03.04.2025 - 01:56 Uhr

Intersport
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Top Rezension
23
Florentinische Resistance
Wenn anderswo die pro/ml Preise bizarre Ausmasse annehmen, Duftmäßig oftmals nur mehr Mittelmaß geboten wird, oder immer absurder erscheinende legacy=neo-retro=adabei=private=exklusivitäten angeboten werden, lohnt sich ein Blick nach Florenz. Ganz im Stil eines sprichwörtlichen gallischen Dorfes bzw. eher einer etruskischen Festung macht hier Lorenzo Villoresi, scheinbar stoisch, seit Jahren, sein Ding, d.h. er pflegt vor allem ein Portfolio Grund-solider, oft ausgeklügelter und so ganz und gar nicht marktschreierischer Parfums, bei denen nur alle heiligen Zeiten mal was Neues dazu kommt. In der Tat eine Art slow perfumery.
Besonders gelungen sind dabei die ersten Veröffentlichungen aus den 90'er Jahren, alles Musterbeispiele für Autoren-Parfumerie, im Geist durchaus verwandt mit den ersten Diptyque's, Goutal's oder frühen L'Artisan's bzw. Maitre Parfumeur et Gantier's, etc. Bei Villoresi erschien in diesen Jahren u.a. ein toller Patchouli Klassiker (Patchouli, 1996), einen superber Nelkenduft (Garofano, 1995), Weihrauch als dieser noch nicht trendy war (Inscensi, 1997), ein Apertitivo Spritz-artiges Tomatenblatt/Kräuter/Gewürz Wasser (Spezie, 1994), eine Pfeffer Referenz (Piper Negrum, 1999) und auch konservativeres, low-key: ein klares und sympathisch traditionelles Gewürz-Sandelholz (Sandalo, 1995) und eben auch dieses Vetiver.
Und hier fängt es auch schon an: für Vétiver Hardliner*Innen bietet Villoresi's rendering womöglich zu viel Ablenkung. Es ist ein Gewürz-Vétiver, in seiner Vielstimmigkeit an nahezu gleichberechtigten Zutaten, ähnlich wie es Patricia de Nicolaï rund ein Jahrzehnt später auch mit 'ihrem' Vétiver (2004) machen sollte - und zugleich ist es für alle die einen Breitband-Gewürz-Duft suchen, vermutlich zu Vétiver-lastig.
Für meinen Teil mag ich diese Setzung sehr. Vergleiche mit dem um ein paar Jahre früher erschienenen Vétiver Eau de Cologne von Etro (1989) kann ich nicht zustimmen, dieses setzt auf eine deutlichere Vétiver Gewichtung; im Geiste verwandt ist vielleicht noch Vetiver Royal Bourbon (2014) wobei diese auch wieder auf massiveres und öligeres Vétiver setzt. Villoresi's Vétiver ist leicht, insgesamt graziler, eben bella figura. Auch erscheint mir Bogue's O/E (2015) in manchen Aspekten nahe.
Das Vétiver selbst - seitens der Marke als Melange aus Bourbon (La Réunion) und Java Destillaten bezeichnet - wird dabei gleich von Beginn an in einer Nelken/Muskat/Zimt/ Nachbarschaft präsentiert, und von der für Villoresi in diesen Jahren so typischen Gewürz/Potpourri-Basis getragen, was wiederum eine Art Verdoppelung von diesen übergeordneten Akteuren bewirkt, und eine clevere Art ist, dass die erwähnte Polyphonie bis in den Ausklang erhalten bleibt - die Basis als versetztes Spiegelbild… Ganz leicht seifig ist das Ganze obendrein, ja auch klassische Rasierwasser Nuancen lassen sich erahnen, anfangs von etwas zitrisch-aromatischen Grünzeug gerahmt, was mit einer dezenter Säure, ähnlich wie diese in Grain de Plaisir (1988) glänzt - Selleries-Blätter im Kontext vermute ich - Gemüse-artige Einschläge, wie sie etwa bei L'Être Aimé Homme (2008) vorkommen, gibt es keine.
Auch wenn das nun alles vielleicht etwas viel klingt - und hier stimme ich DasguteLeben's Einschätzung von 2016 zu Spezie, meinem Lieblings-Villoresi, dass einige der Arbeiten aus den 90'er Jahren des Parfumeurs als Thema "klassische adriatisch-mediterrane Zitrus- und Kräuterakkorde vermählen sich mit würzig-balsamischen Arabesken." aufwiesen, und zwar stets mit einer 'schlüssigen inneren Logik'. - das Vétiver bleibt, vermutlich auf Grund seiner luftigen Bauweise, immer lichtdurchlässig, fast transparent.
Abgesehen davon dass Vetiver ein wunderschönes, und im besten Sinne unmodisches Parfum ist, konnte dieses in den letzten Jahren, als immer aufdringlicherer Charakterzüge en-vogue wurden, bei mir gerade wegen seiner diskreten Projektion punkten. Auch wenn die ersten Momente von Vetiver sehr deutlich formuliert sind, so zieht sich der Duft schnell zurück. Was bleibt ist ein überzeugender 'Rest', mehrere Überlappungen mit Villoresi's Sandalo obendrein, passt auch. Formulierungen in der ersten, blauen Flasche und Zweitauflage sind ident.
Besonders gelungen sind dabei die ersten Veröffentlichungen aus den 90'er Jahren, alles Musterbeispiele für Autoren-Parfumerie, im Geist durchaus verwandt mit den ersten Diptyque's, Goutal's oder frühen L'Artisan's bzw. Maitre Parfumeur et Gantier's, etc. Bei Villoresi erschien in diesen Jahren u.a. ein toller Patchouli Klassiker (Patchouli, 1996), einen superber Nelkenduft (Garofano, 1995), Weihrauch als dieser noch nicht trendy war (Inscensi, 1997), ein Apertitivo Spritz-artiges Tomatenblatt/Kräuter/Gewürz Wasser (Spezie, 1994), eine Pfeffer Referenz (Piper Negrum, 1999) und auch konservativeres, low-key: ein klares und sympathisch traditionelles Gewürz-Sandelholz (Sandalo, 1995) und eben auch dieses Vetiver.
Und hier fängt es auch schon an: für Vétiver Hardliner*Innen bietet Villoresi's rendering womöglich zu viel Ablenkung. Es ist ein Gewürz-Vétiver, in seiner Vielstimmigkeit an nahezu gleichberechtigten Zutaten, ähnlich wie es Patricia de Nicolaï rund ein Jahrzehnt später auch mit 'ihrem' Vétiver (2004) machen sollte - und zugleich ist es für alle die einen Breitband-Gewürz-Duft suchen, vermutlich zu Vétiver-lastig.
Für meinen Teil mag ich diese Setzung sehr. Vergleiche mit dem um ein paar Jahre früher erschienenen Vétiver Eau de Cologne von Etro (1989) kann ich nicht zustimmen, dieses setzt auf eine deutlichere Vétiver Gewichtung; im Geiste verwandt ist vielleicht noch Vetiver Royal Bourbon (2014) wobei diese auch wieder auf massiveres und öligeres Vétiver setzt. Villoresi's Vétiver ist leicht, insgesamt graziler, eben bella figura. Auch erscheint mir Bogue's O/E (2015) in manchen Aspekten nahe.
Das Vétiver selbst - seitens der Marke als Melange aus Bourbon (La Réunion) und Java Destillaten bezeichnet - wird dabei gleich von Beginn an in einer Nelken/Muskat/Zimt/ Nachbarschaft präsentiert, und von der für Villoresi in diesen Jahren so typischen Gewürz/Potpourri-Basis getragen, was wiederum eine Art Verdoppelung von diesen übergeordneten Akteuren bewirkt, und eine clevere Art ist, dass die erwähnte Polyphonie bis in den Ausklang erhalten bleibt - die Basis als versetztes Spiegelbild… Ganz leicht seifig ist das Ganze obendrein, ja auch klassische Rasierwasser Nuancen lassen sich erahnen, anfangs von etwas zitrisch-aromatischen Grünzeug gerahmt, was mit einer dezenter Säure, ähnlich wie diese in Grain de Plaisir (1988) glänzt - Selleries-Blätter im Kontext vermute ich - Gemüse-artige Einschläge, wie sie etwa bei L'Être Aimé Homme (2008) vorkommen, gibt es keine.
Auch wenn das nun alles vielleicht etwas viel klingt - und hier stimme ich DasguteLeben's Einschätzung von 2016 zu Spezie, meinem Lieblings-Villoresi, dass einige der Arbeiten aus den 90'er Jahren des Parfumeurs als Thema "klassische adriatisch-mediterrane Zitrus- und Kräuterakkorde vermählen sich mit würzig-balsamischen Arabesken." aufwiesen, und zwar stets mit einer 'schlüssigen inneren Logik'. - das Vétiver bleibt, vermutlich auf Grund seiner luftigen Bauweise, immer lichtdurchlässig, fast transparent.
Abgesehen davon dass Vetiver ein wunderschönes, und im besten Sinne unmodisches Parfum ist, konnte dieses in den letzten Jahren, als immer aufdringlicherer Charakterzüge en-vogue wurden, bei mir gerade wegen seiner diskreten Projektion punkten. Auch wenn die ersten Momente von Vetiver sehr deutlich formuliert sind, so zieht sich der Duft schnell zurück. Was bleibt ist ein überzeugender 'Rest', mehrere Überlappungen mit Villoresi's Sandalo obendrein, passt auch. Formulierungen in der ersten, blauen Flasche und Zweitauflage sind ident.
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