12.02.2022 - 12:46 Uhr
Medusa00
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Medusa00
Geschichte Top Rezension
25
Bonjour Tristesse
Heutzutage fährt man zum Golfen nicht mehr nach Saint- Tropez, denn Saint-Tropez ist auch nicht mehr das was es mal war seit es Ludovic Cruchot und seine Gendarmen nicht mehr gibt. Also begibt man sich in die Vogesen und der dortige Golfplatz, samt Club ist ein Geheimtipp auch für internationales Publikum. Das Clubhaus mit entsprechenden Apartments und Bistro steht auf einer Anhöhe. Davor ist eine großzügige Terasse auf der sich diverse Damen der erstbesten Gesellschaft nieder gelassen haben, die desinteressiert und gelangweilt ihren Männern beim Einlochen zusehen. Jede sitzt an einem separaten Tisch, weil sie sich nicht leiden können. Es ist ein Nachmittag im Mai.
Die Damen haben die besten Jahre schon hinter sich, aber immerhin gibt es doch Botox und Schönheitschirurgen.
Madame de S. (die sich auf Catherine Deneuve zurecht schneidern ließ), knallt laut hörbar einen Parfumflacon (siehe oben) auf den Tisch, damit die umsitzenden alten Mädchen ja auch alle mitkriegen, was sie sich so leisten kann. An das Glas hat sie einen Sticker geklebt auf dem steht :“370,- €“. Sie nebelt sich großflächig damit ein. Am Nebentisch sitzt Dulcinea, die keine Spanierin ist, aber diesen Namen bekam, weil ihr Vater Don Quichote verehrt hat. Ein grünfruchtiger Schleier weht zu Dulcinea herüber, der mit ein bißchen zironig-harziger Note in der Nase kratzt. Sie wirft der verhinderten Deneuve einen giftigen Blick zu, da wenigstens der Duft ihr spanisch vorkommt.
Am Tisch Nr. 3 thront eine Wasserstoffperoxid (12%) blondierteWalküre mit Turmfrisur und himmelblauem Lidschatten, sie nestelt an ihrer Goldlamé Bluse und streichelt ihre hopsenden Möpse . Dabei denkt sie :“ Hätte ich mir doch lieber einen Neufundländer angeschafft, da muß ich mich nicht bücken, wenn ich mit dem kuscheln will.“ Ein Hauch von gepfeffertem Koriander und Rosenfluff zieht an ihr vorbei und sie glaubt, daß Gerlinde in der Küche sich wieder in französischer Cuisine übt.
Lady Chatterley lehnt an einer Statue, die aussieht wie der Parfumflacon und hält Ausschau nach dem Wildhüter.
Unten auf dem Golfplatz laufen ältere Herren in Nickerbockers und karierten Strümpfen herum und versuchen die Bälle einzulochen. Sie treffen selten. Hinter dem Platz ist ein See mit Seerosen und Fröschen. Viele Fröschen haben blutunterlaufene Augen, weil sie ständig die Bälle ins Gesicht kriegen. Hinter dem See ist ein Wald. Der moschustriefende Wildhüter zerrt Lady Chatterley in sein Hütte. Da Lord Chatterley schon lange nicht mehr einlochen kann, fährt er jetzt den Caddy.
Gerlinde in der Küche stammt aus Sachsen und sie hat es nach Frankreich verschlagen, weil sie vor 30 Jahren Pierre de Bois geheiratet hat, welcher das Factotum und gleichzeitg der Verwalter und Hausmeister des Club´s ist. Er erzählt jedem, daß er eigentlich aus der Cascogne stammt, aber seine Vorfahren, die Hugenotten waren, nach Deutschland flüchten mußten. Seit 20 Jahren ist er mit Gerlinde zurück. Vorher hat er sich nicht getraut, weil er nicht wußte, ob die Franzosen alte Hugenotten wieder rein lassen.
Gerlinde ist Hausdame, Mädchen für alles und Köchin. Heute ist sie besonders unwirsch: „Da is se wieder de Hod Waulee. Dabei benehm se sich wie die Hoddendodden. Nu griegn se geine Au Döwres, die werdsch lüfdn! Heude gibds Feddbemm, Leberwurschdbemm und Bemm mid Horzer Gäse. Gornischons, die gönn mich ma mit Gornischons! Senfgurgn ausm Schbreewald, da wen die aber gugn! Der bleede Lord will immer Dee. Dem werdsch aber lüfdn! Heude griegd der Muggefug (Malzkaffee).
Wenn die Denöfe für Arme wieder besoffn is, gibbe ich mir der ihr schönes Barfüm in ne Dasse. Die Guh gibt nie Dringgeld, der werd ich aber lüfdn!
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