06.11.2010 - 10:28 Uhr
Profumo
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Profumo
Top Rezension
22
Eine Alu-Schüssel voller Obstsalat
Auf dem Weg vom Mainstream-Markt zu den Nischen-Produkten stolpert vermutlich jeder einmal über die Produkte der Firma Creed. Meist wird diesen in besser sortierten Parfümerien ein prominenter Platz zugewiesen, und die Damen und Herren der Zunft sind schnell mit einem Fläschchen zur Hand, haben sie einen unwissenden und unsicheren Kunden vor sich. Die ach-so-adelige Kundschaft, die schon vor Jahrhunderten diese Kostbarkeiten geordert haben soll (lauter Kaiserinnen und Könige, sogar Napoleon!), und die Creed nicht müde wird selbst bei der kleinsten Probe zu Werbezwecken zu bemühen, diese Hochwohlgeborenschaft tut ihr Übriges – Adel ist ja momentan schwer ‚in’ – und man muss als Neuankömmling im weiten Kosmos der ‚Haute Parfumerie’ schon ein stark ausgeprägtes republikanisches Bewusstsein haben, um diesen ‚Fournisseur de Soundso’ – Quatsch nicht auf den Leim zu gehen.
Ich gebe zu, ich bin ihm auf den Leim gegangen, wie so viele. Ich habe tatsächlich geglaubt, dass der gute alte Franz Joseph, nebst seiner Sissi, das Königin Victoria, aber auch Frank Sinatra, Audrey Hepburn, Marlene Dietrich, Errol Flynn, Paul Newman und, und, und diese Düfte getragen haben sollen. Ja, ich habe auch geglaubt, dass einige dieser Düfte angeblich schon vor so unglaublich langer Zeit kreiert wurden – z.B. Bois du Portugal (1806) und Royal English Leather (1781). All diesen - wie sich später herausstellen sollte - Blödsinn habe ich Glauben geschenkt, habe mich blenden lassen und war überzeugt den Gipfel der edelsten Parfumkunst erklommen zu haben.
Was sollte ich später nicht noch alles entdecken, dass diesen so erhaben geglaubten Gipfel ganz schön schleifte - so sehr, dass kaum mehr ein Hügelchen übrig blieb.
Aber ich möchte nicht ungerecht sein, und so sehr mich heute dieses royale Getue auch abstößt, muss ich doch ehrlicherweise zugeben, dass ich von meinen einstmals sicher 10 oder 12 Creed-Düften drei behalten habe – den Rest habe ich verkauft, ohne es je bereut zu haben.
Zu diesen dreien: Ambre Canelle, Angelique Encens und Acier Aluminium, stehe ich noch heute. Letzterer ist derjenige dieses Trios, den ich am längsten und konstantesten getragen habe, bzw. noch immer trage, und ich muss sagen: er gefällt mir auch heute noch, nach Jahren, ebenso gut.
Acier Aluminium ist ein eigenwilliger, ein unorthodoxer Duft und ein gefälliger zugleich. Auf einer voluminösen Basis von süchtig-machender, delikater grauer Ambra (nicht zu verwechseln mit dem allseits beliebten Hippie-Shop-Amber, ohne den heute kaum ein orientalisches Parfum auskommt) und leichten, etwas rauchigen Harzen, entwickeln bitter-herbe Fruchtaromen ihre Wirkung, durchzogen von feinen, unaufdringlichen Gewürzen und erfrischt von einem Spritzer Zitrone. Vor allem die Kombination von grauer Ambra und den Fruchtaromen (herber Pfirsich, Birne und vielleicht eine Spur Banane) ist es, die diesen Duft für mich zu einer besonderen Kreation macht. Mich erinnert er häufig an einen klassischen Limettencocktail, ohne Beeren, Mango, Ananas, Minze und dem ganzen Gedöns, stattdessen mit einem dezenten Salzrand – eine einfache Margarita!
Aber das ist nur eine Assoziation, meine Assoziation. Denn der Duft hat gar nichts Salziges an sich, und ebenso wenig Säuerliches. Nur diese unsüßen Fruchtaromen, gepaart mit einem leicht metallischen Beiklang, verleiten mich zu diesem Bild.
Warum dieser Duft seinen Namen trägt (Acier: Stahl), erschließt sich mir nicht restlos. Von besagter metallischer Note, die Acier Aluminium dezent durchzieht, einmal abgesehen, hat dieser Duft überhaupt nichts Stählernes oder Aluminium-artig Stumpfes an sich. Auch nichts übermäßig Kaltes, obwohl er weit entfernt von einem warmen Kuschelduft ist.
Na ja, vielleicht doch: eine gewisse Kühle ist ihm schon zu Eigen - aber keine Kälte. Vielmehr eine kühle Eleganz à la Catherine Deneuve – ihr würde er ausgezeichnet stehen!
Überhaupt finde ich diesen Duft nicht wirklich maskulin, zumindest nicht derart, dass Frauen, die auf der Suche nach einem delikaten, herb-fruchtigen und eleganten Duft sind, diesen nicht mit größtem Erfolg tragen könnten.
So hatte eine Freundin von mir sich diesen Duft gekauft, nachdem er ihr an mir so gut gefiel – und ich muss sagen, wenn er an mir genauso gut roch wie an ihr, dann hat Creed da wirklich etwas Stilvolles und Schönes zusammengebraut! An ihr – meiner Freundin – habe ich auch feststellen können, dass Acier Aluminium eine sehr schöne Sillage und Haltbarkeit besitzt: stundenlang umwehte sie ein unaufdringlicher und delikater Hauch dieses Duftes, dessen Präsenz zwar deutlich, aber nicht übergriffig ist – er raubt Anderen nicht die Luft zum Atmen.
Ein etwas ähnlicher Duft ist übrigens L´Anarchist von Caron, allerdings ist dieser strohiger und nicht ganz so fruchtig, mit einer guten Portion Moschus in der Basis, statt der Creed´schen grauen Ambra. Ansonsten aber charakterisiert beide ein recht ähnlicher Fruchtakkord, und dessen Zusammenspiel mit einem kühlen, metallischen Ton.
Dass Acier Aluminium 1973 erschienen sein soll, verwundert mich etwas – dieser Duft passt nämlich so gar nicht in die Welt der damaligen Herrenparfümerie, welche das Aufkommen der aromatischen Fougères feierte – z.B. Paco Rabanne und Azzaro pour Homme - , aber ebenso wenig zu den Kreationen für Damen jener Zeit, die häufig Patchouli-beladen, oder überaus floral, oder als grüne Chypres daherkamen – man denke nur an Aromatics Elixier, Rive Gauche und Cristalle.
Nein, Acier Aluminium wirkt seltsam unzeitgemäß zwischen all diesen berühmten Zeitgenossen – irgendwie moderner. Er könnte durchaus ein ganz aktueller Duft sein; andererseits aber auch wieder ein altmodischer, so als sei er schon viel früher entstanden: in den Vierzigern, oder frühen Fünfzigern vielleicht.
Aber sei´s drum. Die Angaben, die Creed macht, hinsichtlich Entstehungsdatum des Duftes und welcher ‚Celebrity’ ihn getragen haben soll, diese Angaben sind mit Vorsicht zu genießen.
Aber im Grunde sind sie auch vollkommen egal – Hauptsache der Duft ist gut. Und dieser ist gut!
Für ihn verzeihe ich Creed sogar manchen schwer zu ertragenden Snobismus.
Ich gebe zu, ich bin ihm auf den Leim gegangen, wie so viele. Ich habe tatsächlich geglaubt, dass der gute alte Franz Joseph, nebst seiner Sissi, das Königin Victoria, aber auch Frank Sinatra, Audrey Hepburn, Marlene Dietrich, Errol Flynn, Paul Newman und, und, und diese Düfte getragen haben sollen. Ja, ich habe auch geglaubt, dass einige dieser Düfte angeblich schon vor so unglaublich langer Zeit kreiert wurden – z.B. Bois du Portugal (1806) und Royal English Leather (1781). All diesen - wie sich später herausstellen sollte - Blödsinn habe ich Glauben geschenkt, habe mich blenden lassen und war überzeugt den Gipfel der edelsten Parfumkunst erklommen zu haben.
Was sollte ich später nicht noch alles entdecken, dass diesen so erhaben geglaubten Gipfel ganz schön schleifte - so sehr, dass kaum mehr ein Hügelchen übrig blieb.
Aber ich möchte nicht ungerecht sein, und so sehr mich heute dieses royale Getue auch abstößt, muss ich doch ehrlicherweise zugeben, dass ich von meinen einstmals sicher 10 oder 12 Creed-Düften drei behalten habe – den Rest habe ich verkauft, ohne es je bereut zu haben.
Zu diesen dreien: Ambre Canelle, Angelique Encens und Acier Aluminium, stehe ich noch heute. Letzterer ist derjenige dieses Trios, den ich am längsten und konstantesten getragen habe, bzw. noch immer trage, und ich muss sagen: er gefällt mir auch heute noch, nach Jahren, ebenso gut.
Acier Aluminium ist ein eigenwilliger, ein unorthodoxer Duft und ein gefälliger zugleich. Auf einer voluminösen Basis von süchtig-machender, delikater grauer Ambra (nicht zu verwechseln mit dem allseits beliebten Hippie-Shop-Amber, ohne den heute kaum ein orientalisches Parfum auskommt) und leichten, etwas rauchigen Harzen, entwickeln bitter-herbe Fruchtaromen ihre Wirkung, durchzogen von feinen, unaufdringlichen Gewürzen und erfrischt von einem Spritzer Zitrone. Vor allem die Kombination von grauer Ambra und den Fruchtaromen (herber Pfirsich, Birne und vielleicht eine Spur Banane) ist es, die diesen Duft für mich zu einer besonderen Kreation macht. Mich erinnert er häufig an einen klassischen Limettencocktail, ohne Beeren, Mango, Ananas, Minze und dem ganzen Gedöns, stattdessen mit einem dezenten Salzrand – eine einfache Margarita!
Aber das ist nur eine Assoziation, meine Assoziation. Denn der Duft hat gar nichts Salziges an sich, und ebenso wenig Säuerliches. Nur diese unsüßen Fruchtaromen, gepaart mit einem leicht metallischen Beiklang, verleiten mich zu diesem Bild.
Warum dieser Duft seinen Namen trägt (Acier: Stahl), erschließt sich mir nicht restlos. Von besagter metallischer Note, die Acier Aluminium dezent durchzieht, einmal abgesehen, hat dieser Duft überhaupt nichts Stählernes oder Aluminium-artig Stumpfes an sich. Auch nichts übermäßig Kaltes, obwohl er weit entfernt von einem warmen Kuschelduft ist.
Na ja, vielleicht doch: eine gewisse Kühle ist ihm schon zu Eigen - aber keine Kälte. Vielmehr eine kühle Eleganz à la Catherine Deneuve – ihr würde er ausgezeichnet stehen!
Überhaupt finde ich diesen Duft nicht wirklich maskulin, zumindest nicht derart, dass Frauen, die auf der Suche nach einem delikaten, herb-fruchtigen und eleganten Duft sind, diesen nicht mit größtem Erfolg tragen könnten.
So hatte eine Freundin von mir sich diesen Duft gekauft, nachdem er ihr an mir so gut gefiel – und ich muss sagen, wenn er an mir genauso gut roch wie an ihr, dann hat Creed da wirklich etwas Stilvolles und Schönes zusammengebraut! An ihr – meiner Freundin – habe ich auch feststellen können, dass Acier Aluminium eine sehr schöne Sillage und Haltbarkeit besitzt: stundenlang umwehte sie ein unaufdringlicher und delikater Hauch dieses Duftes, dessen Präsenz zwar deutlich, aber nicht übergriffig ist – er raubt Anderen nicht die Luft zum Atmen.
Ein etwas ähnlicher Duft ist übrigens L´Anarchist von Caron, allerdings ist dieser strohiger und nicht ganz so fruchtig, mit einer guten Portion Moschus in der Basis, statt der Creed´schen grauen Ambra. Ansonsten aber charakterisiert beide ein recht ähnlicher Fruchtakkord, und dessen Zusammenspiel mit einem kühlen, metallischen Ton.
Dass Acier Aluminium 1973 erschienen sein soll, verwundert mich etwas – dieser Duft passt nämlich so gar nicht in die Welt der damaligen Herrenparfümerie, welche das Aufkommen der aromatischen Fougères feierte – z.B. Paco Rabanne und Azzaro pour Homme - , aber ebenso wenig zu den Kreationen für Damen jener Zeit, die häufig Patchouli-beladen, oder überaus floral, oder als grüne Chypres daherkamen – man denke nur an Aromatics Elixier, Rive Gauche und Cristalle.
Nein, Acier Aluminium wirkt seltsam unzeitgemäß zwischen all diesen berühmten Zeitgenossen – irgendwie moderner. Er könnte durchaus ein ganz aktueller Duft sein; andererseits aber auch wieder ein altmodischer, so als sei er schon viel früher entstanden: in den Vierzigern, oder frühen Fünfzigern vielleicht.
Aber sei´s drum. Die Angaben, die Creed macht, hinsichtlich Entstehungsdatum des Duftes und welcher ‚Celebrity’ ihn getragen haben soll, diese Angaben sind mit Vorsicht zu genießen.
Aber im Grunde sind sie auch vollkommen egal – Hauptsache der Duft ist gut. Und dieser ist gut!
Für ihn verzeihe ich Creed sogar manchen schwer zu ertragenden Snobismus.
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