06.09.2016 - 17:22 Uhr

DasguteLeben
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Spezereien
"Incensis Bruder lebte in den Wäldern und kleidete sich in ein Gewirk aus Kräutern und Laub. Während sein Bruder Klöster, Kirchen und Tempel liebte, sah man ihn selten in der Nähe von Gebäuden. Gelegentlich aber konnte man ihn beim Wagen des Gewürzhändlers erspähen, wenn dieser nach dem Markttag die Stadt verließ und man munkelte er besuche oft die alte Heilerin am Dorfrand, von der es heisst, sie sei eine Hexe. Brüder aber sind sie zweifellos, das würde auch ein Fremder auf Anhieb erkennen."
Ich habe Lorenzoi Villoresis Düfte auf Anhieb gemocht und gehöre damit offenbar zu einer Minderheit. Luca Turin suggerierte in seinen kühlen Rezensionen er sei ein dilettantischer Fatzke (für mich schwang da stets ein mir nicht näher erklärliches italienisches Sozial-Ressentiment mit) und seine Düfte werden oft als chaotisch überfrachtet oder allzu simpel beschrieben. Ich fand sie immer herrlich dicht und von einer schlüssigen inneren Logik. Grundthema Villoresis in den Mitt-Neunzigern war "Italien trifft den Orient" - klassische adriatisch-mediterrane Zitrus- und Kräuterakkorde vermählen sich mit würzig-balsamischen Arabesken. Incensi und Spezie teilen Zimt als wesentliches Duftmerkmal, aber daneben eben auch diese grundsätzliche Okkzident-Orient DNA (Piper Nigrum ist der dritte markante Duft dieser Art).
Schon der Auftakt ist voll, aber trocken - Kardamom, Lorbeer, Muskat, Minze und Pfeffer (die zwei letzteren prononciert, aber nicht so dominant wie im Auftakt von Piper Nigrum) bieten alle eine gewisse ätherische Schärfe, die für die fehlenden Zitrusnoten einstehen muß, aber Koriander, Cumin (sorgsam gedrosselt) und vor allem der Zimt steuern auch Wärme bei. Die klassische Pyramide ist hier auf den Kopf gestellt: Spezie beginnt orientalisch und die Zimtnote bleibt prägend, aber die Entwicklung führt nach Norden, ins ur-italienische Kräutergärtlein. Ätherische Frische von Salbei, Rosmarin und Tomatenblatt führt die kühleren Kopfnoten fort, aber zunehmend dominanter; das zieht oft den Kommentar nach sich, Villoresi habe hier wohl seinem unaufgeräumten Gewürzschrank ein olfaktorisches Denkmal gesetzt. Für mich aber hält das Zimtherz das Ganze zusammen und kontrastiert gleichsam die kühl-scharfen Gewürznoten mit seiner warm-scharfen Aura. Sicher ist das nicht jedermans - oder jederfraus - Sache, aber ich empfinde es als eine interessante und gelungene Studie.
Ich habe Lorenzoi Villoresis Düfte auf Anhieb gemocht und gehöre damit offenbar zu einer Minderheit. Luca Turin suggerierte in seinen kühlen Rezensionen er sei ein dilettantischer Fatzke (für mich schwang da stets ein mir nicht näher erklärliches italienisches Sozial-Ressentiment mit) und seine Düfte werden oft als chaotisch überfrachtet oder allzu simpel beschrieben. Ich fand sie immer herrlich dicht und von einer schlüssigen inneren Logik. Grundthema Villoresis in den Mitt-Neunzigern war "Italien trifft den Orient" - klassische adriatisch-mediterrane Zitrus- und Kräuterakkorde vermählen sich mit würzig-balsamischen Arabesken. Incensi und Spezie teilen Zimt als wesentliches Duftmerkmal, aber daneben eben auch diese grundsätzliche Okkzident-Orient DNA (Piper Nigrum ist der dritte markante Duft dieser Art).
Schon der Auftakt ist voll, aber trocken - Kardamom, Lorbeer, Muskat, Minze und Pfeffer (die zwei letzteren prononciert, aber nicht so dominant wie im Auftakt von Piper Nigrum) bieten alle eine gewisse ätherische Schärfe, die für die fehlenden Zitrusnoten einstehen muß, aber Koriander, Cumin (sorgsam gedrosselt) und vor allem der Zimt steuern auch Wärme bei. Die klassische Pyramide ist hier auf den Kopf gestellt: Spezie beginnt orientalisch und die Zimtnote bleibt prägend, aber die Entwicklung führt nach Norden, ins ur-italienische Kräutergärtlein. Ätherische Frische von Salbei, Rosmarin und Tomatenblatt führt die kühleren Kopfnoten fort, aber zunehmend dominanter; das zieht oft den Kommentar nach sich, Villoresi habe hier wohl seinem unaufgeräumten Gewürzschrank ein olfaktorisches Denkmal gesetzt. Für mich aber hält das Zimtherz das Ganze zusammen und kontrastiert gleichsam die kühl-scharfen Gewürznoten mit seiner warm-scharfen Aura. Sicher ist das nicht jedermans - oder jederfraus - Sache, aber ich empfinde es als eine interessante und gelungene Studie.
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