06.12.2015 - 14:19 Uhr

Meggi
1019 Rezensionen

Meggi
Top Rezension
42
Die Weihrauchblumen-Mission
Professor Dr. sonst.was Meggi war einige Schritte vor dem hohen Portal stehen geblieben. Das war er nun, der sagenhafte Tempel der verborgenen Dinge. Ob er darin fündig werden würde? Sein Neffe hatte neuerdings eine fixe Idee von einer Weihrauch-Blume. Und als erfahrener Abenteurer lässt man sich die Suche nach einem Mysterium schließlich nicht zweimal dezent nahelegen.
„Herzlich willkommen!“, sagte eine Stimme und aus dem Schatten der Türöffnung schritt ein Priester in wallendem Ornat heran. „Herzlich willkommen im Tempel der verborgenen Dinge. Allein die, die wahrhaftig suchen, können uns finden. Treten Sie ein.“
Im Inneren fielen zunächst zahlreiche hohe Regale auf, dicht an dicht gefüllt mit dicken Aktenordnern. Das weckte sogleich die Neugier des Professors und er deutete darauf: „Was verbergen Sie denn da an Unterlagen?“
„Ach, die unterschiedlichsten Dinge. Dort zum Beispiel stehen die Nebenkostenabrechnungen von Atlantis. Der gesamte vordere Bereich ist damit belegt. Unser zweitgrößter Posten.“
„Und der größte?“
„Die Spesen-Quittungen von Kardinal Tarcisio Bertone. Die sind alle bei uns archiviert. Was meinen Sie, weshalb der Vatikan das Gerücht von den verschollenen Akten in die Welt gesetzt hat? Die hatten keine Lust, über Perlmutt-Luxus-Klos zu diskutieren wie die Limburger. Jetzt bitte hier entlang, wir wollen die Weisen von Zion nicht stören! Seit gut hundert Jahren blockieren die unser größtes Bernsteinzimmer, hängen da in wechselnder Besetzung rum und protokollieren irgendwas. Aber die werden und werden nicht fertig. Nach denen hat bestimmt seit siebzig Jahren keiner mehr gefragt. Und seien Sie da vorne um Himmels willen vorsichtig mit den Bundesladen. Nicht anfassen, das mögen die gar nicht. Wir wissen schlichtweg nicht, wohin mit den ganzen Dingern.“
„Wurde und wird danach nicht seit Tausenden Jahren gesucht? Warum gelangen die Leute dafür nicht zu Ihnen?“
„Die meisten Leute suchen nicht das, was sie wollen. Die glauben bloß, dass sie etwas suchen wollen müssten. Oder sie suchen eine Sache nicht als Zweck, sondern als Mittel. Solche finden uns nicht. Wir kriegen das sehr schnell raus; wir wissen, was die Leute wirklich wollen.“
„Dann…wissen Sie bereits, was ich suche?“
„Natürlich. Sie suchen nach…der Weihrauchblume, und zwar - wie nett! - für jemand anderen.“
„Stimmt!“
„Und für sich selbst suchen Sie…einen Moment…nach…ääääh…geilen, knalligen Düften!“
„Ich bin beeindruckt…“
„Hmmm…. An Ihrem Denkabular könnten Sie bei Gelegenheit arbeiten, aber immerhin wissen Sie, was Sie wollen….“
„Und…nun?“
„Keine Chance. Die Weihrauchblume gibt es nicht. Wir können keine Wunder bewirken. Wir hatten schon Leute da, die nach originellen Creeds gefragt haben - einfach lächerlich. Leider können wir Ihrem Neffen nicht helfen. Und für Sie haben wir Nichts.“
„Wie…nichts?“
„Genau: Nichts.“ Der Priester kramte in einer Schublade. Nach wenigen Augenblicken zog er eine kleine Flasche hervor. „Hier: Nichts. Präziser: Hammerhartes Weihrauch-Nichts. Im Originalsprech ‚ Rien Intense Incense‘ genannt. Eher geeignet als das normale ‚Rien‘, zumindest speziell für Sie. Also, besser als Nichts, könnte man sagen, höhö. Probieren Sie!“
Sogar der behemoth-furz-gestählte Professor musste husten. Der beißende Geruch frischen Asphalts bohrte sich in sein Riechorgan einschließlich sämtlicher Nebenhöhlen. Dazu heller, kalter Weihrauch.
„Jaha, das hat ordentlich Schmackes, das Zeug! Ich weiß. Kommt einem vor, als müsse man sich durch eine frisch geteerte Straße wühlen, nicht wahr? So geht’s üblicherweise nur den Jungs von den Stadtwerken, denen stets ein paar Sekunden nach Ende der Tiefbau-Arbeiten einfällt, sie müssten noch mal flugs an die Gasleitung ran.“
„Ich beschwere mich doch überhaupt nicht!“
„Ich weiß. Warten Sie die metallische Note nach ungefähr einer Stunde ab. Die piekt erst richtig rein.“
„Ich habe Erfahrung mit brutalem Kreuzkümmel.“
„Ich weiß. Ab der dritten Stunde bekommen Sie es mit Leder zu tun. Es wird Ihnen, allemal im Vergleich, überraschend sanft und veilchen-halspastillig scheinen. Nachmittags gibt es finster-teeriges, verrauchtes Leder mit nur noch einer Idee Halspastille. Eichenmoos- oder johannisbeerkrautgrün-verkratzt, nahe der Boshaftigkeit. Zistrose wird eine Idee Milde beisteuern, die Herr Tauer nicht schmerzlicher herbeisehnen könnte. Nach der Rose werden Sie vergeblich suchen. Belassen Sie es bei einer diffusen floral-fruchtigen Note, die alles Mögliche sein mag - na gut, meinetwegen auch Rose. Gegen Abend werden Sie von einer Schuhcreme-Attitüde verblüfft. Derb-ledrig ballert es daneben weiter, an Knize Ten werden Sie sich von Ferne erinnert fühlen. Sie werden sich über den Duft nicht beschweren.“
„Ich weiß.“
Als der Professor den Tempel verließ, fiel ihm auf, was gefehlt hatte. Er hatte den Heiligen Gral nicht gesehen. Wie seltsam. Na ja, vielleicht ließen den gerade diese Weisen kreisen. „Macht nix“, dachte er, „dieses sogenannte ‚Nichts‘ ist jedenfalls nach meinem Geschmack.“
„Herzlich willkommen!“, sagte eine Stimme und aus dem Schatten der Türöffnung schritt ein Priester in wallendem Ornat heran. „Herzlich willkommen im Tempel der verborgenen Dinge. Allein die, die wahrhaftig suchen, können uns finden. Treten Sie ein.“
Im Inneren fielen zunächst zahlreiche hohe Regale auf, dicht an dicht gefüllt mit dicken Aktenordnern. Das weckte sogleich die Neugier des Professors und er deutete darauf: „Was verbergen Sie denn da an Unterlagen?“
„Ach, die unterschiedlichsten Dinge. Dort zum Beispiel stehen die Nebenkostenabrechnungen von Atlantis. Der gesamte vordere Bereich ist damit belegt. Unser zweitgrößter Posten.“
„Und der größte?“
„Die Spesen-Quittungen von Kardinal Tarcisio Bertone. Die sind alle bei uns archiviert. Was meinen Sie, weshalb der Vatikan das Gerücht von den verschollenen Akten in die Welt gesetzt hat? Die hatten keine Lust, über Perlmutt-Luxus-Klos zu diskutieren wie die Limburger. Jetzt bitte hier entlang, wir wollen die Weisen von Zion nicht stören! Seit gut hundert Jahren blockieren die unser größtes Bernsteinzimmer, hängen da in wechselnder Besetzung rum und protokollieren irgendwas. Aber die werden und werden nicht fertig. Nach denen hat bestimmt seit siebzig Jahren keiner mehr gefragt. Und seien Sie da vorne um Himmels willen vorsichtig mit den Bundesladen. Nicht anfassen, das mögen die gar nicht. Wir wissen schlichtweg nicht, wohin mit den ganzen Dingern.“
„Wurde und wird danach nicht seit Tausenden Jahren gesucht? Warum gelangen die Leute dafür nicht zu Ihnen?“
„Die meisten Leute suchen nicht das, was sie wollen. Die glauben bloß, dass sie etwas suchen wollen müssten. Oder sie suchen eine Sache nicht als Zweck, sondern als Mittel. Solche finden uns nicht. Wir kriegen das sehr schnell raus; wir wissen, was die Leute wirklich wollen.“
„Dann…wissen Sie bereits, was ich suche?“
„Natürlich. Sie suchen nach…der Weihrauchblume, und zwar - wie nett! - für jemand anderen.“
„Stimmt!“
„Und für sich selbst suchen Sie…einen Moment…nach…ääääh…geilen, knalligen Düften!“
„Ich bin beeindruckt…“
„Hmmm…. An Ihrem Denkabular könnten Sie bei Gelegenheit arbeiten, aber immerhin wissen Sie, was Sie wollen….“
„Und…nun?“
„Keine Chance. Die Weihrauchblume gibt es nicht. Wir können keine Wunder bewirken. Wir hatten schon Leute da, die nach originellen Creeds gefragt haben - einfach lächerlich. Leider können wir Ihrem Neffen nicht helfen. Und für Sie haben wir Nichts.“
„Wie…nichts?“
„Genau: Nichts.“ Der Priester kramte in einer Schublade. Nach wenigen Augenblicken zog er eine kleine Flasche hervor. „Hier: Nichts. Präziser: Hammerhartes Weihrauch-Nichts. Im Originalsprech ‚ Rien Intense Incense‘ genannt. Eher geeignet als das normale ‚Rien‘, zumindest speziell für Sie. Also, besser als Nichts, könnte man sagen, höhö. Probieren Sie!“
Sogar der behemoth-furz-gestählte Professor musste husten. Der beißende Geruch frischen Asphalts bohrte sich in sein Riechorgan einschließlich sämtlicher Nebenhöhlen. Dazu heller, kalter Weihrauch.
„Jaha, das hat ordentlich Schmackes, das Zeug! Ich weiß. Kommt einem vor, als müsse man sich durch eine frisch geteerte Straße wühlen, nicht wahr? So geht’s üblicherweise nur den Jungs von den Stadtwerken, denen stets ein paar Sekunden nach Ende der Tiefbau-Arbeiten einfällt, sie müssten noch mal flugs an die Gasleitung ran.“
„Ich beschwere mich doch überhaupt nicht!“
„Ich weiß. Warten Sie die metallische Note nach ungefähr einer Stunde ab. Die piekt erst richtig rein.“
„Ich habe Erfahrung mit brutalem Kreuzkümmel.“
„Ich weiß. Ab der dritten Stunde bekommen Sie es mit Leder zu tun. Es wird Ihnen, allemal im Vergleich, überraschend sanft und veilchen-halspastillig scheinen. Nachmittags gibt es finster-teeriges, verrauchtes Leder mit nur noch einer Idee Halspastille. Eichenmoos- oder johannisbeerkrautgrün-verkratzt, nahe der Boshaftigkeit. Zistrose wird eine Idee Milde beisteuern, die Herr Tauer nicht schmerzlicher herbeisehnen könnte. Nach der Rose werden Sie vergeblich suchen. Belassen Sie es bei einer diffusen floral-fruchtigen Note, die alles Mögliche sein mag - na gut, meinetwegen auch Rose. Gegen Abend werden Sie von einer Schuhcreme-Attitüde verblüfft. Derb-ledrig ballert es daneben weiter, an Knize Ten werden Sie sich von Ferne erinnert fühlen. Sie werden sich über den Duft nicht beschweren.“
„Ich weiß.“
Als der Professor den Tempel verließ, fiel ihm auf, was gefehlt hatte. Er hatte den Heiligen Gral nicht gesehen. Wie seltsam. Na ja, vielleicht ließen den gerade diese Weisen kreisen. „Macht nix“, dachte er, „dieses sogenannte ‚Nichts‘ ist jedenfalls nach meinem Geschmack.“
16 Antworten