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17.09.2013 - 07:41 Uhr
Gaukeleya
109 Rezensionen
Gaukeleya
Sehr hilfreiche Rezension
13
Der spazierende Mann
Mit Time for Peace for Her möchte ich mich heute einem kleinen Juwel an Duft widmen, welches sich seit dem Jahr seiner Lancierung, nämlich 1999, in meiner Sammlung befindet. Nur noch schwer ist dieser Duft zu bekommen, da er limitiert war (hier stimmt die Angabe von Parfumo nämlich leider nicht), angeblich auf 200.000 Stück, doch so genau weiss ich das nicht.
Ich erwarb ihn einem persönlichen Zeitfenster, wo Düfte nicht so eine grosse Rolle in meinem Leben spielten wie heute (oder auch zu früheren Zeiten), sondern einfach getestet, gekauft, getragen wurden nach dem Motto: Like. Das 100ml-Gebinde -- und Time for Peace gab es nur in diesem -- hat ungekippt die Jahre überstanden, mich über Umzüge, Lebensphasen, Auf & Abs begleitet, mild und leise und freundlich. Ganz so, als hätten wir Japan in der Flasche vor uns.
Hier nehme ich nun den Mund freilich recht voll, denn ich war noch nie in Japan - bedauerlicherweise - die japanische Kultur begegnet mir allenfalls im oberflächlichen Kontakt mit Japanern, dem Besuch des japanischen Teehauses, angelesenem Wissen, Berichten von Freunden, die einen längeren Japanaufenthalt hinter sich haben, der Musik von Ryuichi Sakamoto, vor allem aber: in Form der brillianten Zeichnungen und Geschichten des Manga-Zeichners Jiro Taniguchi.
Seine Werke wie "Die Sicht der Dinge", "Ein Zoo im Winter" oder "Vertraute Fremde" fesseln mich mit ihrer starken Aussagekraft, der Detailverliebtheit bei gleichzeitiger zeichnerischer Schlichtheit, der Intensität der Emotionen. Menschliches Schicksal und Gefühle, welche unabhängig von Land, Kultur verstanden und nachgefühlt werden können, werden hier grandios dargestellt. Und sind dennoch zutiefst mit der japanischen Kultur verwurzelt.
Das erste international bekannt gewordene Werk von Jiro Taniguchi ist "Der spazierende Mann". Ein kleines Buch über einen Mann, der auf seinen stillen, alleinigen, einsamen Spaziergängen an ganz unterschiedlichen Orten zu ganz unterschiedlichen Tages- und Jahreszeiten Eindrücke aufnimmt, sich an den kleinen Momenten erfreut, im Alltäglichen die Schönheit und Inspiration findet, ganz unprätentiös und schlicht. Er nimmt sich die Zeit dafür und lässt uns Leser/Betrachter ruhig teilhaben an diesen unspektakulären Dingen.
Das ist ungeheuer entspannend, leise, und dennoch nicht langweilig. Doch da wir hier über Düfte sprechen wollen, möchte ich meine kleine Buchrezension nun beenden, und, sich daraus entwickelnd freilich, zu Time for Peace kommen. Atme ich diesen Duft, so empfinde ich olfaktorisch das, was uns der spazierende Mann mit all seinen anderen Sinnen mitteilt: Klarheit. Erfrischung des Geistes. Inspiration. Schönheit. Sanftheit. Freundlichkeit. Wärme. Unaufdringlichkeit. Friedlichkeit. Der Duft ist leise, obgleich die Sillage durchaus gut wahrnehmbar und präsent ist, und das durchgängig, was ich überraschend finde.
Er beginnt mit einer sanften Zitrusnote, und auch hier schon ist der Charakter in sich: ruhig, unaufdringlich, verhalten. Keine erfrischende Zitrusdusche, sondern weich mit einem Hauch Wärme, ohne süss zu sein. Mandarine kann ich deutlich riechen, doch hier ist sie so zart und glatt wie die Porzellanhaut einer jungen japanischen Frau, nichts sticht oder ist dominant oder überfrisch. Johannisbeere kann ich kaum wahrnehmen, ich vermute, sie ist verantwortlich für das ganz leicht Bittere, Trockene, welches einen Moment lang aufblitzt, aber auch dieses ohne Dominanz.
Alles verwebt sich harmonisch und freundlich mit dem dezenten blütigen Fortlauf, es ist mir nicht möglich, hier auch nur klar eine einzelne der in der Duftpyramide beschriebene Note herauszuschnuppern, obwohl ich es wirklich versucht habe. Alles ist: rund. Harmonisch. In sich verschlungen. Freundlich. Zarter Puder gesellt sich dazu, aber auch dieses *natürlich* nur als unaufdringlicher Eindruck. Interessanterweise entdecke ich jedoch eine kleine ledrige Anspielung, zu schwach, als dass ich dem Duft das Attribut "Leder" mit in die Charaktereinordungstorte geben würde, aber immerhin so deutlich, dass ich ihn in dieser Phase auch gern mal an einem Mann riechen würde. Ein skinniger Effekt, spannenderweise jedoch dem von ein wenig Schmutz auf der Haut, etwas "schmierig", fast schon eine kleine Leder-Benzinnote, jedenfalls nicht sauber-skinnig, und dergleichen Faszinierendes, Überraschendes, habe ich wirklich noch nie so gerochen.
Nun mag man über die Abgründe der sauberen japanischen Kultur reflektieren wollen, denn ohne Frage gibt es sie, und man hat sich in Literatur & Film freilich auch bereits viele Gedanken darüber gemacht. Doch ich möchte das nicht zu weit ausführen, auch wenn mir dieser schmutzige Leder-Haut-Effekt gar beabsichtigt erscheint, da doch durchaus deutlich, ein bewusster Bruch der friedvollen, femininen Sanftmütigkeit. Oder auch nur eine geschickte Überleitung darstellt zu der warmen, sinnlichen Basis, die sich bei mir nach ca. 4-5 Stunden einstellt: Amber feinsüss, nicht erschlagend, und Moschus ganz streichelweich: nun ist Time for Peace wieder ganz angekommen bei der sanften, warmen, sinnlichen Weiblichkeit. So wie der spazierende Mann, der nach seinen langen, einsamen Ausflügen wieder heimkehrt in die Arme seiner Frau, aufgetankt mit Kraft und innerem Frieden, um sich dem alltäglichen Irrsinn wieder stellen zu können.
Ich erwarb ihn einem persönlichen Zeitfenster, wo Düfte nicht so eine grosse Rolle in meinem Leben spielten wie heute (oder auch zu früheren Zeiten), sondern einfach getestet, gekauft, getragen wurden nach dem Motto: Like. Das 100ml-Gebinde -- und Time for Peace gab es nur in diesem -- hat ungekippt die Jahre überstanden, mich über Umzüge, Lebensphasen, Auf & Abs begleitet, mild und leise und freundlich. Ganz so, als hätten wir Japan in der Flasche vor uns.
Hier nehme ich nun den Mund freilich recht voll, denn ich war noch nie in Japan - bedauerlicherweise - die japanische Kultur begegnet mir allenfalls im oberflächlichen Kontakt mit Japanern, dem Besuch des japanischen Teehauses, angelesenem Wissen, Berichten von Freunden, die einen längeren Japanaufenthalt hinter sich haben, der Musik von Ryuichi Sakamoto, vor allem aber: in Form der brillianten Zeichnungen und Geschichten des Manga-Zeichners Jiro Taniguchi.
Seine Werke wie "Die Sicht der Dinge", "Ein Zoo im Winter" oder "Vertraute Fremde" fesseln mich mit ihrer starken Aussagekraft, der Detailverliebtheit bei gleichzeitiger zeichnerischer Schlichtheit, der Intensität der Emotionen. Menschliches Schicksal und Gefühle, welche unabhängig von Land, Kultur verstanden und nachgefühlt werden können, werden hier grandios dargestellt. Und sind dennoch zutiefst mit der japanischen Kultur verwurzelt.
Das erste international bekannt gewordene Werk von Jiro Taniguchi ist "Der spazierende Mann". Ein kleines Buch über einen Mann, der auf seinen stillen, alleinigen, einsamen Spaziergängen an ganz unterschiedlichen Orten zu ganz unterschiedlichen Tages- und Jahreszeiten Eindrücke aufnimmt, sich an den kleinen Momenten erfreut, im Alltäglichen die Schönheit und Inspiration findet, ganz unprätentiös und schlicht. Er nimmt sich die Zeit dafür und lässt uns Leser/Betrachter ruhig teilhaben an diesen unspektakulären Dingen.
Das ist ungeheuer entspannend, leise, und dennoch nicht langweilig. Doch da wir hier über Düfte sprechen wollen, möchte ich meine kleine Buchrezension nun beenden, und, sich daraus entwickelnd freilich, zu Time for Peace kommen. Atme ich diesen Duft, so empfinde ich olfaktorisch das, was uns der spazierende Mann mit all seinen anderen Sinnen mitteilt: Klarheit. Erfrischung des Geistes. Inspiration. Schönheit. Sanftheit. Freundlichkeit. Wärme. Unaufdringlichkeit. Friedlichkeit. Der Duft ist leise, obgleich die Sillage durchaus gut wahrnehmbar und präsent ist, und das durchgängig, was ich überraschend finde.
Er beginnt mit einer sanften Zitrusnote, und auch hier schon ist der Charakter in sich: ruhig, unaufdringlich, verhalten. Keine erfrischende Zitrusdusche, sondern weich mit einem Hauch Wärme, ohne süss zu sein. Mandarine kann ich deutlich riechen, doch hier ist sie so zart und glatt wie die Porzellanhaut einer jungen japanischen Frau, nichts sticht oder ist dominant oder überfrisch. Johannisbeere kann ich kaum wahrnehmen, ich vermute, sie ist verantwortlich für das ganz leicht Bittere, Trockene, welches einen Moment lang aufblitzt, aber auch dieses ohne Dominanz.
Alles verwebt sich harmonisch und freundlich mit dem dezenten blütigen Fortlauf, es ist mir nicht möglich, hier auch nur klar eine einzelne der in der Duftpyramide beschriebene Note herauszuschnuppern, obwohl ich es wirklich versucht habe. Alles ist: rund. Harmonisch. In sich verschlungen. Freundlich. Zarter Puder gesellt sich dazu, aber auch dieses *natürlich* nur als unaufdringlicher Eindruck. Interessanterweise entdecke ich jedoch eine kleine ledrige Anspielung, zu schwach, als dass ich dem Duft das Attribut "Leder" mit in die Charaktereinordungstorte geben würde, aber immerhin so deutlich, dass ich ihn in dieser Phase auch gern mal an einem Mann riechen würde. Ein skinniger Effekt, spannenderweise jedoch dem von ein wenig Schmutz auf der Haut, etwas "schmierig", fast schon eine kleine Leder-Benzinnote, jedenfalls nicht sauber-skinnig, und dergleichen Faszinierendes, Überraschendes, habe ich wirklich noch nie so gerochen.
Nun mag man über die Abgründe der sauberen japanischen Kultur reflektieren wollen, denn ohne Frage gibt es sie, und man hat sich in Literatur & Film freilich auch bereits viele Gedanken darüber gemacht. Doch ich möchte das nicht zu weit ausführen, auch wenn mir dieser schmutzige Leder-Haut-Effekt gar beabsichtigt erscheint, da doch durchaus deutlich, ein bewusster Bruch der friedvollen, femininen Sanftmütigkeit. Oder auch nur eine geschickte Überleitung darstellt zu der warmen, sinnlichen Basis, die sich bei mir nach ca. 4-5 Stunden einstellt: Amber feinsüss, nicht erschlagend, und Moschus ganz streichelweich: nun ist Time for Peace wieder ganz angekommen bei der sanften, warmen, sinnlichen Weiblichkeit. So wie der spazierende Mann, der nach seinen langen, einsamen Ausflügen wieder heimkehrt in die Arme seiner Frau, aufgetankt mit Kraft und innerem Frieden, um sich dem alltäglichen Irrsinn wieder stellen zu können.
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Gaukeleya
Gschpusi
