12.09.2021 - 10:35 Uhr
FioreMarina
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Der letzte Sommer
Es gibt Parfums, die mir Geschichten erzählen und manche davon habe ich schon für Euch aufgeschrieben.
Dieses hier allerdings nicht. In gewisser Weise erzählt es mir das Ende aller Geschichten. In diesem Parfum kommt kein Es-War-Einmal vor und auch kein Der-Tag-Wird-Kommen. Dieses Parfum erzählt vom Augenblick, von einem perfekt improvisierten Sommertag und obwohl oder weil von ihm eine zarte, blau-wässrige Frische ausgeht, muss es ein Tag am Meer eines Sonnenlandes sein, sucht Euch eins aus; für mich ist es keine Frage welches, schon deshalb, weil ich jetzt, in diesem Augenblick dort bin, am Strand von O, und, auf dem schmalen Streifen Sand zwischen Pinienwäldern und Meer mit Salado auf der Haut, nicht mehr versuche, den Augenblick festzuhalten und deswegen, ja, vielleicht deswegen eins mit ihm werde.
Das Manuskript, in dem ich gelesen habe, ist mir aus der Hand geglitten, der Hund hat zufrieden seinen Kopf darauf gelegt, träge hebt er die linke Augenbraue und sieht mich an als wolle er sagen: „Jetzt lass doch mal das Denken.“
Mein Blick wandert in die blaue Unendlichkeit bis weit hinten an den Horizont und hinauf in den Himmel, ich halte mein Gesicht in die Sonne, die, weißglühend, ihre Stahlen wie goldene Kinder auf dem Wasser spielen läßt.
Der Wind pfeift seinen Sommersong, er nimmt der Hitze die grausame Härte, fasst mir ins Haar, vom Wasser harte, salzige Strähnen, weht sie mir vor die Nase, Salz und Sonnencreme, dröhnt in meinen Ohren, trägt manchmal das Zirpen der Grillen von den Pinien zu mir und manchmal das Glockengeläut von dem spanischen Kastell am Rande der Bucht, nicht länger Symbol für Stärke oder Fremdherrschaft und nicht einmal mehr ein Mahner der Stunde, sondern nur einfach da. Und manchmal erklingt der Schrei einer Möwe.
Wellen sammeln sich da, wo Himmel und Erde zusammen fallen, erheben sich, durchlaufen auf dem Weg zu mir alle Farben, tiefes Azur, Violett, Vergissmeinnichtrosa, transparentes Türkis, funkelnd, glitzernd, bis sie, schaumkronengeschmückt, brechen und zart an meinen Zehen leckend, rhythmisch flüsternd ihr Mantra wiederholen: Jetzt! Jetzt! Jetzt!
Es ist schwer zu sagen, welche der Eindrücke, die in mich hinein sickern, vom Parfum her kommen und welche vom Wasser, vom Salz, vom Treibholz, das am Strand in der Sonne bleicht. Das eine geht in das andere über: frische Gurke und salzige Noten sind die beiden Hauptakteure, sofort da und von da ab präsent, bilden sie die Vorstellung des Meeres so wunderschön ab, dass man es in sich rauschen hört. Weiße Blüten streuen sich ein, es sind nur wenige und nur ganz zart, fast wehmütig süß, von einer sehnsuchtsvollen Tiefe, zusammen mit einem dezent dosierten Moschus, ganz leicht cremig. Und das holzig-harzige, ja, das könnte die ganze Zeit mitgeschwungen haben. Oder aber es kommt von den Pinien dort drüben, die die Sonne erbarmungslos das Harz aus der rauen Rinde schwitzen läßt. Aber am Ende ist das nicht wichtig. Es verschwimmt im dunstigen Ozon dieses Sommertages, im Rauschen von Wind und Meer, in der Unendlichkeit des Augenblicks.
Und auch das ist jetzt nicht wichtig, aber irgendwann werde ich wieder heim müssen, werde den Strand und wohl auch den Sommer zurücklassen müssen und trotzdem oder deshalb und wegen Salado, wird es sein, als würde der Sommer hier nicht enden. Als wäre es der erste und der letzte, als wäre es ein unendlicher Sommer, der auf mich wartet und mich, wenn ich will, umfängt, gurkenfrisch, blütenzart und salzig wie Tränen vom Glück des Augenblicks. Oder ist das nur die Gischt in meinem Gesicht?
Dieses hier allerdings nicht. In gewisser Weise erzählt es mir das Ende aller Geschichten. In diesem Parfum kommt kein Es-War-Einmal vor und auch kein Der-Tag-Wird-Kommen. Dieses Parfum erzählt vom Augenblick, von einem perfekt improvisierten Sommertag und obwohl oder weil von ihm eine zarte, blau-wässrige Frische ausgeht, muss es ein Tag am Meer eines Sonnenlandes sein, sucht Euch eins aus; für mich ist es keine Frage welches, schon deshalb, weil ich jetzt, in diesem Augenblick dort bin, am Strand von O, und, auf dem schmalen Streifen Sand zwischen Pinienwäldern und Meer mit Salado auf der Haut, nicht mehr versuche, den Augenblick festzuhalten und deswegen, ja, vielleicht deswegen eins mit ihm werde.
Das Manuskript, in dem ich gelesen habe, ist mir aus der Hand geglitten, der Hund hat zufrieden seinen Kopf darauf gelegt, träge hebt er die linke Augenbraue und sieht mich an als wolle er sagen: „Jetzt lass doch mal das Denken.“
Mein Blick wandert in die blaue Unendlichkeit bis weit hinten an den Horizont und hinauf in den Himmel, ich halte mein Gesicht in die Sonne, die, weißglühend, ihre Stahlen wie goldene Kinder auf dem Wasser spielen läßt.
Der Wind pfeift seinen Sommersong, er nimmt der Hitze die grausame Härte, fasst mir ins Haar, vom Wasser harte, salzige Strähnen, weht sie mir vor die Nase, Salz und Sonnencreme, dröhnt in meinen Ohren, trägt manchmal das Zirpen der Grillen von den Pinien zu mir und manchmal das Glockengeläut von dem spanischen Kastell am Rande der Bucht, nicht länger Symbol für Stärke oder Fremdherrschaft und nicht einmal mehr ein Mahner der Stunde, sondern nur einfach da. Und manchmal erklingt der Schrei einer Möwe.
Wellen sammeln sich da, wo Himmel und Erde zusammen fallen, erheben sich, durchlaufen auf dem Weg zu mir alle Farben, tiefes Azur, Violett, Vergissmeinnichtrosa, transparentes Türkis, funkelnd, glitzernd, bis sie, schaumkronengeschmückt, brechen und zart an meinen Zehen leckend, rhythmisch flüsternd ihr Mantra wiederholen: Jetzt! Jetzt! Jetzt!
Es ist schwer zu sagen, welche der Eindrücke, die in mich hinein sickern, vom Parfum her kommen und welche vom Wasser, vom Salz, vom Treibholz, das am Strand in der Sonne bleicht. Das eine geht in das andere über: frische Gurke und salzige Noten sind die beiden Hauptakteure, sofort da und von da ab präsent, bilden sie die Vorstellung des Meeres so wunderschön ab, dass man es in sich rauschen hört. Weiße Blüten streuen sich ein, es sind nur wenige und nur ganz zart, fast wehmütig süß, von einer sehnsuchtsvollen Tiefe, zusammen mit einem dezent dosierten Moschus, ganz leicht cremig. Und das holzig-harzige, ja, das könnte die ganze Zeit mitgeschwungen haben. Oder aber es kommt von den Pinien dort drüben, die die Sonne erbarmungslos das Harz aus der rauen Rinde schwitzen läßt. Aber am Ende ist das nicht wichtig. Es verschwimmt im dunstigen Ozon dieses Sommertages, im Rauschen von Wind und Meer, in der Unendlichkeit des Augenblicks.
Und auch das ist jetzt nicht wichtig, aber irgendwann werde ich wieder heim müssen, werde den Strand und wohl auch den Sommer zurücklassen müssen und trotzdem oder deshalb und wegen Salado, wird es sein, als würde der Sommer hier nicht enden. Als wäre es der erste und der letzte, als wäre es ein unendlicher Sommer, der auf mich wartet und mich, wenn ich will, umfängt, gurkenfrisch, blütenzart und salzig wie Tränen vom Glück des Augenblicks. Oder ist das nur die Gischt in meinem Gesicht?
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