27.01.2021 - 13:54 Uhr
Chizza
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Der Fall der Schnee-Eule
Inspektor Wensker wagte den Schritt. Raus aus dem Ruhrpott, raus aus Herne hin nach Bayern und dort als Leiter einer kleinen Polizeistation fungierend. Herne war nicht mehr seins, eine Rockergruppe machte ihm das Leben schwer und so suchte er mit pubertierender Tochter und Hund eine neue Zukunft. Da kam das Gesuch aus Aicha vorm Wald gerade recht. Hier fand man seit einem Jahr keinen neuen Leiter für die dortige Dienststelle.
Gleich am ersten Tag fiel ihm das kongeniale aber auch vertrottelte Duo an erfahrenen Polizisten in seiner Dienststelle auf. Leider waren beide auch 50% des Teams und dazu noch die guten 50%. Er seufzte, würde aber das beste draus machen. Die beiden hießen Rubert und Schaller, es gab noch einen Junioren Kollegen welcher meist neben sich stand und eine junge und engagierte Polizistin, welche von den Kollegen nicht immer ganz ernst genommen wurde. Wensker hielt sie für die talentierteste Der vier. Kaum war er im Dienst, rief der erste Fall, das Einfangen einer Schneeeule. Vermutlich der Fall des Jahres, wenn nicht sogar der letzten Jahre in dieser kleinen Gemeinde, wo höchstens mal Fifi verschwand oder ein Bauer mit dem Traktor im Graben landete. Meist nach einem ausgiebigem Scheunenfest.
„Was ist passiert, Kollegen?“
„Dem Huber-Ernie ist eine seiner Schnee-Eulen weggeflogen, die Lisl.“
„Ist das nicht wenn überhaupt Sache der Feuerwehr?“
„Wir haben nur eine freiwillige und der Schorschi ist von gestern noch mitgenommen, die Kuh seines Neffens hatte gestern gekalbt, das war ein Fest!“
„Ok gut, dann kümmern wir uns drum, so sehe ich euch mal im Einsatz.“
„Ich bleib aber hier, ist bitterkalt da draußen und hab meine Brille nicht dabei. Wie soll ich da Schnee und Schnee-Eule auseinanderhalten?“, fragte Berno.
Wensker seufzte, nickte dann nur und hieß die verbliebenen drei, sich bereit zu machen um den „Tatort“ zu besichtigen.
Angekommen, stürmte Huber-Ernie auf die Polizisten los: „Na, Gottseidank, endlich! Die Lisl ist ja einer meiner besten, erst letzte Woche gewann ich den Preis für die beste Schnee-Eule in ganz Passau.“
„Alle Achtung, wieviel von diesen Eulen nehmen denn da Teil?“
„Sie meinen, außer meinen?“
„Ja, genau.“
„Eine, vom Pfungerer-Bernd, die hatte ich ihm mal verkauft. Und jetzt stiehlt mir der Sauhund die Schau. Aber dieses Mal hab ich ihn besiegt. Ich hab einfach Schilder zur Umleitung aufgestellt und er ist direkt ins Revier der Falkenzucht. Das gab ein ziemliches Federgerupfe, urkomisch. Haha.“
Wensker fand das eher befremdlich, ließ sich dann schildern, wann Lisl zuletzt gesehen worden ist und bemerkte einen charismatischen Duft. Der, so erfuhr er, kam von der Eule.
„Die Sache ist klar, wir folgen der olfaktorischen Spur. Schubert und Waller, wie sieht’s da aus?“
„Kein Problem“, antwortete Rubert, „ich bin da quasi Experte. Schaue regelmäßig auf YouTube den Jeremy und lese den Parfumo-Ticker.“
„Super, dann mal los!“
Man nahm einen süßlich frischen Duft wahr, welcher rasch grün und bitter wurde. „Kaut das Vieh Minze und Bounty oder was riecht das hier so, Huber-Ernie?“
„Jeden morgen reibt es sich kurz mit Minze und Kokosschalen ein, deswegen riecht es hier so frisch. Weil es aber so kalt ist und hereingeschneit hat, nimmt man vom Kokos nichts wahr.“
„Aha“, antwortete Wensker. „Und mit Schnee ist was gemeint? Das riecht ja eher wie Steine, Blätter und alles im Schnee. Jetzt wird es auch noch bitter grün, wie der Duft von abgebrochenen grünen Pflanzenstengeln.“
„Was denken Sie, was hier auf dem Boden unter dem Schnee liegt?“
„Na, das ist wohl wahr. Wir müssen hier entlang, da kommt der Geruch her. Ich hoffe mal, es wird später nicht nach Mäusekadavern riechen.“
So liefen sie zu fünft der Spur der Eule nach und kamen dabei an der Dorfkirche vorbei. Pfarrer Hubertus Maier saß draußen auf der Bank im Garten von der Kirche. „Pfarrer, haben Sie meine Lisl gesehen? Wir suchen Sie.“
„Naja, gesehen nicht aber diese Spur hier kam mir verdächtig vor.“
„Ah“, mischte sich Schaller ein, „das zertrampelte Irisbeet hier, klare Sache.“
„Nicht unbedingt, ich dachte da mehr an die tote Maus und die Vogelspuren.“
„Stimmt“, räumte Wensker ein und öffnete erstmal ein Mate-Getränk worauf der sprudelnde, aromatische Tee-Geschmack aufkam. Noch dominanter duftete es allerdings blumig-krautig, ja fast schon lieblich. Pfarrer Maier öffnete einen Messwein.
„Haben Sie hier irgendwie Harze verbrannt, Herr Pfarrer?“
„Freilich, der Weihrauch ist leer gewesen, da habe ich es mit Galbanum probiert. Dem Öl. War nicht erfolgreich. Aber was will man machen, bei dem Schnee kommt mein Weihrauch-Lieferant kaum durch.“
Nach etwas weiterem Geplänkel folgte man der Eulenspur bis hin zu einem Baum. Dort saß die Eule auch und das war olfaktorisch zu erkennen. Es duftete süßlich dank der Vanille, welche eher sauber und rein war. Die hatte die Eule gottweisswoher. Weiter roch es Milde tierisch, der tonnenschwere Ambrettehaufen übertünchte die fast skelettierten Zibetkatzen und Moschustiere, es ging eher blumig frisch zu.
„Möchte ich wissen, warum da Kadaver im Baum hängen?“
„....nein...?“
„Dann sag ich mal: Herr Huber, dort ist ihre Eule, die Lisl. Offensichtlich hat sie selber für Nahrung gesorgt und Tiere gefangen, die es hier in Bayern gar nicht geben sollte und die weitaus größer als sie sind. Ihr nervöses Zucken nehme ich ebenfalls wahr, wie auch ihr Jagdgewehr. Das hinterfrage ich hier und heute mal nicht. Riechen tut es hier auch nicht nach den dahinvegetierenden Tierleichnamen; mehr als ein olfaktorisches Grundrauschen kann ich nicht ausmachen. Insofern: schönen Tag und ich Ende mit einem Gedicht um sie abzulenken damit Rubert Sie entwaffnen und festnehmen kann:
„Tief im Schlummer Alles liegt
Nur vom Mond bewacht
Eine weiße Eule fliegt
Lautlos durch die Nacht
Wie ein Todesahnen glitt
Sie vorüber dicht
Bringt wohl leisen Schauer mit
Aber Schrecken nicht.““
Gleich am ersten Tag fiel ihm das kongeniale aber auch vertrottelte Duo an erfahrenen Polizisten in seiner Dienststelle auf. Leider waren beide auch 50% des Teams und dazu noch die guten 50%. Er seufzte, würde aber das beste draus machen. Die beiden hießen Rubert und Schaller, es gab noch einen Junioren Kollegen welcher meist neben sich stand und eine junge und engagierte Polizistin, welche von den Kollegen nicht immer ganz ernst genommen wurde. Wensker hielt sie für die talentierteste Der vier. Kaum war er im Dienst, rief der erste Fall, das Einfangen einer Schneeeule. Vermutlich der Fall des Jahres, wenn nicht sogar der letzten Jahre in dieser kleinen Gemeinde, wo höchstens mal Fifi verschwand oder ein Bauer mit dem Traktor im Graben landete. Meist nach einem ausgiebigem Scheunenfest.
„Was ist passiert, Kollegen?“
„Dem Huber-Ernie ist eine seiner Schnee-Eulen weggeflogen, die Lisl.“
„Ist das nicht wenn überhaupt Sache der Feuerwehr?“
„Wir haben nur eine freiwillige und der Schorschi ist von gestern noch mitgenommen, die Kuh seines Neffens hatte gestern gekalbt, das war ein Fest!“
„Ok gut, dann kümmern wir uns drum, so sehe ich euch mal im Einsatz.“
„Ich bleib aber hier, ist bitterkalt da draußen und hab meine Brille nicht dabei. Wie soll ich da Schnee und Schnee-Eule auseinanderhalten?“, fragte Berno.
Wensker seufzte, nickte dann nur und hieß die verbliebenen drei, sich bereit zu machen um den „Tatort“ zu besichtigen.
Angekommen, stürmte Huber-Ernie auf die Polizisten los: „Na, Gottseidank, endlich! Die Lisl ist ja einer meiner besten, erst letzte Woche gewann ich den Preis für die beste Schnee-Eule in ganz Passau.“
„Alle Achtung, wieviel von diesen Eulen nehmen denn da Teil?“
„Sie meinen, außer meinen?“
„Ja, genau.“
„Eine, vom Pfungerer-Bernd, die hatte ich ihm mal verkauft. Und jetzt stiehlt mir der Sauhund die Schau. Aber dieses Mal hab ich ihn besiegt. Ich hab einfach Schilder zur Umleitung aufgestellt und er ist direkt ins Revier der Falkenzucht. Das gab ein ziemliches Federgerupfe, urkomisch. Haha.“
Wensker fand das eher befremdlich, ließ sich dann schildern, wann Lisl zuletzt gesehen worden ist und bemerkte einen charismatischen Duft. Der, so erfuhr er, kam von der Eule.
„Die Sache ist klar, wir folgen der olfaktorischen Spur. Schubert und Waller, wie sieht’s da aus?“
„Kein Problem“, antwortete Rubert, „ich bin da quasi Experte. Schaue regelmäßig auf YouTube den Jeremy und lese den Parfumo-Ticker.“
„Super, dann mal los!“
Man nahm einen süßlich frischen Duft wahr, welcher rasch grün und bitter wurde. „Kaut das Vieh Minze und Bounty oder was riecht das hier so, Huber-Ernie?“
„Jeden morgen reibt es sich kurz mit Minze und Kokosschalen ein, deswegen riecht es hier so frisch. Weil es aber so kalt ist und hereingeschneit hat, nimmt man vom Kokos nichts wahr.“
„Aha“, antwortete Wensker. „Und mit Schnee ist was gemeint? Das riecht ja eher wie Steine, Blätter und alles im Schnee. Jetzt wird es auch noch bitter grün, wie der Duft von abgebrochenen grünen Pflanzenstengeln.“
„Was denken Sie, was hier auf dem Boden unter dem Schnee liegt?“
„Na, das ist wohl wahr. Wir müssen hier entlang, da kommt der Geruch her. Ich hoffe mal, es wird später nicht nach Mäusekadavern riechen.“
So liefen sie zu fünft der Spur der Eule nach und kamen dabei an der Dorfkirche vorbei. Pfarrer Hubertus Maier saß draußen auf der Bank im Garten von der Kirche. „Pfarrer, haben Sie meine Lisl gesehen? Wir suchen Sie.“
„Naja, gesehen nicht aber diese Spur hier kam mir verdächtig vor.“
„Ah“, mischte sich Schaller ein, „das zertrampelte Irisbeet hier, klare Sache.“
„Nicht unbedingt, ich dachte da mehr an die tote Maus und die Vogelspuren.“
„Stimmt“, räumte Wensker ein und öffnete erstmal ein Mate-Getränk worauf der sprudelnde, aromatische Tee-Geschmack aufkam. Noch dominanter duftete es allerdings blumig-krautig, ja fast schon lieblich. Pfarrer Maier öffnete einen Messwein.
„Haben Sie hier irgendwie Harze verbrannt, Herr Pfarrer?“
„Freilich, der Weihrauch ist leer gewesen, da habe ich es mit Galbanum probiert. Dem Öl. War nicht erfolgreich. Aber was will man machen, bei dem Schnee kommt mein Weihrauch-Lieferant kaum durch.“
Nach etwas weiterem Geplänkel folgte man der Eulenspur bis hin zu einem Baum. Dort saß die Eule auch und das war olfaktorisch zu erkennen. Es duftete süßlich dank der Vanille, welche eher sauber und rein war. Die hatte die Eule gottweisswoher. Weiter roch es Milde tierisch, der tonnenschwere Ambrettehaufen übertünchte die fast skelettierten Zibetkatzen und Moschustiere, es ging eher blumig frisch zu.
„Möchte ich wissen, warum da Kadaver im Baum hängen?“
„....nein...?“
„Dann sag ich mal: Herr Huber, dort ist ihre Eule, die Lisl. Offensichtlich hat sie selber für Nahrung gesorgt und Tiere gefangen, die es hier in Bayern gar nicht geben sollte und die weitaus größer als sie sind. Ihr nervöses Zucken nehme ich ebenfalls wahr, wie auch ihr Jagdgewehr. Das hinterfrage ich hier und heute mal nicht. Riechen tut es hier auch nicht nach den dahinvegetierenden Tierleichnamen; mehr als ein olfaktorisches Grundrauschen kann ich nicht ausmachen. Insofern: schönen Tag und ich Ende mit einem Gedicht um sie abzulenken damit Rubert Sie entwaffnen und festnehmen kann:
„Tief im Schlummer Alles liegt
Nur vom Mond bewacht
Eine weiße Eule fliegt
Lautlos durch die Nacht
Wie ein Todesahnen glitt
Sie vorüber dicht
Bringt wohl leisen Schauer mit
Aber Schrecken nicht.““
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