Rene72
Sehr hilfreiche Rezension
7
Die Vanille-Orchidee - Reinheit in den sündigen 1920ern?
In der Noble Serie kreiert Clive Christian stets eine Variante für den Herren und eine für die Dame. Die Nummer XXI ist der Epoche des Art déco gewidmet. Einer Epoche der Dekadenz, der Leidenschaft, der stilistischen Formvollendung.
Die Herren-Variante Cypress konnte ich schon testen. Heute dann die Damen-Variante Vanilla Orchid.
Der Duft startet frühlingshaft mit frisch geschnittenem Grün und duftender Hyazinthe. Sehr blumig, keinesfalls jedoch anstrengend. Wer Hyazinthe schon einmal in einem geschlossenen Raum stehen hatte, weiß, was blumig anstrengend ist. Hier wird die Hyazinthe aber von dem Galbanum im Zaum gehalten.
Was aber hat das alles mit Art déco zu tun?
Ein Duft, der Dekadenz, der Formschönheit, edle Materialien und Überfluss ausdrückt? Man zeigte im Art Déco, was man hatte, wenn man zu denjenigen gehören durfte, die etwas hatten.
Passt die Orchidee als Sinnbild für Sehnsucht und Leidenschaft in eine Epoche, in der Leidenschaft und Dekadenz fast hemmungslos gelebt wurden?
Die frühlingshafte Note der Hyazinthe geht nach 30 Minuten wie im natürlichen Ablauf in der Botanik über in die aufblühenden Maiglöckchen.
Es ist offenbar eine weiße Orchidee, die Clive Christian inspirierte, denn er benutzt nur weiße Blüten, um die Orchidee nachzuzeichnen.
Hinzu tritt aromatisch eine Vanille, die edel und nicht zu süß ist, ich rieche hier auch eine leichte Rumnote.
Nun könnte man meinen, es treffen die edle Orchidee als Königin der Blumen und das zweitteuerste Gewürz der Welt, die Königin der Gewürze, die Vanille, aufeinander.
Das tun sie auch, und zwar so wie die Natur sie schuf.
Denn die Vanille ist eine Orchideenart. Vanilleblüten sind weiße wunderschöne Orchideenblüten, allerdings kommt das Vanillearoma aus den gereiften Schoten.
Zum Ende weichen die blumigen Noten einer Mischung aus Sandelholz und Moschus, fein abgestimmt und äußerst sanft.
Am Ende ist es nicht die intensive Black Orchid eines Tom Ford.
Es ist die weiße, die reine und anmutige Orchidee, in einem zügellosen Umfeld der dekadenten 1920er und Anfang 1930er Jahre.
Der Vanilla Orchid zeigt einen schönen Verlauf und ist über 7-8 Stunden sehr gut wahrnehmbar, danach nur noch hautnah.
Es gibt ungefähr 20 weitere Parfums, die das Thema Vanilla Orchid I’m Namen tragen, zB die fruchtigere Variante von The Merchant of Venice oder eine von mir noch nicht getestete neuere von Elizabeth Arden mit White Tea Vanilla Orchid.
Beide Düfte, der Cypress für Herren und der Vanilla Orchid für Damen, harmonieren gut. Gut tragbar bei festlichen Anlässen, es muss keine 1920er Jahre Party sein, aber beide Düfte verlangen definitiv Klasse und Stil, in Garderobe wie auch im Flair.
Der Flakon, wie immer elegant und stilvoll gestaltet. Für mich hat dieser Test gezeigt, dass gerade in der Noble Serie zu jeder Epoche beide Varianten unbedingt getestet werden sollten, da sie für mich zumindest im Art déco stimmige Bilder abgaben.