11.05.2016 - 14:43 Uhr
Meggi
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Meggi
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20
Sie schießen sich langsam ein
Ich verabscheue Dienstreisen. Meine letzte führte mich nach München und noch am selben Tag zurück. Zum Glück. Nix gegen München, aber ein anständiger Familienvater gehört abends nach Hause. Die Reisen zu unseren Messen (Jahre her), zusammen mit fast allen Kollegen, das war ein anderer Schnack. Doch allein unterwegs irgendwo da draußen… Nein, danke. Wir haben uns stattdessen vorgenommen, München mal als Familie zu bereisen.
Einige liebe Parfumas/-os hatten mir seinerzeit für die abzusehende Pause bis zum Rückflug einen Abstecher zu Brückner empfohlen. Ein schöner Laden, vernünftig testen konnte ich Isos freilich nicht mit je ein paar raschen Sprühern links und rechts und dann ab zum Flughafen. Umso mehr habe ich mich gefreut, ihn jetzt ausführlich probieren zu können – vielen Dank dafür an Tiara!
Isos ist ein seltsamer Duft und es wundert mich im Rückblick nicht, dass ich beim Schnell-Test damit nichts anfangen konnte. Er zeigt diverse Facetten, die, obwohl eng verwoben, gleichsam hin- und herwabern – und das gilt für unterschiedliche Test-Tage ebenso wie für die Eindrücke innerhalb eines Tages. Mithin sind die folgenden Ausführungen eher als tastende Darstellung von Aspekten zu verstehen denn als Chronik eines stringenten Duftverlaufs.
Den Auftakt bildet ein flinker Eindruck von Elemi, komplett aus dem Sakralen geholt durch Beigabe von Gewürzen und unterschwellig-feurigem Rauchwerk (Kokel-Myrrhe; siehe ‚Arso‘ von Profumum Roma). Der Hersteller spricht in Sachen Gewürz von Pfeffer, doch andere sind nicht minder glaubhaft, bis hin zu einer metallischen und folglich gänzlich unschwitzigen Cumin-Note. Am zweiten Test-Tag kam mir außerdem bald nach dem Auftragen ein Gedanke an wässriges Nadelholz, das mich mit seinem Anflug holziger Synthetik an ‚In the Woods‘ von eSENSielle erinnert. Von Minze habe ich kaum was bemerkt, höchstens einen frischen Hauch. Die Gewürznelke wäre auch zurückhaltend gewesen, die kann ja viel schlimmer.
Wie komme ich überhaupt auf Minze und Gewürznelke? Die standen hier in der Pyramide, laut Parfumo-Research eine direkt von der Hersteller-Seite entnommene Angabe. Dazu später mehr.
Im Untergrund bildet sich im Laufe einer halben Stunde ein Eindruck von warmer Milch mit einer Spur Honig, der sich während der ersten Stunde wieder zurückzieht. Die Milch geht, der…Dill(!?!) kommt. In der Phase gemeinsamen Wirkens grüßt ‚Nero‘ aus demselben Haus. Dill trifft es gleichwohl nicht allein. Meine Lieblingskollegin als erfahrene Köchin kam zusätzlich auf Estragon. Plausibel. Der grüne Pfeffer als Hersteller-Ansage wäre im vorliegenden Fall eher aromatisch als scharf. Parallel bildet sich zudem insgeheim unter den Gewürz-und-Küchenkräuter-Nebelkerzen sukzessive als zweites Standbein ein Holz-Rauch-Duft.
‚Nebelkerzen‘ ist nun das Stichwort. Wie bereits oben erwähnt, wurden die Duftnoten-Angaben vom Hersteller runderneuert. Die vorige Version lautete:
Kopfnote - Gewürznelke, Minze
Herznote - Myrrhe, Madagaskar-Pfeffer
Basisnote - Wacholder, Zedernholz, Vetiver
Sowohl Variante 1 wie Variante 2 verrät allenfalls einen Bruchteil des Geschehens. Offenbar schießen sich die Farmacias langsam ein und beim nächsten Pyramiden-Versuch passt es vielleicht noch etwas besser. Oder das Ganze soll als planvolle Verwirrung die Idee zum Duft unterstreichen - siehe Fazit.
Nach zwei Stunden wird das Gewürz moschus-gesalbt. Sauberer, weißer Moschus auf Dill und Estragon. Die Zeder wirkt dadurch ihrerseits geradezu cremig. Ich habe den Verdacht, dass der vermeintliche Dill-Süße-Anklang eine Laborholz-Abkunft hat. Darunter schwelt unverändert die Holz-Rauch-Note, kaum spürbar.
Darüber hinaus kommt mir Immortelle in den Sinn. Lange habe ich daran herumgerätselt und mich sogar mit Palonera als hochgeschätzter Vor-Kommentatorin beraten. Sie äußerte an der Immortelle-Theorie erhebliche Zweifel, jedenfalls im Hinblick auf eine tatsächliche Anwesenheit. Wahrscheinlich hat sie recht und ich vermute, dass ich auf eine Kombination aus Kraut bzw. Gewürz und dem sacht-bissigen Untergrund hereingefallen bin. Trotzdem halte ich am entsprechenden Duft-Bild fest – Privileg des persönlichen Empfindens. Für das Rätseln hatte ich übrigens jede Menge Zeit, weil sich besagter Dreh stundenlang hält. Der Anis-Hypothese unserer Kollegin schließe ich mich hingegen uneingeschränkt an.
In der achten Stunde verabschiedet sich Isos in einer milde moschus-umhüllten, rest-anis-gewürzten, angesüßten, dennoch kratzigen Holznote, die ich – warum auch immer – als ‚rötlich‘ bezeichnen würde, wärmer als Zeder und Wacholder allein, aber gewiss unter Beteiligung der beiden sowie unter tätiger Mitwirkung eines Chemikers entstanden.
Fazit: Es wäre übertrieben, Isos einen erratischen Gemischtwaren-Laden zu nennen. Und ungerecht wäre das obendrein, laut Hersteller sollen nämlich gerade Erinnerungen an Aromen und Gerüche aus fernen Ländern dargestellt sein. Etwas wirr finde ich den Duft allerdings schon.
Einige liebe Parfumas/-os hatten mir seinerzeit für die abzusehende Pause bis zum Rückflug einen Abstecher zu Brückner empfohlen. Ein schöner Laden, vernünftig testen konnte ich Isos freilich nicht mit je ein paar raschen Sprühern links und rechts und dann ab zum Flughafen. Umso mehr habe ich mich gefreut, ihn jetzt ausführlich probieren zu können – vielen Dank dafür an Tiara!
Isos ist ein seltsamer Duft und es wundert mich im Rückblick nicht, dass ich beim Schnell-Test damit nichts anfangen konnte. Er zeigt diverse Facetten, die, obwohl eng verwoben, gleichsam hin- und herwabern – und das gilt für unterschiedliche Test-Tage ebenso wie für die Eindrücke innerhalb eines Tages. Mithin sind die folgenden Ausführungen eher als tastende Darstellung von Aspekten zu verstehen denn als Chronik eines stringenten Duftverlaufs.
Den Auftakt bildet ein flinker Eindruck von Elemi, komplett aus dem Sakralen geholt durch Beigabe von Gewürzen und unterschwellig-feurigem Rauchwerk (Kokel-Myrrhe; siehe ‚Arso‘ von Profumum Roma). Der Hersteller spricht in Sachen Gewürz von Pfeffer, doch andere sind nicht minder glaubhaft, bis hin zu einer metallischen und folglich gänzlich unschwitzigen Cumin-Note. Am zweiten Test-Tag kam mir außerdem bald nach dem Auftragen ein Gedanke an wässriges Nadelholz, das mich mit seinem Anflug holziger Synthetik an ‚In the Woods‘ von eSENSielle erinnert. Von Minze habe ich kaum was bemerkt, höchstens einen frischen Hauch. Die Gewürznelke wäre auch zurückhaltend gewesen, die kann ja viel schlimmer.
Wie komme ich überhaupt auf Minze und Gewürznelke? Die standen hier in der Pyramide, laut Parfumo-Research eine direkt von der Hersteller-Seite entnommene Angabe. Dazu später mehr.
Im Untergrund bildet sich im Laufe einer halben Stunde ein Eindruck von warmer Milch mit einer Spur Honig, der sich während der ersten Stunde wieder zurückzieht. Die Milch geht, der…Dill(!?!) kommt. In der Phase gemeinsamen Wirkens grüßt ‚Nero‘ aus demselben Haus. Dill trifft es gleichwohl nicht allein. Meine Lieblingskollegin als erfahrene Köchin kam zusätzlich auf Estragon. Plausibel. Der grüne Pfeffer als Hersteller-Ansage wäre im vorliegenden Fall eher aromatisch als scharf. Parallel bildet sich zudem insgeheim unter den Gewürz-und-Küchenkräuter-Nebelkerzen sukzessive als zweites Standbein ein Holz-Rauch-Duft.
‚Nebelkerzen‘ ist nun das Stichwort. Wie bereits oben erwähnt, wurden die Duftnoten-Angaben vom Hersteller runderneuert. Die vorige Version lautete:
Kopfnote - Gewürznelke, Minze
Herznote - Myrrhe, Madagaskar-Pfeffer
Basisnote - Wacholder, Zedernholz, Vetiver
Sowohl Variante 1 wie Variante 2 verrät allenfalls einen Bruchteil des Geschehens. Offenbar schießen sich die Farmacias langsam ein und beim nächsten Pyramiden-Versuch passt es vielleicht noch etwas besser. Oder das Ganze soll als planvolle Verwirrung die Idee zum Duft unterstreichen - siehe Fazit.
Nach zwei Stunden wird das Gewürz moschus-gesalbt. Sauberer, weißer Moschus auf Dill und Estragon. Die Zeder wirkt dadurch ihrerseits geradezu cremig. Ich habe den Verdacht, dass der vermeintliche Dill-Süße-Anklang eine Laborholz-Abkunft hat. Darunter schwelt unverändert die Holz-Rauch-Note, kaum spürbar.
Darüber hinaus kommt mir Immortelle in den Sinn. Lange habe ich daran herumgerätselt und mich sogar mit Palonera als hochgeschätzter Vor-Kommentatorin beraten. Sie äußerte an der Immortelle-Theorie erhebliche Zweifel, jedenfalls im Hinblick auf eine tatsächliche Anwesenheit. Wahrscheinlich hat sie recht und ich vermute, dass ich auf eine Kombination aus Kraut bzw. Gewürz und dem sacht-bissigen Untergrund hereingefallen bin. Trotzdem halte ich am entsprechenden Duft-Bild fest – Privileg des persönlichen Empfindens. Für das Rätseln hatte ich übrigens jede Menge Zeit, weil sich besagter Dreh stundenlang hält. Der Anis-Hypothese unserer Kollegin schließe ich mich hingegen uneingeschränkt an.
In der achten Stunde verabschiedet sich Isos in einer milde moschus-umhüllten, rest-anis-gewürzten, angesüßten, dennoch kratzigen Holznote, die ich – warum auch immer – als ‚rötlich‘ bezeichnen würde, wärmer als Zeder und Wacholder allein, aber gewiss unter Beteiligung der beiden sowie unter tätiger Mitwirkung eines Chemikers entstanden.
Fazit: Es wäre übertrieben, Isos einen erratischen Gemischtwaren-Laden zu nennen. Und ungerecht wäre das obendrein, laut Hersteller sollen nämlich gerade Erinnerungen an Aromen und Gerüche aus fernen Ländern dargestellt sein. Etwas wirr finde ich den Duft allerdings schon.
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