03.01.2024 - 08:05 Uhr
Axiomatic
101 Rezensionen
Axiomatic
Top Rezension
38
Der vernaschte Mann
1989 war nicht gerade ein spannendes Jahr, eher ein mauer Abschied einer lauten und hedonistischen Dekade.
Als wäre man übersättigt mit verkaterter Stimmung von der schrillen Party leise ins Bett gekrochen.
Himbeerrötlich sollten diese exzentrischen Jahre ihr Fotoalbum schließen und unbeabsichtigt einen gewaltigen neuen Trend setzen.
Soll ich mal dem jungen Spund auf dem Bild am Hals schnuppern?
Zisch!
Lieber Alain Alchenberger, Deine kongeniale Nase sollte avantgardistisch die Richtung weisen.
Hut ab!
Deine Collage aus Fougère, Früchten und orientalischer Basis brachte die Wende im Wendejahr.
Und sie wird für viele erfolgreiche Nachfahren als Vorlage dienen.
Für Dein Können und Weitsicht Applaus von mir!
Peter Schmidt goss den perfekten wie minimalistischen Flakon in Form. An allen Seiten lockerte eine kleine Kerbe den Sockel auf gleich einer Nadel.
Passender hätte man das Thema plastisch nicht gestalten können: das Aufbrechen der starren Gerade.
Ungewöhnlich der Duftverlauf.
Hier agiert man nicht pyramidal, es sind Folien der verschiedenen Richtungen, welche überlappt werden.
Wie die Videokunst der damaligen Zeit.
Vom Fougère sind klar der Lavendel und die bei Jil Sander damals so beliebten Kräuter Estragon und Anis auszumachen.
Etwas Kiefer und moosiger Untergrund umwehen klassisch.
Doch nun färbt sich plötzlich alles rötlich.
Die zweite Folie beinhaltet Fruchtiges, allen voran Himbeeren.
Ein Spannungsakkord droht zu überspannen zwischen herb krautigem Grün und sanft süßsaurem Himbeerrot.
Hier ist er, der unvergleichliche Charakter des Duftes, keine Verwechslung möglich.
Tonka wird dem Ganzen den versöhnlichen Überstrich pinseln. Diese dritte Folie driftet gen Orient ab.
Warm und wohlig mit Sandelholz, leicht ambriert.
Ich möchte nicht leugnen, das der Gesamteindruck etwas dumpf wirkt, dennoch durchstechen die Kräuter diese unsichtbare Decke.
Wieder ein Hinweis auf die Unterbrechung des Sockels vom Flakon.
Etwas eigenartig ist die Komposition schon.
Der gesamten Dauer über versucht das Hirn den Spannungsakkord aufzubrechen.
Süß?
Aromatisch?
Und wieder zurück!
Man blickt sich im Diwan an…
Aus Hamburg machte eine Band indirekt passend zum Duft von sich reden.
The Jeremy Days.
Diese fünf Jungs verkörperten den damaligen Zeitgeist am subtilsten.
Perfekt frisiert, elegantes Understatement an edlen Stoffen, hochwertige Brillen.
Fertig ist die yuppieske Werbebranche der Hansestadt.
Eines ihrer Poplieder schaffte sogar den elften Platz in den Charts im Jahr 1989.
Brand New Toy.
Wenn man sich das Video anschaut, versteht man die Duftaura besser.
Dirk, der Sänger, wird von einer engelhaften, weiblichen Gestallt heimgesucht.
Dabei wird er gezielt vor einem roten Hintergrund, gleich dem der Verpackung, gefilmt.
Folgende Kontraste:
Jungs in Designerklamotten, das hanseatische Feingespür für dunkle Farbschattierungen.
Der weibliche Engel wie eine barocke verbotene Frucht weiß gülden drapiert, ihre Lippen himbeerrot.
Na, Spannungsakkord?
Witzig finde ich den Einfall, sexy Dirk in Unterwäsche zu zeigen. Diese ist, mit Verlaub, sehr „lieb“ geschneidert.
Auf zum Kuscheln!
Und der junge Spund auf dem Bild gönnte sich leider damals nur zwei Flakons des gefühlvollen Mannes und trug wahrscheinlich so zur leisen Einstellung dieses Kunstwerks bei.
Aber Erlebtes lässt sich zum Glück nicht einstellen.
Als wäre man übersättigt mit verkaterter Stimmung von der schrillen Party leise ins Bett gekrochen.
Himbeerrötlich sollten diese exzentrischen Jahre ihr Fotoalbum schließen und unbeabsichtigt einen gewaltigen neuen Trend setzen.
Soll ich mal dem jungen Spund auf dem Bild am Hals schnuppern?
Zisch!
Lieber Alain Alchenberger, Deine kongeniale Nase sollte avantgardistisch die Richtung weisen.
Hut ab!
Deine Collage aus Fougère, Früchten und orientalischer Basis brachte die Wende im Wendejahr.
Und sie wird für viele erfolgreiche Nachfahren als Vorlage dienen.
Für Dein Können und Weitsicht Applaus von mir!
Peter Schmidt goss den perfekten wie minimalistischen Flakon in Form. An allen Seiten lockerte eine kleine Kerbe den Sockel auf gleich einer Nadel.
Passender hätte man das Thema plastisch nicht gestalten können: das Aufbrechen der starren Gerade.
Ungewöhnlich der Duftverlauf.
Hier agiert man nicht pyramidal, es sind Folien der verschiedenen Richtungen, welche überlappt werden.
Wie die Videokunst der damaligen Zeit.
Vom Fougère sind klar der Lavendel und die bei Jil Sander damals so beliebten Kräuter Estragon und Anis auszumachen.
Etwas Kiefer und moosiger Untergrund umwehen klassisch.
Doch nun färbt sich plötzlich alles rötlich.
Die zweite Folie beinhaltet Fruchtiges, allen voran Himbeeren.
Ein Spannungsakkord droht zu überspannen zwischen herb krautigem Grün und sanft süßsaurem Himbeerrot.
Hier ist er, der unvergleichliche Charakter des Duftes, keine Verwechslung möglich.
Tonka wird dem Ganzen den versöhnlichen Überstrich pinseln. Diese dritte Folie driftet gen Orient ab.
Warm und wohlig mit Sandelholz, leicht ambriert.
Ich möchte nicht leugnen, das der Gesamteindruck etwas dumpf wirkt, dennoch durchstechen die Kräuter diese unsichtbare Decke.
Wieder ein Hinweis auf die Unterbrechung des Sockels vom Flakon.
Etwas eigenartig ist die Komposition schon.
Der gesamten Dauer über versucht das Hirn den Spannungsakkord aufzubrechen.
Süß?
Aromatisch?
Und wieder zurück!
Man blickt sich im Diwan an…
Aus Hamburg machte eine Band indirekt passend zum Duft von sich reden.
The Jeremy Days.
Diese fünf Jungs verkörperten den damaligen Zeitgeist am subtilsten.
Perfekt frisiert, elegantes Understatement an edlen Stoffen, hochwertige Brillen.
Fertig ist die yuppieske Werbebranche der Hansestadt.
Eines ihrer Poplieder schaffte sogar den elften Platz in den Charts im Jahr 1989.
Brand New Toy.
Wenn man sich das Video anschaut, versteht man die Duftaura besser.
Dirk, der Sänger, wird von einer engelhaften, weiblichen Gestallt heimgesucht.
Dabei wird er gezielt vor einem roten Hintergrund, gleich dem der Verpackung, gefilmt.
Folgende Kontraste:
Jungs in Designerklamotten, das hanseatische Feingespür für dunkle Farbschattierungen.
Der weibliche Engel wie eine barocke verbotene Frucht weiß gülden drapiert, ihre Lippen himbeerrot.
Na, Spannungsakkord?
Witzig finde ich den Einfall, sexy Dirk in Unterwäsche zu zeigen. Diese ist, mit Verlaub, sehr „lieb“ geschneidert.
Auf zum Kuscheln!
Und der junge Spund auf dem Bild gönnte sich leider damals nur zwei Flakons des gefühlvollen Mannes und trug wahrscheinlich so zur leisen Einstellung dieses Kunstwerks bei.
Aber Erlebtes lässt sich zum Glück nicht einstellen.
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