„Der Duft ist zitrisch-frisch.“ Diese Qualität, die parfumo dem Oudh al Misk zuschreibt, brachte mich dazu, mir dieses Parfum für den Sommer zu bestellen. Aber natürlich nicht nur. Die mehrheitlich guten Bewertungen machten mich neugierig. Ihnen zufolge soll es sich bei Oudh al Misk um einen Duft handeln, der trotz seines günstigen Preises von seiner Qualität her durchaus mit großen Marken mithalten kann. Last not least faszinieren mich Oud-Düfte wegen ihres Nuancenreichtums. Außerdem mag ich den Orient und orientalische Duftnoten – sofern sie mit dem europäischen Geschmack einigermaßen kompatibel sind.
Rasasi, ein Parfumhersteller aus Dubai, bezeichnet sich auf seiner Website als Designer für Nischendüfte, betont aber, dass viele seiner Düfte auch dem europäischen Geschmack entsprechen. Kein Wunder, dass er inzwischen international bekannt und beliebt ist. Er unterscheidet auf seiner Website traditionelle orientalische Düfte von solchen, die den europäischen Duftvorlieben entsprechen. Ich hatte schon viel Gutes über Rasasi gehört. Es war also an der Zeit, einmal einen seiner Düfte zu testen. Meine Wahl fiel auf den Oudh al Misk. Misk bedeutet im Arabischen Moschus. Der Duft ist für den europäischen Geschmack geeignet und gilt als frischer Unisexduft für heiße Tage.
Ich bestelle ihn blind im 100-ml-Flakon online für € 11,11 im Rahmen einer Portofrei-Aktion. Ein echtes Schnäppchen also.
Natürlich hab ich mir zuvor neben den zahlreichen Kommentaren auch die „Duftpyramide“ angesehen. Oudh al Misk enthält viele Duftnoten. In der Kopfnote finden sich helle Düfte wie Bergamotte, Grapefruit und Orange, aber auch Galbanum und Muskatellersalbei. Ich bin gespannt, wie sich die mit meiner europäischen Haut vertragen.
Der Flakon verdient ebenfalls Aufmerksamkeit. Er besteht aus geeistem Glas in der Form eines schlanken Quaders. Der mattgoldene Verschluss ist mit dem arabischen Schriftzug Rasasi verziert. Das Parfum kommt in einem eleganten und sehr wertig wirkenden Karton in Schwarz und Gold. Auch wenn der Flakon selbst recht einfach gestaltet ist, spürt man sofort den Orient. Mir gefällt, dass der Flakon, wenn man ihn aus dem Karton nimmt, sofort etwas Helles, Strahlendes ausstrahlt. Ich hoffe, dass ich das im Duft genauso wiederfinde. Immer wieder hab ich von einer Gin-Tonic-Note gelesen, die dieses Parfum auszeichnen soll. Auf die bin ich gespannt und stelle sie mir toll vor.
Der erste Eindruck nach dem Aufsprühen ist auch belebende Frische, die wohl zu einem großen Teil dem Alkohol geschuldet ist. Ja, da sind Zitrusnoten spürbar, vor allem Grapefruit und Orange, wobei es sich mehr um die bitteren Schalen dieser Früchte zu handeln scheint. Aber nur einen Moment. Dann tritt sofort der herbe Kräuterduft des Salbeis in den Vordergrund, gestützt vom harzigen Galbanum, das dem Duft eigentlich recht bald die Frische nimmt. Stattdessen erscheint der Duft nun erdiger, süßer, warm und würzig-aromatisch. Hier wird es orientalisch. Doch das habe ich erwartet. Galbanum stammt ja aus Persien. Das Duftöl wird aus den Wurzeln und Stängeln dieser Fenchelpflanze gewonnen. Eigentlich sollte anfangs die Grapefruit die Hauptrolle spielen. Darauf war ich eingestellt. Doch in Wirklichkeit dominieren die herb-süßlichen Kräuter. Mehr Zitrusaroma wäre mir persönlich lieber gewesen. Irgendwie erinnert mich der Duft an Rasierwasser aus früherer Zeit.
Die Mischung aus herb, süß und Kräutern ist „nicht so meins“. Das passt für mein Gefühl besser zu Männern, wobei ich mich aber frage, ob ich möchte, dass ein Begleiter von mir so riecht.
Ich hab den Eindruck, dass diese herbsüße Kräutermischung sehr lange bleibt, wie sie ist. Dabei wäre ich jetzt schon langsam neugierig auf die versprochene Rosengeranie und den Jasmin. Beides kann bei nicht sehr ausgewogener Mischung sehr schief gehen. Rosengeranie gilt als preisgünstiger Rosenersatz, obwohl dieses Storchenschnabelgewächs einer Rose nicht entfernt ähnlich sieht.
Es gibt zahlreiche Arten dieser Duftpelargonien mit unterschiedlichen Düften, die von Rose über Kiefernnadeln bis Weihrauch oder Apfel und Zitrone reichen. Welche hier verwendet wurde, wird nicht verraten. Da muss jeder selbst draufkommen.
Für mich wird der Kräuterduft nun wieder „heller“, was ich angenehm empfinde. Ich vermeine, so etwas wie zitrische Kiefernnadeln zu erschnuppern. Das wirkt interessant. Ich bin recht froh, dass sich die Kräuterdominanz langsam verzieht. Nicht ganz, aber für mich eträglicher.
Angenehm finde ich auch, dass sich das Zedernholz endlich meldet. Denn die herbe, trockene Holzigkeit mag ich.
Der namensgebende Moschus ist für mich überraschend animalisch und daher etwas gewöhnungsbedürftig. Er hat etwas Wildes, Maskulines und besitzt eine herbe Süße.
Von Jasmin, Ambra und Patchouli merke ich wenig. Bestenfalls nehme ich noch Sandelholz und Vetiver wahr.
Und das Gin-Tonic-Aroma, das so viele loben? Leider Fehlanzeige. Wo sollten auch der Gin bzw. Wacholder herkommen und die Zitrone? Nichts dergleichen ist vorhanden und meiner Ansicht nach auch nicht bemerkbar.
Auffallend ist, dass der Duft nicht immer in gleicher Weise erscheint. Es hängt offenbar sehr von Temperatur und anderen Voraussetzungen ab, wie er sich auf der Haut entwickelt. Das betrifft auch die Sillage, die ich manchmal stärker, dann wieder schwächer empfinde.
Die Haltbarkeit ist nicht allzu groß, doch bei einem Parfum dieser Preisklasse setze ich das auch nicht voraus.
Ich hab den Duft inzwischen oft benutzt. Meistens daheim. Ich trage ihn deshalb so häufig, weil ich nicht ganz mit ihm klar komme und wissen möchte, weshalb. Beim ersten Aufsprühen gefiel er mir sehr. Mittlerweile hat die Begeisterung nachgelassen. Ich würde ihn nicht mehr bestellen – zumindest nicht für mich. Mir scheint dieser Oud mehr für Herren geeignet zu sein.
Übrigens Oud – dass ich, obwohl Oudfan – ihn bisher nicht erwähnt hab, hat seine Gründe. Es ist ein Oud für Kenner. Wer ihn nicht kennt, wird ihn kaum wahrnehmen, was nicht unbedingt ein Nachteil sein muss, bedenkt man, dass manche Ouds streng, „stallig“, zu rauchig oder „medizinisch“ riechen. Auf jeden Fall kommt dieser Oud recht brav und wenig aufsehenerregend daher. Für mich als – wie gesagt – Oudfan ist er zu schwach, zu wenig definiert. Manche nennen ihn synthetisch. Das kann ich nicht beurteilen. So eine Expertin bin ich nicht. Ich kann nur sagen, mein letzter Oud, der vom Maison Francis Kurkdjian, hat mich wesentlich mehr überzeugt. Auch in ihm ist Orient, aber viel sanfter, runder, inspirierender, irgendwie geheimnisvoller, edler, harmonischer.
Sicher verträgt sich Oud auch mit Kräutern und zitrischen Noten, aber für mich muss das nicht sein. Ich bin eine Puristin. Mir gefällt es, wenn Oud den Ton angibt, entsprechend hochwertig ist und nur von anderen Noten wie Safran, Zeder und Harzen begleitet wird, um dadurch noch intensiver zu erscheinen. Kurkdjian hat das wundervoll hinbekommen.
Bei Rasasi mischen sich für meinen Geschmack zu viele unterschiedliche Zutaten. Vielleicht wäre hier weniger mehr gewesen. Man kann aber nicht allen gefallen. Ich hab mir den Duft mit viel Freude bestellt und hätte ihn gern geliebt, aber irgendwie sind wir nicht füreinander bestimmt. Oudh al Misk ist für mich wie erwähnt ein Herrenduft, der jemandem, zu dem er passt, sicher gut stehen mag, vor allem im Sommer. Mein Duft ist es leider nicht.