Naaase
Sehr hilfreiche Rezension
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Rotkäppchen und Pu der Beer
Rotkäppchen und Pu der Beer
"Rot, rot, rot sind alle meine Kleider,
rot, rot, rot ist alles, was ich hab'.
Darum lieb' ich alles, was so rot ist,
weil mein Schatz ein Feuerwehrmann ist."
1.
Diese Strophe des (zu) oft gesungenen Kinderliedes kommt mir beim Betrachten des Flakons des im Jahre 2013 erschienenen "Polo Red" aus dem Hause "Ralph Lauren" in den Sinn. Nun ist mein Schatz kein Feuerwehrmann, auch wenn ich zugeben muss, dass bei uns Zuhause manchmal ganz schön "die Hütte brennt." So zum Beispiel, wenn ich vergessen habe, die Geschirrspülmaschine auszuräumen.
Aber in diesen Momenten sollte ich dann vielleicht besser "Polo Red" tragen. Denn dessen Werbeankündigung klingt vielversprechend: "Polo Red ist ein Duft für den Mann, der die Herausforderung liebt: Geschwindigkeit, Adrenalin und Verführung sind seine Leidenschaft. Die Komposition überzeugt mit einer feurigen Mischung aus würzigem rotem Safran, frischer roter Grapefruit und rotem Zedernholz. Das macht Polo Red zu einem gefährlich-verführerischen und berauschenden Adrenalinkick."
2.
"Polo Red" beginnt dann auch -entsprechend dieser Ankündigung- zitrisch. Doch nur sehr kurz. Eine Grapefruit und auch eine Zitrone. Sie wirken weniger wie zwei einzelne Früchte. Eher wie ein Korb mit Zitrusfrüchten, den uns gerade der Obsthändler unseres Vertrauens (vorzugsweise südländischer Herkunft) voll gepackt hat. Wir philosophieren mit diesem Obsthändler gerade noch über die "Squadra Azzura" und deren WM-Titelchancen, als uns auffällt, dass dieser Obsthändler offensichtlich nicht nur Zitrusfrüchte in seinem liebevoll ausgewählten Sortiment führt, sondern möglicherweise in den frühen Morgenstunden auch eine umfangreiche Lieferung an sehr süßen Beeren erhalten hat. Ein ebenso kurzer wie verstohlener Blick in die Duftpyramide verrät uns, dass bei dem Großhändler wiederum seines Vertrauens angeblich "Cranberries" besonders günstig im Angebot gewesen sein müssen. Wahrscheinlich abgelenkt von den sehr emotional geführten Fußball-Diskussionen vermag ich diese "Großfrüchtige Moosbeere" nicht so deutlich zu erkennen. Mich erinnert das Ganze eher an ein Potpourri von Waldfrüchten, die man -vorzugsweise heiß serviert- an warmen Sommertagen auf der sonnenüberfluteten Terrasse eines unmittelbar an einer dicht befahrenen Straße befindlichen Ausflugslokals auf sein (beileibe nicht selbst produziertes) Vanille-Eis bekommt. Und so riecht das jetzt für mich. Natürlich muss man sich das Vanille-Eis dabei weg denken. Also eher ein Korb voller Früchte des Waldes, die Rotkäppchen (natürlich neben den obligatorischen Blümchen) möglicherweise auf seinem so verhängnisvollen Weg zur kränklichen Großmutter noch schnell im dunklen Wald eifrigst gesammelt hat.
Es wird dann würziger. Unser "Rotkäppchen-Wald" befindet sich wohl in Südfrankreich, da nunmehr etwas duftender Lavendel und würziger Salbei auszumachen sind. Rotkäppchen scheint aber bei seiner Beeren-Pflück-Aktion sehr fleißig gewesen zu sein. Denn: Nach wie vor dominiert dieses Gemisch von Beeren-Tönen. Nur, nunmehr etwas würziger, etwas mediterraner unterlegt. Den in der Duftpyramide angegebenen "Roten Safran" vermag ich leider nicht auszumachen. Offensichtlich wurde dieser in unserem Märchenwald gerade kurz vor Eintreffen des fleißigen Rotkäppchens von einem Produzenten eines hochwertigen Oud-Duftes restlos abgeerntet. Ist auch besser so. Obgleich unsere Großmutter und möglicherweise sogar der diese dann so grausam verschlingende böse Wolf sich über etwas Safran und vielleicht auch über einen hochwertigen Oud-Safran-Duft gefreut hätten. Nun ja, nun müssen sie halt mit den würzigen Beeren des unweiten Waldes vorlieb nehmen.
Und wie es sich für einen Wald gehört stehen da auch Bäume. In unserem Märchenwald zumindest vereinzelt. Man könnte an dieser Stelle fast sagen, dass es hier nicht so ist, dass man "den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht". Nein, nein, so viele Bäume und damit Hölzer sind's dann bei "Polo Red" in der Basis auch wieder nicht. Dafür ist's ein Mischwald. Was aus ökologischer Sicht durchaus begrüßenswert erscheint ist jedoch aus olfaktorischer Sicht dann eher bedauerlich, da ich leider nicht in der Lage bin, in diesem Märchen-Wald einzelne Sandel-, Zedern- oder auch Tannenhölzer auszumachen. Gesicherte Erkenntnis ist hingegen, dass sich unser Rotkäppchen nun langsam sputen muss, da langsam aber sicher die Dunkelheit herein bricht. Rein olfaktorisch gesehen sorgt Amber für diesen Effekt. Leicht im Hintergrund untermalt er unseren gefüllten Korb eifrigst gesammelter und anschließend sogleich mediterran gewürzter Waldbeeren. Und begleitet bei hereinbrechender Dunkelheit unser Rotkäppchen auf seinem verhängnisvollen Weg für einige Stunden.
Mein Fazit:
Da ist noch die Frage, die mich schon die ganze Zeit beschäftigt: Überliefert ist leider nicht, ob denn der böse Wolf aus dem berühmten Märchen der Gebrüder Grimm nach dem Verschlingen der besagten (und wohl auch betagten) Großmutter unmittelbar vor dem Erscheinen des eifrigen Försters zum Nachtisch die Beeren in Form von Ralph Lauren's "Polo Red" genossen hat. Ich denke, eher nicht. Denn sonst wäre ja in der Werbeankündigung gestanden: Benutze "Polo Red - dann klappt's auch mit dem Förster."