15.01.2018 - 05:29 Uhr
FvSpee
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FvSpee
Top Rezension
23
Fließende Schönheit
Es ist ja nun nicht so, dass mir JEDER Duft gefällt, der mit B anfängt und mit Yredo aufhört. Mojave Ghost find ich zum Beispiel eher furchtbar, und Seven Veils tendenziell geht so. Aber generell ist das schon beängstigend, dass ich fast immer ganz entzückend finde, was die sich an Düften so ausdenken. Und es wird noch beängstigender, dem Näschen an meiner Seite geht es genauso - und wir haben leider ansonsten meist divergente Duftvorlieben.
Bei meinem letzten Parfümkauf, der mit einem längeren Beratungsgespräch mit der Verkäuferin verbunden war, setzte diese sich anscheinend in den Kopf, dass moderne zitrische Düfte das Richtige für mich seien (gegen leichten Widerstand meinerseits) und packte mir zu meinem Einkauf zielstrebig je eine Probe "Carthusia Uomo" und "Byredo Sunday Cologne" (The Eau de Parfum formerly known as Fantastic Man Eau de Toilette, nicht zu verwechseln mit Byredo Sunday Cologne - The Cologne!) dazu. Im Laden hatte sie mir auch noch Orto Parisis "Bergamask" empfohlen. Alles drei sind in gewisser Weise recht ähnliche Düfte; im Ansatz eine klassisches zitrisches Sommercologne, dann aber modern und etwas gegen den Strich gebürstet mit auf den ersten Blick dazu nicht gerade orthodox passenden Zutaten verfeinert; der Carthusia macht dabei vom Image her auf "klassisch-konservativ", die beiden anderen eher auf experimentell. Alle drei erfreuen sich hier auf Parfumo übrigens keiner Spitzenbewertungen.
Während mir der Duft von Carthusia zwar konveniert hat, deutlich besser als es der hiesigen Durchschnittsbewertung entsprach, hat er mich aber doch nicht zu Begeisterungsstürmen hingerissen. Bergamask hat mir bereits sehr gut gefallen, wobei ich die von vielen Rezensenten als grenzwertig stinkig empfundene vermeintliche Schweißnote, welche die Zitrik begleitet, eher als sauber salzig-mineralisch denn als müffelig wahrgenommen habe.
Der Byredo lässt es dagegen bei mir mal wieder krachen. Und wie sollte es anders sein, auch wieder bei meiner ständigen Begleiterin. Ihr Ausruf beim Blindtest auf meiner Haut: "Kauf dir den und schmeiß all deine anderen Düfte weg, naja FAST alle!".
Wie Hibou in seiner Erstrezension völlig korrekt bemerkt hat, ist das wieder mal so ein Duft, der sich nicht nach sauber abgrenzbaren Phasen chronologisch entwickelt, wie eine klassische Sinfonie mit mehreren Sätzen, sondern bei den Duftteppiche kaum merklich in- und auseinanderfließen wie bei einer modernen Klanginstallation. Und so erscheint mir die Aufteilung in Kopf-, Herz- und Basisnoten hier eher als Spielerei. Und überhaupt, die einzelnen Noten, hier scheint es mir noch weniger als bei anderen Düften furchtbringend, sie allzusehr analytisch zu zergliedern, der harmonische, aber auch spannungsreich fließende Gesamteindruck ist es hier, der zählt.
Wenn ich, um dann doch den Versuch zu unternehmen, das Ganze deskriptiv in Worte zu fassen (statt nur eine Geschichte oder Bilder zu dem Duft zu erzählen), dann ist das selbstverständlich eine ziemlich dominante Zitrik, dominanter als es die Duftpyramide vielleicht erahnen lässt. Diese erweist sich nicht als rasch verpuffender Kopfnotenblendgranate, sondern zieht sich durch den gesamten Duftverlauf, ja ich meine gelegentlich, sie wird mit der Zeit noch stärker. Gelegentlich kommt mir das Ganze eher wie Blutorange statt wie Bergamotte vor, unglaublich saftig und fleischig, mal bitterherb, mal süß akzentuiert, das könnten vielleicht die Einflüsse von Patschuli und Rosengeranie sein, ist aber nur eine Mutmaßung. Dieser (frucht-)fleischig-zitrisch-bitter-süße Duftteppich fließt ständig in einen zweiten, den ich (so wie es eigentlich die Beschreibungen zu "Bergamask" versprechen) als etwas animalisch-dreckig, ledrig, schweißig und derb-herb beschreiben würde, aber alles noch safe, noch zwei Handbreit diesseits der Grenze zur Stinkigkeit. Wenn ich auf die Duftpyramide schaue und mir die Noten Vetiver, Eichenmoos, Weihrauch (geht bei mir immer, vielleicht trägt der dazu bei, dass ich den Duft so mag), Rosengeranie, Sternanis und Patschuli ansehe, könnte das in etwa hinkommen. Mir ist klar, dass ich dabei die Rosengeranie und das Patschuli doppelt verwertet habe, aber ich sag ja, hier fließt alles ineinander. Und um das Spiel dieser beiden Duftteppiche miteinander rieselt und sprüht ständig eine prickelnde Schärfe, die mal mit der animalischen Seite als "gefährlich und abgründig scharf" zusammengeht, und mal mit der zitrischen Seite als "erfrischend scharf", das könnte vielleicht so von Richtung Kardamom (mag ich auch eigentlich fast immer) kommen.
Mit den Augen und mit dem Tastsinn betrachtet ein sehr heller, aber nicht grell strahlender, eher pastös-sämiger Duft, cremiges mattes Orange, erdige hellbraune Farben, hin und wieder dunkles und buntes. Flüssigkeiten, die ineinanderfließen und sich wieder trennen, mal irritierendes Perlen, bestrickende Farb- und Formenspiele.
Für mich große Duftkunst, schrammt nur ganz knapp an der Zehn vorbei. Gestern waren wir aus, sie trug Sminta von Harry Lehmann, ich diesen Byredo: Ich fand, wir haben als Paar noch nie so gut zusammen geduftet.
Wermutstropfen: Wie schon von anderen korrekt bemerkt, weist der Duft eine schwache Haltbarkeit auf (bei mir trotz guter Dosierung etwa 4-5 Stunden), eher am Duftnamen "Sunday COLOGNE" orientiert als an der Konzentrationsangabe "EDP". Und nach etwa 1-2 Stunden wird der Duft sehr skinny, was, da der Duft so betörend ist, zum ständigen-Handgelenk-an-sie-Nase-drück-Syndrom führt, dem Duftliebhaber-Gegenstück zum grenzdebilen Starren aufs Smartphone beim Gang durch die Stadt. Bei einem doch recht hochpreisigem Duft etwas ärgerlich, und die Empfehlung "ständig nachsprühen" ist da vielleicht etwas dekadent. Damit vielleicht eher kein geeigneter "Arbeitsduft" für ständig. Andererseits: Wer 30, 50 oder gar 100 und mehr Düfte besitzt wie viele Parfumos und diese regelmäßig abwechselnd nutzt, der kann sogar mit einem 50-ml-Flakon und trotz großzügiger Dosierung viele Jahre auskommen.
Bei meinem letzten Parfümkauf, der mit einem längeren Beratungsgespräch mit der Verkäuferin verbunden war, setzte diese sich anscheinend in den Kopf, dass moderne zitrische Düfte das Richtige für mich seien (gegen leichten Widerstand meinerseits) und packte mir zu meinem Einkauf zielstrebig je eine Probe "Carthusia Uomo" und "Byredo Sunday Cologne" (The Eau de Parfum formerly known as Fantastic Man Eau de Toilette, nicht zu verwechseln mit Byredo Sunday Cologne - The Cologne!) dazu. Im Laden hatte sie mir auch noch Orto Parisis "Bergamask" empfohlen. Alles drei sind in gewisser Weise recht ähnliche Düfte; im Ansatz eine klassisches zitrisches Sommercologne, dann aber modern und etwas gegen den Strich gebürstet mit auf den ersten Blick dazu nicht gerade orthodox passenden Zutaten verfeinert; der Carthusia macht dabei vom Image her auf "klassisch-konservativ", die beiden anderen eher auf experimentell. Alle drei erfreuen sich hier auf Parfumo übrigens keiner Spitzenbewertungen.
Während mir der Duft von Carthusia zwar konveniert hat, deutlich besser als es der hiesigen Durchschnittsbewertung entsprach, hat er mich aber doch nicht zu Begeisterungsstürmen hingerissen. Bergamask hat mir bereits sehr gut gefallen, wobei ich die von vielen Rezensenten als grenzwertig stinkig empfundene vermeintliche Schweißnote, welche die Zitrik begleitet, eher als sauber salzig-mineralisch denn als müffelig wahrgenommen habe.
Der Byredo lässt es dagegen bei mir mal wieder krachen. Und wie sollte es anders sein, auch wieder bei meiner ständigen Begleiterin. Ihr Ausruf beim Blindtest auf meiner Haut: "Kauf dir den und schmeiß all deine anderen Düfte weg, naja FAST alle!".
Wie Hibou in seiner Erstrezension völlig korrekt bemerkt hat, ist das wieder mal so ein Duft, der sich nicht nach sauber abgrenzbaren Phasen chronologisch entwickelt, wie eine klassische Sinfonie mit mehreren Sätzen, sondern bei den Duftteppiche kaum merklich in- und auseinanderfließen wie bei einer modernen Klanginstallation. Und so erscheint mir die Aufteilung in Kopf-, Herz- und Basisnoten hier eher als Spielerei. Und überhaupt, die einzelnen Noten, hier scheint es mir noch weniger als bei anderen Düften furchtbringend, sie allzusehr analytisch zu zergliedern, der harmonische, aber auch spannungsreich fließende Gesamteindruck ist es hier, der zählt.
Wenn ich, um dann doch den Versuch zu unternehmen, das Ganze deskriptiv in Worte zu fassen (statt nur eine Geschichte oder Bilder zu dem Duft zu erzählen), dann ist das selbstverständlich eine ziemlich dominante Zitrik, dominanter als es die Duftpyramide vielleicht erahnen lässt. Diese erweist sich nicht als rasch verpuffender Kopfnotenblendgranate, sondern zieht sich durch den gesamten Duftverlauf, ja ich meine gelegentlich, sie wird mit der Zeit noch stärker. Gelegentlich kommt mir das Ganze eher wie Blutorange statt wie Bergamotte vor, unglaublich saftig und fleischig, mal bitterherb, mal süß akzentuiert, das könnten vielleicht die Einflüsse von Patschuli und Rosengeranie sein, ist aber nur eine Mutmaßung. Dieser (frucht-)fleischig-zitrisch-bitter-süße Duftteppich fließt ständig in einen zweiten, den ich (so wie es eigentlich die Beschreibungen zu "Bergamask" versprechen) als etwas animalisch-dreckig, ledrig, schweißig und derb-herb beschreiben würde, aber alles noch safe, noch zwei Handbreit diesseits der Grenze zur Stinkigkeit. Wenn ich auf die Duftpyramide schaue und mir die Noten Vetiver, Eichenmoos, Weihrauch (geht bei mir immer, vielleicht trägt der dazu bei, dass ich den Duft so mag), Rosengeranie, Sternanis und Patschuli ansehe, könnte das in etwa hinkommen. Mir ist klar, dass ich dabei die Rosengeranie und das Patschuli doppelt verwertet habe, aber ich sag ja, hier fließt alles ineinander. Und um das Spiel dieser beiden Duftteppiche miteinander rieselt und sprüht ständig eine prickelnde Schärfe, die mal mit der animalischen Seite als "gefährlich und abgründig scharf" zusammengeht, und mal mit der zitrischen Seite als "erfrischend scharf", das könnte vielleicht so von Richtung Kardamom (mag ich auch eigentlich fast immer) kommen.
Mit den Augen und mit dem Tastsinn betrachtet ein sehr heller, aber nicht grell strahlender, eher pastös-sämiger Duft, cremiges mattes Orange, erdige hellbraune Farben, hin und wieder dunkles und buntes. Flüssigkeiten, die ineinanderfließen und sich wieder trennen, mal irritierendes Perlen, bestrickende Farb- und Formenspiele.
Für mich große Duftkunst, schrammt nur ganz knapp an der Zehn vorbei. Gestern waren wir aus, sie trug Sminta von Harry Lehmann, ich diesen Byredo: Ich fand, wir haben als Paar noch nie so gut zusammen geduftet.
Wermutstropfen: Wie schon von anderen korrekt bemerkt, weist der Duft eine schwache Haltbarkeit auf (bei mir trotz guter Dosierung etwa 4-5 Stunden), eher am Duftnamen "Sunday COLOGNE" orientiert als an der Konzentrationsangabe "EDP". Und nach etwa 1-2 Stunden wird der Duft sehr skinny, was, da der Duft so betörend ist, zum ständigen-Handgelenk-an-sie-Nase-drück-Syndrom führt, dem Duftliebhaber-Gegenstück zum grenzdebilen Starren aufs Smartphone beim Gang durch die Stadt. Bei einem doch recht hochpreisigem Duft etwas ärgerlich, und die Empfehlung "ständig nachsprühen" ist da vielleicht etwas dekadent. Damit vielleicht eher kein geeigneter "Arbeitsduft" für ständig. Andererseits: Wer 30, 50 oder gar 100 und mehr Düfte besitzt wie viele Parfumos und diese regelmäßig abwechselnd nutzt, der kann sogar mit einem 50-ml-Flakon und trotz großzügiger Dosierung viele Jahre auskommen.
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