Serenissima
Top Rezension
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duftige Erinnerung an eine Freundin
In der Oberschule haben wir uns das erste Mal getroffen; mehr als zwanzig Jahre waren wir dann befreundet.
Erst nach 1989 verloren wir uns endgültig aus den Augen.
Zwei ganz unterschiedliche junge Frauen: Petra - groß, langgliedrig und dunkelhaarig: ich - klein, zierlich und zum Schluss wieder blond.
Es war keine "Wir gehen durch Dick und Dünn"-Mädchenfreundschaft. Dafür hatten wir doch zu viele eigene, persönliche Interessen.
Auch sehr Privates oder gar Intimes besprachen wir selten: das war nicht unsere Art.
Vielleicht auch, weil es damals nicht üblich war, sich ständig zu "outen".
Meine intensivsten Erinnerung an Petra umfassen die Zeit, als wir beide in den Dreißigern waren.
Es gab viele gemeinsame Unternehmungen, sogar einen zweiwöchigen Urlaub auf einer Schönheitsfarm.
Ja, so hieß das damals: Wellness-Tempel waren damals nicht erfunden!
Ganz deutlich in Erinnerung ist mir noch heute ihr Parfum: "Magie Noire" - Schwarze Magie!
Für eine dunkelhaarige Frau wie sie, war es ein wunderbarer Duft: voll, warm und sinnlich!
Es ist aber auch ein Duft seiner Zeit. Einer Zeit der Opulenz:
Kleidung und Düfte waren gern kostbar; "Unisex" warf seine Schatten noch nicht voraus.
Eine Frau war eine Frau - sie kleidete sich entsprechend und sie duftete auch so!
"Magie Noire" eröffnet mit einem herrlich fruchtig-grünen Reigen: Schwarze Johannisbeere und Hyazinthe spielen dabei eine hervorragende Rolle.
Als nächstes betritt Honig die Bühne: warm und ein wenig zähflüssig. So umhüllt er die nachfolgenden Blüten, hauptsächlich von weißen Frühlingsblühern, mit einem besonderen Zauber.
Dazu setzt Ylang-Ylang funkelnde Lichtakzente.
Bisher ist es eine sehr lebendige Duftkomposition.
Sinnlich-erotisch, ja, sogar ein bisschen animalisch, vollendet eine Basis aus edlen Bestandteilen diesen Duft.
Besonders Eichenmoos und Patchouli dominieren hier leicht. Aber alles fügte sich harmonisch ineinander.
"Magie Noire" entwickelt sich sehr weiblich, zeitweise sogar lockend.
Die für heutige Düfte überdurchschnittliche Haltbarkeit begleitet ja viele der damaligen Duftschöpfungen.
Auch "Magie Noire" ist hier keine Ausnahme: dieser Duft und die Frau, die ihn trug, waren einfach präsent!
Der Flacon ist sehr eindrucksvoll: schwarz mit kräftigen Farben!
Ich erinnere mich noch, dass er sehr gut in der Hand lag; selbst bei meinen kleinen Pfoten.
Nie werde ich die Duftmischung vergessen, die sich mir beim Öffnen der Wohnungstür offenbarte, nachdem ich Petra wieder einmal spät nachts zum Taxi gebracht hatte: ein feiner Hauch nach gutem Essen, Zigarettenrauch, ihr "Magie Noire" und mein "Chloé"!
Das war ein wahrhaft magischer Duft!
Denn wir saßen oft stundenlang bei mir zusammen: aßen mehr als genug, tranken ein bisschen zu viel, rauchten unzählige Zigaretten und redete, redeten, redeten.
Schritt der Abend weiter fort, schwiegen wir auch miteinander: das konnten wir uns leisten; wir kannten uns sehr gut!
"Magie Noire" ist für mich der Duft einer Freundschaft, die dann doch irgendwie im Sand verlief.
Schade! und auch wieder schön: die Erinnerung bleibt und auch dieser Duft!