08.01.2023 - 07:14 Uhr
Trollo
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Trollo
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15
Samtige Rosen vor dunklem Grund im vergoldeten Kristallkleid - Carons Rosen-Chypre
Or et Noir wurde nach dem Tode Daltroffs von seinem Mitarbeiter Michel Morsetti 1949 entwickelt, möglicherweise auf der Grundlage von Aufzeichnungen Daltroffs. Er reiht sich in die lange Reihe großer Düfte Carons nahtlos ein, um dennoch (s)einen eigenen Platz in dieser Reihe auszufüllen.
Or et Noir in der Version mit dem Baccarat-Flakon, vergoldet oder teilvergoldet, stand bei sehr sehr lange auf der Wunschliste. Jahrelang habe ich ihn im Internet gesucht. Dann ein „Treffer“, ich konnte es kaum glauben: Ein Antiquariat in einer französischen Kleinstadt hatte einen Nachlass aufgekauft und darunter befand sich Or et Noir… Aber zur Abholung nach Frankreich? Eher nicht… Mit einiger Überredung konnte ich den Flakon dann auch per Post bekommen. Ein paar Tage später stand das Paket dann vor mir. Ehrfürchtig öffnete ich es, schälte den Caron-Karton aus seiner schützenden Umverpackung: Ein ovaler Karton mit braun-goldenen Punkten auf schwarzem Grund, vorn versehen mit dem achsengespiegelten „C“ als Caron-Logo und auf dem Deckel ein aufgeklebtes altgoldenes Motiv mit Rosen in erhabenem Druck und der Beschriftung „Or et Noir de Caron“ als Umschrift. Innen ein Polster, das den Flakon sanft umschloss und zunächst nur einen vergoldeten länglichen, fein ziselierten Deckel und ebenfalls die Beschriftung „Or et Noir“ und „Caron“ auf dem Polster erkennen ließ.
Dann stand er da, der legendäre Flakon, für den Höchstpreise gezahlt werden, ein Handschmeichler aus edlem und schweren Kristall mit einem Glasstöpsel, dessen sichtbarer Teil vergoldet und seitlich jeweils als Rose gestaltet ist. Um seinen Hals und den Stöpsel war ein dunkler Draht geschlungen und es war unschwer zu erkennen, dass am Rand des Stopfens Parfumöl ausgetreten und der Stöpsel damit vollkommen verklebt war.
Es war ein Leichtes, den Draht zu durchtrennen, aber das verklebte Parfumöl am Rand verhinderte, den Stöpsel direkt herauszuziehen. In wochenlanger Geduldsarbeit konnte Apothekenalkohol die von außen sichtbaren Ölbestandteile langsam aufweichen, so dass er sich entfernen ließ. Nun roch es absolut fantastisch, die bernsteinfarbene Flüssigkeit schimmerte verlockend und allein das stellte mich auf eine harte Geduldsprobe, denn der Stöpsel ließ sich einfach nicht öffnen. Sanftes Klopfen des mutmaßlich empfindlichen vergoldeten Stopfens rundum auf einen nachgiebigen Untergrund, Kühlen, Klopfen, Kühlen, Klopfen, Kühlen, Klopfen, …. zeigte nach einigen Wochen ganz plötzlich Wirkung – der Stopfen gab unerwartet nach und seinen wertvollen Inhalt frei.
Ich bin kein Vertreter von „früher ist alles besser“ und gehöre auch nicht zu denen, die alles „Alte“ für „erhaltenswert“ halten. Bei Düften sehe ich das aber teilweise anders; viele Düfte wurden im Laufe der Zeit verändert. Die Gründe dafür sind vielfältig: Jeder neue „Batch“ hat natürlich seine eigenen Rohstoffe, deren Qualität jeweils die Qualität des Duftes bestimmt. Einige Rohstoffe gibt es auch einfach irgendwann nicht mehr, andere sind nicht mehr erlaubt (Stichwort: IFRA), wieder andere werden durch günstige synthetische oder andere Rohstoffe ersetzt. Oder der Geschmack der Zeit ändert sich schlichtweg und eine Reformulierung scheint angebracht. Was auch immer die Gründe sein mögen. Ein Duft von vor über 70 Jahren duftet selten so wie ein heutiger Duft. Und man darf nicht vergessen, dass Düfte meistens auch reifen, insbesondere dann, wenn sie lange Licht und Luft ausgesetzt sind. Einigen Düften bekommt das gut, anderen nicht. Viele Düfte büßen an Intensität und Haltbarkeit ein, verlieren Kopf- und Herznoten und einige „kippen“ sogar und riechen dann sehr übel.
Bei den Düften Carons und Guerlains habe ich seltenst negative Überraschungen erlebt; die Qualität der Inhaltsstoffe überzeugt auch Jahrzehnte später noch. Or et Noir war offensichtlich sehr früh nach dem Einfüllen bereits durch die ausgetretenen Parfumöle verklebt worden; es gab so gut wie keine Evaporation und er war zudem lichtgeschützt aufbewahrt. Soweit es aus heutiger Perspektive zu beurteilen ist, sind seine Noten perfekt erhalten, weder Haltbarkeit noch Intensität haben im Laufe der vielen Jahrzehnte gelitten.
Der edle, geschliffene und auf dem Top vergoldete Glasstopfen gibt den Duft frei. Ein winziger Tropfen genügt. Die Augen schließend, werde ich in einen Rosengarten versetzt. Atemberaubend schöner Rosenduft umfängt und umarmt mich. Von ferne durftet süßlich-intensiver Flieder und mischt sich mit den königlichen Rosen. Der Verstand weiß, dass es die wunderbaren Damaszener-Rosen sind und wie diese aussehen. Das Gefühl aber suggeriert ein anderes Bild dieser Rose. Es sind vom inneren Bild her samtige, dunkelrote Rosen, nicht die kleinen, die man(n) seiner Frau vom Blumenhändler nebenan mitbringt, sondern die großen, verführerischen, dunkelsamtroten Blüten, die ins Schwarze changieren. Ein kühler, leicht minzartiger Duft mischt sich hinein – irgendwo in der Nähe muss ein Geranium blühen. Dann erhebt sich aus dem dunklen Grund eine feine Würze; Gartennelken erheben ihr kleines Haupt und lassen ihren Duft zu mir hinüberfließen. Moschus, Vanile, dezentes Eichenmoos, Sandel- und Zedernholz unterstützen als Basis dieses Bild der perfekten Rose im Vordergrund. Die Tiefe, die Intensität, ohne aufdringlich zu sein… Rosen-Perfektion hat einen Namen.
Or et Noir steht in der Tradition des Vintage N’aimez que moi und es sind immer wieder Ähnlichkeiten zu erkennen, besonders in der Flieder-Rosen-Kombination und gelegentlich auch zur Basis. Aber Or et Noir geht in seiner Rosenbetonung weit über N’aimez que moi hinaus: Or et Noir ist im Original nicht irgendein Rosenduft, es ist DER Rosenduft. Das Original enthält kostbarste Rosenöle, die die Zeit unbeschadet überstanden haben und eine Ahnung aufkommen lassen, wie üppig, edel, kostbar und wunderbar die Extraits Carons zu ihrer Entstehungszeit gewesen sein müssen.
Dagegen das Or et Noir, wohl eine Probe direkt von vor der Ausgabe Or et Noir (2017): Ich sprühe es auf und rieche einen Hauch vor allem von kühlem Geranium, vergleichbar der „Rose“ Carons, daneben auch Rosenöl, später auch Flieder und einen sanften Amber und etwas Eichenmoos als Basis. Wo ist die schmelzend dunkle Basis? Wo dieses unübertroffene Rosenöl, das mich beim Or et Noir von 1949 so begeistert hat? Ist dies wirklich der gleiche Duft? Ein Blick auf die Originalprobe Carons bestätigt das. Mit zwei (!) weiteren Sprühern aus der (frisch geöffneten) Herstellerprobe ist zumindest eine Grundlage da, um mehr von diesem Duft wahrzunehmen.
Ich hatte schon gehört, dass Or et Noir spätestens bis 2011 reformuliert worden sein soll; Or et Noir in der späteren Version ist im direkten Vergleich zum Original eine (ver)blass(t)e Ausgabe des originalen Duftes. Nett, dezent, eine solide Qualität, interessant für Parfumbegeisterte, die ordentliche Rosendüfte zu schätzen wissen.
Wie schade, dass es solche Perlen heute nicht mehr gibt! Wäre ich ein Rosenmensch, wäre das der perfekte, der einzige Duft, den ich bräuchte.
Leider, leider, bin ich das nicht. Am liebsten würde ich den Duft als eines der Schmuckstücke meiner Sammlung einfach in die Vitrine stellen.
Parfums wurden aber nun einmal nicht als Dekoration entwickelt, sondern um getragen zu werden und so Menschen glücklich zu machen. Dieser ganz besondere Duft in seinem atemberaubenden Flakon zieht daher nun zu einem anderen Liebhaber alter Carons, der jemanden hat, der ihn tragen und wertschätzen wird.
Or et Noir in der Version mit dem Baccarat-Flakon, vergoldet oder teilvergoldet, stand bei sehr sehr lange auf der Wunschliste. Jahrelang habe ich ihn im Internet gesucht. Dann ein „Treffer“, ich konnte es kaum glauben: Ein Antiquariat in einer französischen Kleinstadt hatte einen Nachlass aufgekauft und darunter befand sich Or et Noir… Aber zur Abholung nach Frankreich? Eher nicht… Mit einiger Überredung konnte ich den Flakon dann auch per Post bekommen. Ein paar Tage später stand das Paket dann vor mir. Ehrfürchtig öffnete ich es, schälte den Caron-Karton aus seiner schützenden Umverpackung: Ein ovaler Karton mit braun-goldenen Punkten auf schwarzem Grund, vorn versehen mit dem achsengespiegelten „C“ als Caron-Logo und auf dem Deckel ein aufgeklebtes altgoldenes Motiv mit Rosen in erhabenem Druck und der Beschriftung „Or et Noir de Caron“ als Umschrift. Innen ein Polster, das den Flakon sanft umschloss und zunächst nur einen vergoldeten länglichen, fein ziselierten Deckel und ebenfalls die Beschriftung „Or et Noir“ und „Caron“ auf dem Polster erkennen ließ.
Dann stand er da, der legendäre Flakon, für den Höchstpreise gezahlt werden, ein Handschmeichler aus edlem und schweren Kristall mit einem Glasstöpsel, dessen sichtbarer Teil vergoldet und seitlich jeweils als Rose gestaltet ist. Um seinen Hals und den Stöpsel war ein dunkler Draht geschlungen und es war unschwer zu erkennen, dass am Rand des Stopfens Parfumöl ausgetreten und der Stöpsel damit vollkommen verklebt war.
Es war ein Leichtes, den Draht zu durchtrennen, aber das verklebte Parfumöl am Rand verhinderte, den Stöpsel direkt herauszuziehen. In wochenlanger Geduldsarbeit konnte Apothekenalkohol die von außen sichtbaren Ölbestandteile langsam aufweichen, so dass er sich entfernen ließ. Nun roch es absolut fantastisch, die bernsteinfarbene Flüssigkeit schimmerte verlockend und allein das stellte mich auf eine harte Geduldsprobe, denn der Stöpsel ließ sich einfach nicht öffnen. Sanftes Klopfen des mutmaßlich empfindlichen vergoldeten Stopfens rundum auf einen nachgiebigen Untergrund, Kühlen, Klopfen, Kühlen, Klopfen, Kühlen, Klopfen, …. zeigte nach einigen Wochen ganz plötzlich Wirkung – der Stopfen gab unerwartet nach und seinen wertvollen Inhalt frei.
Ich bin kein Vertreter von „früher ist alles besser“ und gehöre auch nicht zu denen, die alles „Alte“ für „erhaltenswert“ halten. Bei Düften sehe ich das aber teilweise anders; viele Düfte wurden im Laufe der Zeit verändert. Die Gründe dafür sind vielfältig: Jeder neue „Batch“ hat natürlich seine eigenen Rohstoffe, deren Qualität jeweils die Qualität des Duftes bestimmt. Einige Rohstoffe gibt es auch einfach irgendwann nicht mehr, andere sind nicht mehr erlaubt (Stichwort: IFRA), wieder andere werden durch günstige synthetische oder andere Rohstoffe ersetzt. Oder der Geschmack der Zeit ändert sich schlichtweg und eine Reformulierung scheint angebracht. Was auch immer die Gründe sein mögen. Ein Duft von vor über 70 Jahren duftet selten so wie ein heutiger Duft. Und man darf nicht vergessen, dass Düfte meistens auch reifen, insbesondere dann, wenn sie lange Licht und Luft ausgesetzt sind. Einigen Düften bekommt das gut, anderen nicht. Viele Düfte büßen an Intensität und Haltbarkeit ein, verlieren Kopf- und Herznoten und einige „kippen“ sogar und riechen dann sehr übel.
Bei den Düften Carons und Guerlains habe ich seltenst negative Überraschungen erlebt; die Qualität der Inhaltsstoffe überzeugt auch Jahrzehnte später noch. Or et Noir war offensichtlich sehr früh nach dem Einfüllen bereits durch die ausgetretenen Parfumöle verklebt worden; es gab so gut wie keine Evaporation und er war zudem lichtgeschützt aufbewahrt. Soweit es aus heutiger Perspektive zu beurteilen ist, sind seine Noten perfekt erhalten, weder Haltbarkeit noch Intensität haben im Laufe der vielen Jahrzehnte gelitten.
Der edle, geschliffene und auf dem Top vergoldete Glasstopfen gibt den Duft frei. Ein winziger Tropfen genügt. Die Augen schließend, werde ich in einen Rosengarten versetzt. Atemberaubend schöner Rosenduft umfängt und umarmt mich. Von ferne durftet süßlich-intensiver Flieder und mischt sich mit den königlichen Rosen. Der Verstand weiß, dass es die wunderbaren Damaszener-Rosen sind und wie diese aussehen. Das Gefühl aber suggeriert ein anderes Bild dieser Rose. Es sind vom inneren Bild her samtige, dunkelrote Rosen, nicht die kleinen, die man(n) seiner Frau vom Blumenhändler nebenan mitbringt, sondern die großen, verführerischen, dunkelsamtroten Blüten, die ins Schwarze changieren. Ein kühler, leicht minzartiger Duft mischt sich hinein – irgendwo in der Nähe muss ein Geranium blühen. Dann erhebt sich aus dem dunklen Grund eine feine Würze; Gartennelken erheben ihr kleines Haupt und lassen ihren Duft zu mir hinüberfließen. Moschus, Vanile, dezentes Eichenmoos, Sandel- und Zedernholz unterstützen als Basis dieses Bild der perfekten Rose im Vordergrund. Die Tiefe, die Intensität, ohne aufdringlich zu sein… Rosen-Perfektion hat einen Namen.
Or et Noir steht in der Tradition des Vintage N’aimez que moi und es sind immer wieder Ähnlichkeiten zu erkennen, besonders in der Flieder-Rosen-Kombination und gelegentlich auch zur Basis. Aber Or et Noir geht in seiner Rosenbetonung weit über N’aimez que moi hinaus: Or et Noir ist im Original nicht irgendein Rosenduft, es ist DER Rosenduft. Das Original enthält kostbarste Rosenöle, die die Zeit unbeschadet überstanden haben und eine Ahnung aufkommen lassen, wie üppig, edel, kostbar und wunderbar die Extraits Carons zu ihrer Entstehungszeit gewesen sein müssen.
Dagegen das Or et Noir, wohl eine Probe direkt von vor der Ausgabe Or et Noir (2017): Ich sprühe es auf und rieche einen Hauch vor allem von kühlem Geranium, vergleichbar der „Rose“ Carons, daneben auch Rosenöl, später auch Flieder und einen sanften Amber und etwas Eichenmoos als Basis. Wo ist die schmelzend dunkle Basis? Wo dieses unübertroffene Rosenöl, das mich beim Or et Noir von 1949 so begeistert hat? Ist dies wirklich der gleiche Duft? Ein Blick auf die Originalprobe Carons bestätigt das. Mit zwei (!) weiteren Sprühern aus der (frisch geöffneten) Herstellerprobe ist zumindest eine Grundlage da, um mehr von diesem Duft wahrzunehmen.
Ich hatte schon gehört, dass Or et Noir spätestens bis 2011 reformuliert worden sein soll; Or et Noir in der späteren Version ist im direkten Vergleich zum Original eine (ver)blass(t)e Ausgabe des originalen Duftes. Nett, dezent, eine solide Qualität, interessant für Parfumbegeisterte, die ordentliche Rosendüfte zu schätzen wissen.
Wie schade, dass es solche Perlen heute nicht mehr gibt! Wäre ich ein Rosenmensch, wäre das der perfekte, der einzige Duft, den ich bräuchte.
Leider, leider, bin ich das nicht. Am liebsten würde ich den Duft als eines der Schmuckstücke meiner Sammlung einfach in die Vitrine stellen.
Parfums wurden aber nun einmal nicht als Dekoration entwickelt, sondern um getragen zu werden und so Menschen glücklich zu machen. Dieser ganz besondere Duft in seinem atemberaubenden Flakon zieht daher nun zu einem anderen Liebhaber alter Carons, der jemanden hat, der ihn tragen und wertschätzen wird.
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