06.11.2023 - 11:33 Uhr
Pimm
3 Rezensionen
Pimm
4
Ledrig, harzig, orangenhaft, würzig, dunkelgrün, rauchig, mild-süß
... ohne wirklich nach Leder, nach bestimmten Harzen, Gewürzen, Kräutern, Hölzern oder einer Szenerie zu riechen, nicht deutlich nach Cognac oder Vanille und nur kurz nach Orange – wobei die verzehrbaren Noten wohl noch die konkretesten sind. Trotzdem hat PB in der Summe für mich einen hohen Wiedererkennungswert und alle ein, zwei Wochen habe ich ein bestimmtes Bedürfnis nach diesem Duft.
So hatte ich das vor einigen Monaten als Entwurf formuliert und wollte dann genauer auf die Einzeleindrücke eingehen und ihre Balance loben, aber inzwischen hat sich meine Wahrnehmung verändert, nämlich als wäre der Duft mit einem süßen, leicht metallischen Energydrink verdünnt worden. Im Auftakt hatte ich vorher einen ledrig-waldhaften Akkord gerochen, vielleicht gebildet durch kühle krautige Note und warmes Harz und Moos, dazu cremige, mild-süße Noten, die an abendrote Wolkenschlieren erinnern. Unter verschüttetem Zuckerwasser verlaufen diese vagen Landschaftsbilder ins Unkenntliche. Es könnte Ambrox verantwortlich sein, welches ich, seit es mir überhaupt in Düften auffällt, bei hoher Dosierung als helle, sterile Süße wahrnehme. (Insbesondere hat „Molecule 02“ für mich diese weiße, sehr süße Note.) In ohnehin süßen Düften stört das nicht unbedingt, aber vielleicht werde ich da zunehmend empfindlich. Ich schätze, es könnte auch an irgendeinem traubenhaften Frucht-Riechstoff liegen; eine hilfreiche Warnung („mit Ambrox sollte man hier klarkommen“) kann ich also nicht aussprechen.
Nach 1-2 Stunden verschwindet das Zuckrige und die bekannte gemäßigt süße, orangig-schokoladig-cremige und etwas würzige Mittel- und Spätphase stellt sich ein. Diese gefällt mir immer noch, ist nicht zu eindeutig gourmand, ist aber weniger interessant als die -erinnerte- Anfangsphase. Wobei der Duft mir – bei aller Liebe – immer zu schmeichlerisch, sentimental und warm war, um ihn tatsächlich tragen zu wollen. Jedenfalls kein Grund für weiteres Klagen, stattdessen möchte ich noch meine Notizen zu den Hersteller-Angaben und zu ähnlichen Düften verwerten.
Le Couvent hebt Orange und Weihrauch als „edle Materialien“ hervor und nennt ferner einen Cognac-Akkord und Davana. Etwas Cognac-haft riecht die cremige Süße schon, und vielleicht liefert Weihrauch die Branntwein-Note für diesen Akkord. Als eine eigenständige Hauptnote nehme ich Weihrauch aber nicht wahr. Orangensüße rieche ich selbst auf Papier nur für Sekunden und auf meiner Haut meist gar nicht. Stellenweise ist auch von bitterer Orange die Rede (bei den Noten dagegen ausdrücklich „Orange douce“), und ein Artikel [1] von Bella van der Weerd enthält eine Duftbeschreibung, die wirkt wie ein Pressetext und die eine Petitgrain-Note sowie Benzoe nennt. Etwas Vanillin wird PB schon enthalten, aber speziell die feine, vanillige Siam-Benzoe rieche ich gar nicht. Vielleicht eher die (wohl) würzigere sumatrische Sorte. Davana kenne ich aus anderen Düften überhaupt nicht. Als eine Artemisia-Art dürfte sie krautig riechen, aber Näheres traue ich mich den schillernden Beschreibungen im Web nicht zu entnehmen. Außer den genannten Noten rieche ich unscharf Würziges, leicht animalisch Harziges – Eichenmoos finde ich offenkundig, evtl. Labdanum (diese beiden kenne ich als Absolues), und Sumatra-Benzoe oder Styrax könnten passen. Außerdem vermute ich in den grünlichen und schokoladigen Noten eine mittlere Dosis Patschuli.
Was die Hintergrund-Geschichte betrifft, bietet Le Couvent die „Bucht von Panama“ an, die uns bei Sonnenuntergang mit ihrem Atem sinnlich umfängt. Sinnlichkeit und Sonnenuntergangsromantik kann ich bestätigen, und falls tatsächlich viel Ambrox enthalten ist, mag das auf manche auch etwas maritim wirken. Portobelo – laut Wikipedia eine der heutigen Schreibweisen – liegt offenbar nicht in der (pazifischen) Buch von Panama, auch nicht im Golf, sondern an der atlantischen Nordküste. Schön, über den Panamakanal ist (seit 1920) die Bucht von Portobelo aus schnell zu erreichen, aber es drängt sich doch der Eindruck auf, dass man sich beim Couvent mit den obskuren Orten, die der Botaniker Louis Feuillée um 1700 bereist hatte, nicht im Detail befasst hat. Van der Weerds o.g. Artikel zufolge, wurde die Couvent-Marke 2017 mit neuem Eigentümer neu ausgerichtet. (Jean-Claude Ellena hatte aber noch nicht die kreative Leitung übernommen.) Mein Eindruck ist, dass man sich von den Mönchen und Missionaren lösen wollte, ohne ganz die Anknüpfung an den Minime-Orden zu verlieren, und da kam dieser weitgereiste Botaniker, der dem Orden angehörte, gerade recht.
Die Sillage erscheint mir mittelprächtig und mindestens angemessen ausdauernd. Preislich lag PB 2019 noch im unteren mittleren Bereich (75 € für 100 ml bei LeCouventParfums.com), inzwischen ist der Preis um fast 50% gestiegen. Kein Vergleich zu den (allerdings viel niedriger konzentrierten) Preiswundern aus der Frühzeit des Couvent.
Mit „Jazz Club“, auf Parfumo derzeit die häufigste Nennung unter den ähnlichen Düften – und die am häufigsten bestrittene, hat PB für mich einiges gemeinsam – die süßen Noten von JC in Verbindung mit warmem Harz und Gewürz haben mich gleich an PB erinnert. Der grün-ledrige Aspekt hingegen geht JC ab (trotz einiger grüner Noten in der Pyramide) und JC ist plakativ: Rum und Zigarren sind klar zu erkennen, das Harz ist deutlich animalisch, die Gewürze tüchtig scharf. (Das Zuckerwasser-Problem habe ich mit JC nicht.) Bei „Side Effect“, dem nächstmeistgenannten Verwandten, finde ich bloß die Spätphase halbwegs ähnlich – cremig, leicht süß, alkoholisch, etwas rauchig, warmer Hintergrund, Cognac mit Obstbrand versetzt. Im früheren Duftverlauf zieht SE in geradezu rasanter Abfolge sehr spezifische Eindrücke aus dem Hut (etwa Karamell, Benzin, Kaugummi, Shisha-Tabak), während sich PB langsam und fließend entwickelt und wenig konkrete Assoziationen liefert – schon gar nicht solche ausgefallenen. Von Amouage kenne ich zu wenig, um Parallelen einschätzen zu können; PB ist für mich jedenfalls kein Exzentriker oder Exot.
[1] B. van der Weerd: “A New Line from Le Couvent des Minimes: Parfums Remarquables”, 2019, Zugriff erfordert ein Benutzerkonto:
https://www.fragrantica.com/news/A-New-Line-from-Le-Couvent-des-Minimes-Parfums-Remarquables-11872.html
So hatte ich das vor einigen Monaten als Entwurf formuliert und wollte dann genauer auf die Einzeleindrücke eingehen und ihre Balance loben, aber inzwischen hat sich meine Wahrnehmung verändert, nämlich als wäre der Duft mit einem süßen, leicht metallischen Energydrink verdünnt worden. Im Auftakt hatte ich vorher einen ledrig-waldhaften Akkord gerochen, vielleicht gebildet durch kühle krautige Note und warmes Harz und Moos, dazu cremige, mild-süße Noten, die an abendrote Wolkenschlieren erinnern. Unter verschüttetem Zuckerwasser verlaufen diese vagen Landschaftsbilder ins Unkenntliche. Es könnte Ambrox verantwortlich sein, welches ich, seit es mir überhaupt in Düften auffällt, bei hoher Dosierung als helle, sterile Süße wahrnehme. (Insbesondere hat „Molecule 02“ für mich diese weiße, sehr süße Note.) In ohnehin süßen Düften stört das nicht unbedingt, aber vielleicht werde ich da zunehmend empfindlich. Ich schätze, es könnte auch an irgendeinem traubenhaften Frucht-Riechstoff liegen; eine hilfreiche Warnung („mit Ambrox sollte man hier klarkommen“) kann ich also nicht aussprechen.
Nach 1-2 Stunden verschwindet das Zuckrige und die bekannte gemäßigt süße, orangig-schokoladig-cremige und etwas würzige Mittel- und Spätphase stellt sich ein. Diese gefällt mir immer noch, ist nicht zu eindeutig gourmand, ist aber weniger interessant als die -erinnerte- Anfangsphase. Wobei der Duft mir – bei aller Liebe – immer zu schmeichlerisch, sentimental und warm war, um ihn tatsächlich tragen zu wollen. Jedenfalls kein Grund für weiteres Klagen, stattdessen möchte ich noch meine Notizen zu den Hersteller-Angaben und zu ähnlichen Düften verwerten.
Le Couvent hebt Orange und Weihrauch als „edle Materialien“ hervor und nennt ferner einen Cognac-Akkord und Davana. Etwas Cognac-haft riecht die cremige Süße schon, und vielleicht liefert Weihrauch die Branntwein-Note für diesen Akkord. Als eine eigenständige Hauptnote nehme ich Weihrauch aber nicht wahr. Orangensüße rieche ich selbst auf Papier nur für Sekunden und auf meiner Haut meist gar nicht. Stellenweise ist auch von bitterer Orange die Rede (bei den Noten dagegen ausdrücklich „Orange douce“), und ein Artikel [1] von Bella van der Weerd enthält eine Duftbeschreibung, die wirkt wie ein Pressetext und die eine Petitgrain-Note sowie Benzoe nennt. Etwas Vanillin wird PB schon enthalten, aber speziell die feine, vanillige Siam-Benzoe rieche ich gar nicht. Vielleicht eher die (wohl) würzigere sumatrische Sorte. Davana kenne ich aus anderen Düften überhaupt nicht. Als eine Artemisia-Art dürfte sie krautig riechen, aber Näheres traue ich mich den schillernden Beschreibungen im Web nicht zu entnehmen. Außer den genannten Noten rieche ich unscharf Würziges, leicht animalisch Harziges – Eichenmoos finde ich offenkundig, evtl. Labdanum (diese beiden kenne ich als Absolues), und Sumatra-Benzoe oder Styrax könnten passen. Außerdem vermute ich in den grünlichen und schokoladigen Noten eine mittlere Dosis Patschuli.
Was die Hintergrund-Geschichte betrifft, bietet Le Couvent die „Bucht von Panama“ an, die uns bei Sonnenuntergang mit ihrem Atem sinnlich umfängt. Sinnlichkeit und Sonnenuntergangsromantik kann ich bestätigen, und falls tatsächlich viel Ambrox enthalten ist, mag das auf manche auch etwas maritim wirken. Portobelo – laut Wikipedia eine der heutigen Schreibweisen – liegt offenbar nicht in der (pazifischen) Buch von Panama, auch nicht im Golf, sondern an der atlantischen Nordküste. Schön, über den Panamakanal ist (seit 1920) die Bucht von Portobelo aus schnell zu erreichen, aber es drängt sich doch der Eindruck auf, dass man sich beim Couvent mit den obskuren Orten, die der Botaniker Louis Feuillée um 1700 bereist hatte, nicht im Detail befasst hat. Van der Weerds o.g. Artikel zufolge, wurde die Couvent-Marke 2017 mit neuem Eigentümer neu ausgerichtet. (Jean-Claude Ellena hatte aber noch nicht die kreative Leitung übernommen.) Mein Eindruck ist, dass man sich von den Mönchen und Missionaren lösen wollte, ohne ganz die Anknüpfung an den Minime-Orden zu verlieren, und da kam dieser weitgereiste Botaniker, der dem Orden angehörte, gerade recht.
Die Sillage erscheint mir mittelprächtig und mindestens angemessen ausdauernd. Preislich lag PB 2019 noch im unteren mittleren Bereich (75 € für 100 ml bei LeCouventParfums.com), inzwischen ist der Preis um fast 50% gestiegen. Kein Vergleich zu den (allerdings viel niedriger konzentrierten) Preiswundern aus der Frühzeit des Couvent.
Mit „Jazz Club“, auf Parfumo derzeit die häufigste Nennung unter den ähnlichen Düften – und die am häufigsten bestrittene, hat PB für mich einiges gemeinsam – die süßen Noten von JC in Verbindung mit warmem Harz und Gewürz haben mich gleich an PB erinnert. Der grün-ledrige Aspekt hingegen geht JC ab (trotz einiger grüner Noten in der Pyramide) und JC ist plakativ: Rum und Zigarren sind klar zu erkennen, das Harz ist deutlich animalisch, die Gewürze tüchtig scharf. (Das Zuckerwasser-Problem habe ich mit JC nicht.) Bei „Side Effect“, dem nächstmeistgenannten Verwandten, finde ich bloß die Spätphase halbwegs ähnlich – cremig, leicht süß, alkoholisch, etwas rauchig, warmer Hintergrund, Cognac mit Obstbrand versetzt. Im früheren Duftverlauf zieht SE in geradezu rasanter Abfolge sehr spezifische Eindrücke aus dem Hut (etwa Karamell, Benzin, Kaugummi, Shisha-Tabak), während sich PB langsam und fließend entwickelt und wenig konkrete Assoziationen liefert – schon gar nicht solche ausgefallenen. Von Amouage kenne ich zu wenig, um Parallelen einschätzen zu können; PB ist für mich jedenfalls kein Exzentriker oder Exot.
[1] B. van der Weerd: “A New Line from Le Couvent des Minimes: Parfums Remarquables”, 2019, Zugriff erfordert ein Benutzerkonto:
https://www.fragrantica.com/news/A-New-Line-from-Le-Couvent-des-Minimes-Parfums-Remarquables-11872.html
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