel DV ab: göttlich. So wie in Sanskrit Deva, im Lateinischen Deus und Divus oder im französischen divin (würde mich interessieren, ob ein Franzose intuitiv weiß, dass divin und devin eigentlich dasselbe Wort ist).
Göttlich finde ich den Duft nun nicht garade, aber wirklich sehr gut. Im Untertitel steht Cologne, genaugenommen Country Eau de Cologne, ich habe aber trotzdem gezögert, ihn in meine Cologne-Reihe aufzunehmen. Er ist in puncto Haltbarkeit eigentlich eher ein Eau de Toilette, sechs, sieben Stunden sind da schon drin. Gerade im amerikanischen Raum wird "Cologne" ja gerne mal für Herrendüfte generell verwendet. Und seiner Charakteristik nach ist es auch nicht gerade ein leichtes spritziges Zitrusdüftchen. Aber wenn ich den leicht durchgeknallten Aldehyd-Rosengeranien-Panzerknacker G-Man als Cologne hab durchgehen lassen, muss ich das hier wohl oder übel auch machen.
Und in der Tat geht es gar nicht so uncolognig los: Ich empfinde im Auftakt einen schönen, kräftigen, runden, vorwiegend organgigen Zitrusakkord und auch etwas Lavendel ist irgendwo zu erahnen. Wenn das kein Cologne ist!
Schon zu diesem Zeitpunkt, und später dann verstärkt, treten aber auch ganz andere Eindrücke hinzu. Da ist ein gut spürbarer leicht animalisch-dreckiger Aspekt, ein Antaeus-Zitat vielleicht, aber nicht so feinnervig und aufreizend. Schlichter und geerdeter, Country Cologne eben. Antaeus im Holzfällerkaro beim Angeln. Und etwas Kernholzig-Warmwürziges. Auch da fällt mir ein Referenzduft ein (den ich wie Antaeus ebenfalls liebe): Bel Ami von Hermès, aber ohne das knarzig-zigarrige. Ein gut durchgelüfteter Bel Ami, ich sag's ja: Country Cologne. Das herbsüße (hier eher herbe) Moos-Patch der Basisnote hat man zwar ähnlich schon in 100 Herrendüften gerochen, aber auch beim 101. mal schnurrt man noch vor Behaglichkeit.
Devin ist genauso wie sein Flakon und Etikett. Schnörkellos, sehr klassisch, sehr männlich, ein bisschen konservativ. Ein Gewürzfougère im Country-Cologne-Stil, trotz des großgeschriebenen Galbanums nicht schreiend grün, sondern schön holzig-orangig-herb-gewürzig-moosig-erdig austariert. Ein Cologne mit leicht ergrauten Schläfen und kleinen Fältchen um die Augen, aber darum nicht weniger sexy und vielleicht gerade deshalb besonders charaktervoll und ausgeglichen.
Der Preis ist mit ca 30 Euro ein Scherz.
30 Antworten


Und freue mich trotzdem, daß Estee Lauder diesen so ursprünglichen Duft zum freundlichen Kurs fröhlich weiterproduziert.
Vielleicht sollten die mal Penhaligon's übernehmen..
Was den Duftcharakter angeht, gibt es einige Konkurrenz für ihn. Und da die anderen mir alle ähnlich gut gefallen, habe ich mich noch nicht für einen entscheiden können.
Du hast auch wieder meinen Horizont erweitert, indem Du einen Zusammenhang zwischen Barden und Wahrsagern herstellst. Ein sehr interessanter Blick.
Und der Devin klingt nach 'nem feinen Kerl, der auch noch günstig im Unterhalt ist, perfekt!
Über deinen Sanskrit-Studien kam Dir evt. ein wenig die Chronologie des Zitierens durcheinander? Bertrand Chants Devin ist von 1977, Antaeus von 1981, Bel-Ami von 1986...