Man Pure 1981 Eau de Toilette

Man Pure (Eau de Toilette) von Jil Sander
Flakondesign Peter Schmidt
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8.5 / 10 228 Bewertungen
Ein beliebtes Parfum von Jil Sander für Herren, erschienen im Jahr 1981. Der Duft ist würzig-holzig. Die Haltbarkeit ist überdurchschnittlich. Die Produktion wurde offenbar eingestellt.
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Duftrichtung

Würzig
Holzig
Ledrig
Animalisch
Erdig

Duftpyramide

Kopfnote Kopfnote
BasilikumBasilikum MuskatellersalbeiMuskatellersalbei OreganoOregano ZitroneZitrone
Herznote Herznote
GartennelkeGartennelke RosengeranieRosengeranie PatchouliPatchouli ZimtZimt
Basisnote Basisnote
EichenmoosEichenmoos LabdanumLabdanum BibergeilBibergeil MuskatMuskat ZedernholzZedernholz

Parfümeur

Bewertungen
Duft
8.5228 Bewertungen
Haltbarkeit
8.5183 Bewertungen
Sillage
7.9189 Bewertungen
Flakon
7.8195 Bewertungen
Preis-Leistungs-Verhältnis
7.336 Bewertungen
Eingetragen von Megantic, letzte Aktualisierung am 14.02.2024.

Rezensionen

27 ausführliche Duftbeschreibungen
10
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
10
Duft
Can777

240 Rezensionen
Can777
Can777
Top Rezension 45  
Die Ästhetik des Nichts
Der perfekte Schnitt. Silhouetten. Scharf und weich zugleich. Die Kunst des Minimalismus. Die Perfektion der Schlichtheit im Vollendung. Keiner beherrschte es so wie Jil Sander. Sie machte aus wenig sehr viel. Die Mode die sie erschuf war für Frauen und Männer mit Selbstbewusstsein und Charakterstärke die ihre Kreationen ausfüllten mit ihren eigenen Ich. Clean,pur und schlicht. Wenn auch ihre Mode dem Minimalismus sehr gleich kam,so waren es ihre Parfums nicht immer. Ihre Parfums waren nicht dazu gedacht ihre Mode zu unterstreichen,sondern die Trägerin oder den Träger selbst. Im Kosmos der Sander waren schon immer Frauen und Männer gleichermaßen in
Selbstbewusstsein,Charakterstärke und Stil gleichgestellt. Was sie für die Frauen tat,tat sie auch gleichermaßen für die Männer. So erschuf sie 1981 Jil Sander Man Pure. Also nahm sie Maß am Mann und kreierte ihn eine Aura aus perfekten Molekülen. Die Moleküle der puren Männlichkeit,Souveränität und Eleganz. Jil Sander Man Pure

Der Duft
So augenscheinlich kühl und distanziert wie Jil Sanders Mode beginnt auch der Duft. Kühle und fast schon etwas statisch wirkende mediterrane Kräuter eröffnen die Kopfnote. Leicht zitrisch unterlegt und metallisch-herb. Vergleichbar mit einem präzisen,scharfen Scherenschnitt durch Stoff. Floralen und würzige Noten fügen sich hinzu. Maßgeblich Nelke und Rosengeranie. Die für mich wohl männlichsten Blumen überhaupt. Sie durchziehen die Herznote wie eine feine und stilsichere Naht. Die Würze und der herb-krautige Verlauf wird nach und nach immer tiefer und wärmer durch Muskatnuss und feinen Akkorden von Zimt. Alle Übergänge zu den einzelnen Noten sind perfekt aufeinander abgestimmt und so fließend wie die Nadelstreifen auf einen perfekten Maßanzug. Was die Basis betrifft ist Jil Sander Man Pure pure Perfektion. Sie vernäht sozusagen die einzelnen Noten oder fast schon Schnittteile miteinander. Ein tief-warmes und ledriges Castoreum gibt tiefste animalische Wärme frei und fusioniert mit einem rauchig-weichen und beschützenden Eichenmoos.

Fazit
Jil Sander hat mit Jil Sander Man Pure dem Mann eine Silhouette gegeben aus scharfen und gleichzeitig weichen Konturen. Man könnte mit diesen Duft nackt sein und wäre immer noch perfekt angezogen als Mann. Dieses Parfum wirkt beim ersten Kontakt auf der Haut vielleicht erst kühl,frisch und steril,aber das täusch gewaltig. Nach kürzester Zeit verbreitet Jil Sander Man Pure eine tiefe,sinnliche und souveräne Aura aus Wärme und unendlicher Gelassenheit. Und dies über sehr viele Stunden. Dieses Parfum ist Minimalismus in seiner maßlosesten Form. Die geruchliche Formensprache der männlichen Ästhetik.

Der moderne Mann muss nicht viel von Mode wissen, aber die Sensibilität haben, einen guten Schnitt zu fühlen.
-Jil Sander-

Gilt meiner Meinung nach in einer anderen Form auch für Parfum!

20 Antworten
10
Flakon
8
Sillage
9
Haltbarkeit
10
Duft
Axiomatic

101 Rezensionen
Axiomatic
Axiomatic
Top Rezension 47  
Der erdachte Mann
1981
Startschwierigkeiten der Dekade, da gewisse Belastungen der 1970er bewältigt werden müssen.
Der zweite Ölpreisschock, gigantische Zinsanhebung in den USA als wahnwitzige Gegenmaßnahme, Stagnation der deutschen Wirtschaft und Anstieg der Arbeitslosigkeit.
Neue Technologien erobern den Produktionsprozess, schaffen innovativen Freiraum in der Unterhaltungsindustrie.
Dass bei sinkender Kauflaune gegengesteuert werden musste, zeigen in der Duftsparte die ultimativen Kracher des Jahres.
Duellieren sich in Paris griechische Helden, der schwarze Antaeus Eau de Toilette und der weiße Kouros Eau de Toilette , bleibt man in Hamburg gefasst.
Man beobachtet sehr genau, wie das Individuum sich leise seiner selbst bewusst und das gesellschaftliche Zusammenspiel durcheinander wirbeln wird.
Das Analoge hat sich ausgetanzt.

Einsicht.

Jil Sander bewies Gespür und Weitsicht, als sie Jacques Artarit für zwei ihrer legendären Düfte gewinnen konnte.
Mit an Bord Peter Schmidt als Gestalter der Flakons nach den Vorgaben des Bauhaus-Stils. Er wird mit Bravour zeigen, was Form bedeutet.
Zwei Würfel als Behältnis, ein Zylinder als Kappe.
Die Grundlagen nüchterner Eleganz.

Hier nun der Duft, welcher die Kunst der Gegensätze und deren Durchdringung beherrschen sollte.

Zisch!

Der reine Mann eröffnet grün aromatisch, leicht zitrisch.
Ganz einfach.
Scheinbar.
Denn der Oregano wird eine sehr männliche Würze beitragen, die vom Basilikum besänftigt und vom Salbei herb gezeichnet wird, leicht urinös.
Dazu noch eine zitrische Unterlage, welche fast schon ins Ätherische abdriftet.
Chypre als Filmnegativ.

Gehirn aktiviert.

Weiter.
Machen wir uns nichts vor, das abgeklärte Herz wird die Blüten nüchtern analysieren.
Keine Überreaktion.
Die Rosengeranie bietet keine Schwarzwaldidylle, trocken herb findet sie ohne Schwierigkeiten ihren Weg in die Großstadt.
Keine Liebelei.
Nur das wahre Gefühl zählt.
Das Pudrige der Gartennelke fällt wie feiner Gips von den Betonwänden herab.
Die präzise Ration an Zimt färbt die Wellen des Zen-Kiesels auf Patchouli Böden.

Tadao Andō.

Sinnliches.
Bibergeil und Eichenmoos falsifizieren das Undenkliche.
Mit wärmender Muskatnuss bricht eine neue sexuelle Ästhetik mit alten Gewohnheiten.
Gepflegt, distanziert und gleichzeitig alle Sinne durchdringend.
Die Vollendung körperlicher Begierde.
Schwarzweiße Klarheit.

Robert Mapplethorbe.

Mann - nackt - als sitzende Skulptur auf Chrom und Leder.
Marcel Breuers Wassily Stuhl durchbricht Flächen, schafft Einblicke.
Torso ziseliert.
Labdanum unterstreicht mit schwarzem Leder, bedeckt aber nicht.
Gegenüber die wartende Couch - Modell Cassina von Le Corbusier - auf Holzparkett.
Betrachtung.
Stille.
Handlung.

Zweite sexuelle Revolution.

Jacques Artarit beherrscht die Kunst der sich durchdringenden Gegensätze.
Denn da, wo ein strenger Duftverlauf Abschlüsse markieren sollte, haucht er den pyramidalen Abschnitten ein eigenständiges Aufflackern ein.
Wähnt man sich in der Basis, tauchen die herb grünen Komponenten der Kopfnote plötzlich wieder auf, das blumige Herz pocht leise wie hinter einem Vorhang.

Eisbär von Grauzone bietet den perfekten musikalischen Hintergrund.
Konsequent schafft die Gruppe genau den Bruch mit den 1970ern, der längst überfällig war.
Minimalistisch und markant.
Nicht nur die Polarkälte als Kontrast zum Rückzug ins warme Selbst spiegelt die Gegensätze wieder, die wirre Unterbrechung des Tanzrhythmus verdeutlich die unauflösliche Durchdringung der Duft-Ebenen, um dann punktuell im nächsten Abschnitt den scheinbaren Solitären den Takt angeben zu lassen bis zum nächsten Durchmischen.

Am überzeugendsten ist das Konterkarieren bisheriger Animalik-Vorstellung.
Durch das Eichenmoos erfährt diese eine sonderbare Reinheit.
Das Körperliche ist auszumachen, aber derart gediegen, als wäre es inszeniert. Nichts wird dem Zufall überlassen.
Dieses Oxymoron hebt das Fleisch beinahe ins Erdachte.

Kongenial die Blüten.
Das klassische Thema Rose-Patchouli wird meisterlich gegen Null gefahren.
Rosengeranie, stets schattige Begleiterin der prächtigen Rose in anderen Düften, darf hier ihre herbe Schönheit ganz alleine wohl dosiert präsentieren.
Trocken und mit subtil wohliger Gefühlsbeherrschung, denn gefühlskalt ist sie mitnichten.
Sie hat lediglich aus den Verletzungen der vorherigen Dekade gelernt.
Und diese werden mit pudriger Gartennelke schonend überdeckt.

Labdanum als Fixativ bleibt ledrig, ohne gleich mit einer ganzen Mackermontur aufzuwarten.
Die Balance zwischen Derbheit und Raffinesse.
Ein kleines Stück Leder, sehr verhalten, sehr intim.

Und hier schließt sich der sich drehende, durchdringende Kreis des neuartigen Leder-Chypre, das Geschichte geschrieben hat.

Die pure Perfektion.

35 Antworten
10
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
9.5
Duft
Siebenkäs

63 Rezensionen
Siebenkäs
Siebenkäs
Top Rezension 32  
Märchenstunde
Heute will ich mal berichten, wie’s mir neulich beim Baby-
Sitten erging. Na ja – „Baby“ ist nicht ganz das richtige Wort.
Max und Lottchen sind vier und fünf.
Nicht, dass ihr denkt, ich mach‘ das für Geld – es handelt sich
um einen reinen Freundschaftsdienst. Die Eltern sind alte
Freunde und ich fühlte mich ehrlich gesagt ein wenig geehrt;
dass sie sich an mich gewendet haben. Zumal die beiden
schon bisweilen etwas wild sind. (Ich meine natürlich Max
und Lottchen.)
Nach dem Abendessen (das bis auf einen rausgerissenen
Bonsai glatt verlief) und ein bisschen Fernsehen („Bauer
sucht Frau“) lagen die beiden endlich in ihren Etagen-
Bettchen.
„Erzähl‘ uns noch eine Geschichte!“, rief Max von oben.
„Aber eine ganz lange…“, pflichtet Lottchen ihm bei.
„Also gut…“ Ich mache es mir auf der Bettkante bequem.
„Es war einmal ein Parfum…“
„Was für eins?“
„Ruhig, Lottchen. Keins von deiner Mama. Also – es war ein
schöner Morgen, die Sonne lachte und morgenfrisch und
unbekümmert zog es hinaus in die Welt, unser Man Pure.
So nämlich war sein Name. Leicht floral-pudrige Aromen
vermischt mit feinen Hesperiden begleiteten es, denn die
waren ihm eigen in seiner recht hübschen, bauhaus-
inspirierten Kleidung.
„Gar keine Ritterrüstung…?
„Nicht wirklich, Mäxchen, aber ein jedenfalls sehr vorteil-
haftes Gewand. Die Sonne stieg höher am Firmament…
„Welche Firma denn?“
„Ruhe jetzt! Also – es wurde wärmer und nun regten sich
recht munter die Elemente und Naturgeister der grünen,
heiteren Zwergenkräuterwiese. Aber dahinter – noch gut
verborgen, da regte sich schon ein sanftes, aber tiefes
Brummen…
„Vielleicht mein Zotti…?“
„Nein, Lottchen, nein. Es war ein feiner, moosiger Chypre-
Bass. Direkt aus dem Zauberwald. Denn in den gings jetzt
munter fürbass stracks hinein. Und natürlich gibt es da auch
ein paar wilde Tiere, die man riechen kann. Aber keine
Angst, die sind ganz lieb. Je tiefer Man Pure in den Wald
gerät, umso mehr kommt dazu. Da macht ein Kobold sein
Feuerchen mit Holz und Birkenteer und allerlei mehr.
Und ein paar Süßigkeiten sind irgendwo unter moosigen
Steinen versteckt, irgendwo in den unergründlichen Tiefen
des Sander-Walds.
Freilich erlebt das gute Parfum unterwegs auch ein paar
Abenteuer, aber euch interessiert doch gewiss mehr das
olfaktorische Profil.
Ihr müsst euch das Ganze Dufterlebnis jetzt nicht als
ein großes Durcheinander vorstellen wie in eurem Zimmer
vor dem Aufräumen. Nein, das harmoniert alles ganz selbst-
verständlich und leicht miteinander. Das Leichte ist, wie ihr
ja wisst, stets das Schwerste. Und kantige Übergänge gibt
es hier überhaupt nicht. Alles ist perfekt verblendet und
wirkt so mühelos und ganz natürlich. Das etwas Erdige,
von noch echtem Eichenmoos und Patchouli ausstrahlende
kann unser Held geschickt durch fast bienenhonigartiges
Labdanum im Zaum halten. Und das ist typisch für unser
Man Pure – es hält all die verschiedenen Charakterzüge
von frisch über würzig, floral, holzig und erdig bis fast
vermodert in ruhiger, ausgeglichener Balance.
Ganz unsynthetisch und souverän. Typisch Sternzeichen
Waage, wenn ihr mich fragt. Interessantes Thema -
welches Sternzeichen haben Düfte – findet ihr nicht auch?
Aber weiter im Wald - es trifft halt später die böse Fee Ifra,
von der ich euch aber lieber ein andermal erzähle.
Und das hat zur Folge, dass es… aber lassen wir das.
Heute gibt‘s das Parfum nur noch für teuer Geld. Zum
Beispiel auf ebay, mit viel, viel Glück in Mint Condition.
Ein sonderbarer Schluss für ein Märchen, aber ihr wisst ja
auch, was der Herr Geiger sagt – unbefangen überwindet
das Märchen die Hürden unserer gegenwärtigen Bewußt-
seinsbeschränkung, es kennt für die ewige Wesenheit des
Menschen, also seine Entelechie, ein „Es war einmal“,
geleitet ihn aber durch ein „hier und heute“ in ein
„Es wird einmal sein“ hinüber. Ihr solltet übrigens öfter
auch mal selbst Märchen lesen. Und überhaupt – viel, sehr
viel Lesen. Ich habe Jahrzehnte gebraucht, um Dinge
zu begreifen, die ich in 10 Minuten hätte lesen können.
So, nächstes Mal erzähl`ich euch vielleicht mal vom
Unterschied zwischen dem Riechen von molekularen
Shapes und dem Wahrnehmen von quantenbasierten
Vibrationsdifferenzen, Kinder. Kinder…? Hallo…
Mäxchen… Lotti…“
Mit einem Mal nehme ich wahr, wie still es ist. Nur ein
rührend zartes Atmen und Schnaufen ist zu vernehmen.
Wie leicht es doch ist, Kinder zur Ruhe zur bringen, wenn
man nur ein wenig auf sie eingeht.
Ganz leise und auf Zehenspitzen schleiche ich mich aus
dem Zimmer…

25 Antworten
10
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
8
Duft
Ernstheiter

41 Rezensionen
Ernstheiter
Ernstheiter
Top Rezension 21  
Minimalistische Wohnung und gothische Kathedrale for Man Pure
1981: meine erste Studentenbude, ich und meine Moebel, ein gerahmtes Bild mit einer Hartung-Grafik, eine Matraze, zwei Tischboecke, eine Arbeitsplatte aus Sicherheitsglas und zwei Klappstuehle. Und einen Dusch- vorhang, denn ein Alibert-Wandschrank mit einer Porzellanablage darunter waren bereits da. Aermlich, koennte man jetzt denken, aber so einfach ist das nicht.

Kurz nach meinem Einzug stiess ich naemlich in einer Architekturzeitschrift auf einen reich bebilderten Artikel ueber den Minimalismus von John Pawson und Claudio Silvestrin. Und auf einem der Fotos sah ich ein Bad, voellig karg, ja nackt in seiner Anmutung, mit einer monolithischen Badewanne mitten im Raum. Aus der Wand neben der Badewanne ragte eine aufs Notwendigste reduzierte Ablage hervor und auf der stand..........ein Flakon

Jil Sander Man Pure.

In diesem Moment war mir klar, dass ich genauso einen Flakon auf meiner Porzellanablage HABEN MUSSTE. So ein Flakon bedeutete fuer mich in dem Moment, meine gezwungenermassen aermlich eingerichtete Wohnung in ein minimalistisches Apartment upzugraden. An den Duft selbst habe ich in dem Moment gar nicht gedacht, ja er war Nebensache. Unnoetig zu sagen, dass noch am selben Tag ein Flakon Jil Sander Man Pure bei mir einziehen musste.

Und es sollte sich herausstellen, dass auch der Duft selbst zu einem festen Bestandteil meines Parfumo Curriculums werden wuerde. Bisher hatte ich meist Aramis benutzt, weil er mir gefiel. Ich machte mir beim Parfumkauf nie Gedanken ueber Fougère, Orientalisch oder Chypre. Die meisten der von mir bis dahin benutzten Duefte starteten frisch, gingen dann wuerzig oder holzig weiter und endeten vanillig-suesslich.

Auch Jil Sander Man Pure startet mit einem Auftakt von Zitronen, der aber weder colognehaft noch stechend zitrisch daherkommt. Dafuer sorgt eine Vielzahl an wuerzigen Aromen, wodurch der Duft einen Twist erhaelt, den ich schon fast als sakral empfinde. Fast scheint es, ich habe ein an Myrrhe erinnerndes Balsam unter der Nase. Allerding ruft es in mir keine Bilder von Orient oder Bazar hervor. Vielmehr fuehle ich mich wie im Mittelschiff einer gotischen Kathedrale, durch die Fenster scheint die Sonne und zeichnet ein Bild aus Lichtstrahlen, wie bei einer modernen Laser-Show. Waehrend es draussen hochsommerlich heiss ist, herrscht im Inneren eine angenehme Kuehle, die meine Haut als willkommenen Kontrast zur draussen herrschenden Hitze empfindet.

Dieses von mir als "balsamische Myrrhe" empfundene durchzieht den Duft ueber seinen gesamten Verlauf. Die Uebergaenge der Duftphasen sind so perfekt gemacht, dass man Veraenderungen in der Duftrichtung mehr erahnt, denn klar bemerkt. Egal ob mal kurz etwas Zimt aufblitzt, eine blumige oder eine animalische Untermahlung sich behutsam bemerkbar macht, der sakrale Gesamtcharakter wird dadurch nicht beeinflusst. Im weiteren Duftverlauf dimmt eine animalische Note das Balsamische herunter und verleiht ihm eine kuehl-trockene Note. Haeufig ist es Eisenkraut, das den Eindruck von metallischer Frische erzeugt. Ein Paradebeispiel hierfuer ist Green Irish Tweed bei dem die Frische klar und metallisch erscheint. Bei Jil Sander Man Pure allerdings ist es kein Eisenkraut, das dene Frischeeindruck hervorruft. Er hat nichts metallisches, vielmehr klar, aber nicht schneidend, eher kalter Stein, als Metall.

Erst in der Schlussphase verblassen die sakralen Assoziationen, die Basis aus Eichenmoos macht sich bemerkbar, erlaubt aber, dass weiterhin der Eindruck von Myrrhe in ihr erhalten bleibt.

2018: meine Wohnung ist jetzt aufgeraeumt minimalistisch eingerichtet. Und wenn mal nicht so aufgeraeumt ist, dafuer habe ich einen Flakon Jil Sander Man Pure stehen.

11 Antworten
10
Flakon
9
Sillage
10
Haltbarkeit
10
Duft
DN1982

75 Rezensionen
DN1982
DN1982
Top Rezension 23  
Gigant der Düfte
Noch nie habe ich einem Duft die volle 10 gegeben - nichtmal meinem Allzeitfavoriten Drakkar Noir. Immer in der Hoffnung, dass da noch was nachkommt, was mich flasht wie nie etwas zuvor. Nun ist die Phase der 9 endgültig Geschichte dank Man Pure, einem Meilenstein der Herrendüfte. Es ist schon ein paar Monate her, als ich in einer Schublade ein paar Minis von der guten Jil hervorkramte, die im hintersten Winkel ihr Dasein fristeten. Es waren Background und Man Pure. Einen der Man Pure Minis hatte ich schon vor Jahren entsorgt, weil der nicht mehr ganz koscher war. Aber ich hatte unterschwellig so ein Gefühl, dass MP mir nicht ganz unbekannt ist. So ging die Zeit ins Land und dann lag da noch so ein Kleinod in der Lade. Ich erwartete nichts, war der andere doch auch gekippt, zumindest empfand ich es damals so.

Nein, das Eau war nicht hinüber, der hier war ok. Aufgetragen - es war wie einen alten Bekannten wiederzusehen, den man seit einem viertel Jahrhundert nicht mehr gesehen hat, wie eine Wiedergeburt in den frühen Achtzigern. Mann, ich weiß vor lauter Euphorie gar nicht, wo ich anfangen soll. Ok, also nochmal von vorne: Auftragen, Wiedergeburt in den Achtzigern. Lieblicher Basilikum trifft auf Salbei und Oregano. Salbei ist eines von wenigen Gewürzen, die sich entweder als Dr. Jekyll oder Mr. Hide gebärden. Ich habe das Zeug im Garten und es ist ein Unterschied wie Tag und Nacht, ob man diesen getrocknet oder anderweitig verarbeitet verwendet oder ihn frisch verwendet. Er kann im ersten Fall seinen typischen herb-säuerlich prickelnden Kick verbreiten, wie man ihn zB von diversen Hustenbonbons kennt oder im zweiten Fall die Drecksau raushängen lassen und sich urinös und sogar faulig-pestilent zeigen wie ein Blumenstrauß, der seit einer Woche in ein und demselben Wasser steht. In MP zeigt der Salbei vordergründig den Gentlemen-Part und zusammen mit Zitrus, Nelke, Geranie und dem Patchouli generiert sich ein herrlicher Duft: eine frisch-grün-krautige Seife. Ihr stöhnt ob der Seife? Ich normalerweise auch, denn die erinnert immer so sehr an billige Rasierwässer und Tonis Frisierstube. Hier sieht das ein bisschen anders aus. Auch wenn die seifige Ader der tragende Part in weiten Teilen der späten Kopf- und frühen Herznote ist, wirkt hier nichts billig. Es überpegelt nichts und es geht hier auch nichts unter, hier wurde das richtige Maß getroffen. Da stört es auch gar nicht, dass es sich die seifige Ader über mehrere Stunden im Herzen des Duftes bequem macht, ehe der bis dato bombastische Duft ab dem Übergang vom Herz zur Basis hin ins Göttliche steigert! Eichenmoos in Reinkultur - klar, damals durfte er das noch haben, das mit den Allergien hat man sich erst später ausgesponnen - mit dem erdigen Patchouli, das Bibergeil spielt mit dem Labdanum, unverkennbar herb das Muskat. Darüber dominant, aber dennoch nie aufdringlich der Zimt, der das Ganze formvollendet abrundet.

Aber da war noch etwas. Richtig, MP verfügt auch über eine animalische Ader und hier hat Herr Artarit nicht minder schlechte Arbeit geleistet, denn es lässt sich nicht zu 100% ausmachen, ob es nur das Bibergeil ist. Ich sage nein, denn da hängt mindestens noch der Salbei drin, der an dieser Stelle ein kleines bisschen die Drecksau unter den Gewürzen raushängen lässt und somit auch seine andere Seite zeigt. Und ich tendiere schwer dazu, dass das Labdanum auch noch seine Finger mit im animalischen Spiel hat und auch hier wurde auf das Tausendstel genau das richtige Maß gefunden.

Dieser Duft, der meinen Erinnerungen der letzten 20 Jahre entfleucht war, ist einer DER Düfte der 1980er! Er zeigt sich facettenreich von sauberer Frische, ist dabei krautig-würzig-grün, wirkt geerdet und edel. Er ist über alle Zweifel erhaben und ist gleichzeitig auch verdammt sexy, um nicht zu sagen, sogar ein klein wenig verrucht.
Der Duft ist in allen seinen Phasen deutlich vernehmbar, die Strahlkraft sehr hoch. Das ist einer, den man nicht nur hinter sich herzieht, sondern auch vor sich her schiebt, aufgrund seiner perfekten Komposition aber stets Gentleman bleibt. Über mindestens 12+x Stunden, versteht sich. Ja, damals bekam man noch was für sein Geld (würde mich echt mal interessieren, was der anno ´81 in Deutschmark gekostet hat)! Wo andere Düfte aus dieser Epoche seinem Gegenüber gerne mal ein ein "Hey, du riechst wie Papa (oder Opa)" entlocken, dürfte hier ein "Hey, du riechst wie Pa... Aber du... Du riechst... Leider geil!" kommen.
MP war bis weit in die Neunziger zu vernehmen, ja allgegenwärtig, in meinem Augen einer der wenigen Meilensteine der Herrenparfums und es ist wirklich eine Schande, dass es diesen nicht mehr gibt. Ja, ich weiß, dass allergene und giftige Zeugs und die "EU der Kosmetikbranche", die sich ähnlich kürzelt wie zB der Industrieverband Fahrzeugbau... Oder vielleicht war er einfach nur outdated? Aber hey, das war ein Duft für den es sich wirklich gelohnt hätte, zu sterben. Und es eigentlich noch immer ist ... - verdammt!

Leider ist MP heute nicht mehr ganz so einfach zu bekommen und günstig schon dreimal nicht. Wer die DNA haben möchte und auf ein paar Prozent der feinsten Details von MP zu verzichten bereit ist, kann mich gerne per PN kontaktieren und dann nenne ich eine Alternative. Und wer Freude hat am ebenso verflossenen Halston Catalyst for Men und nichts gegen einen animalischen Einschlag einzuwenden hat, bekommt mit MP (oder dem 719) auch etwas, was ihm gefallen könnte.
10 Antworten
Weitere Rezensionen

Statements

35 kurze Meinungen zum Parfum
AxiomaticAxiomatic vor 4 Monaten
10
Flakon
8
Sillage
9
Haltbarkeit
10
Duft
Ausgleich
Leder-Chrypre neu denken
Gegensätze ergeben spannende Harmonie
minimal
Pflege
Begierde
Mann
gelungen *
46 Antworten
Can777Can777 vor 5 Jahren
10
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
10
Duft
Sanders maßloses Nichts der Ästhetik.Männliche Linienführung aus Kräutern,ledrigen Castoreum,rauchigen Eichenmoos.Perfektion der Moleküle!
6 Antworten
TherisTheris vor 1 Jahr
8
Sillage
8
Haltbarkeit
7.5
Duft
Bekannte Würze
Kräutergärten der Vergangenheit
Biber markieren ihr Revier
Zitrusöle von Moos aufgesogen
Holz bemalt von grüner Begierde
17 Antworten
ChizzaChizza vor 3 Jahren
6
Flakon
7.5
Duft
Typisch für seine Zunft, dabei aber etwas strenger und besonders dank der Zitrone. Die verleiht dieser Melange einen ganz besonderen Twist.
10 Antworten
Medianus76Medianus76 vor 4 Jahren
8
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
8.5
Duft
Nostalgische Ästhetik in ausgezeichneter Qualität. Frisch würzige Mitte ist eingebettet in ledrig-holzigen Rahmen herb-moosiger Eleganz.
9 Antworten
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