06.08.2020 - 14:28 Uhr
Sailor2
5 Rezensionen
Sailor2
Sehr hilfreiche Rezension
8
Ein Cabaret ohne Publikum - Fougére mit Waschbrettbauch
Als Überraschung habe ich mal eine Cabaret Homme Probe erhalten, die ich so gut fand, dass ich mir dachte: Dieser Lehrbuch-Fougère-Duft von Grès hätte einen Kommentar mehr verdient!
Grès wurde 1942 von Alix Gres als Modemarke gegründet. Ursprünglich hieß sie Germaine Krebs (geboren 1903), aber nach dem Vornamen ihres Ehemannes, des russischen Malers Serge Czerefkov (egreS, gres, Grès), entschied sie sich, diesen Namen zu tragen. Alix Gres war zunächst erfolgreich mit Mode in Paris. Sie kam dann 1956 von einer Indienreise mit Dufteindrücken zurück, die mit der Hilfe des Parfümeurs Bernard Chant 1959 zu der Entstehung einer eigenen Parfümkreation namens "Cabochard" (Dickköpfig) führte (und einen neuen Trend “Chypre mit Leder” setzte). Es gibt eine gut gelungene Cabochard-Neuaflage aus 2019.
In den 1980ern musste sie zuerst das Parfümhaus, danach das Modehaus verkaufen (letzteres wurde eingestellt). Grès gehörte mal in den 90ern zu Escada, wurde aber 2001 an die Gruppe Art & Fragrance verkauft (Lalique Group). Hierzu gehören u.a. Alain Delon, Bentley, Jaguar und Lalique. Die börsennotierte Lalique Group hat ihren Sitz in Zürich.
Cabaret Homme erschien 2004, ein Jahr nach dem Release der Damenversion. Die Nase hinter Cabaret Homme ist Pierre Bourdon. Zu seinen Werken zählen u.a. Kouros (1981), Green Irish Tweed (1985), Bois de Portugal (1987), Cool Water (1988), Jil Sunder Sun (1989) – dies alles innerhalb eines Jahrzehnts! Hut ab. Im Jahre 2015 etablierte Pierre Bourdon sogar seine eigene Parfümlinie mit fünf Düften.
Selbst wäre ich mit Sicherheit nicht darauf gekommen, Cabaret Homme zu testen. Mein erster Eindruck war: 90er Jahre Duft! Es stimmt zwar nicht, aber ich habe diese subjektive Kategorie für bestimmte, eindeutig maskuline Düfte (oft mit After-Shave-Vibe) - unabhängig vom Erscheinungsjahr - wie z.B. Percival. Wenn man aber genauer hinschaut - oder sagen wir mal hinriecht -, erinnert Cabaret Homme an das seifige Subgenre aus den 80ern mit Drakkar Noir (‘82) oder Xeryus (‘86).
Cabaret Homme ist ein meisterhaft balancierter Fougère-Duft. Eine olfaktorische Reise von der fruchtig-seifig maskulinen Kopfnote zum seifig-aromatisch-holzigen Drydown. Die Komposition erscheint mir so einzigartig, dass ich sie ohne einen Blick auf die Duftpyramide nicht beschreiben könnte. Kopfnote: “Ananas, Basilikum, Bergamotte, Koriander, Rosmarin, Wacholderbeere” – ja, das glaube ich alles, die Beere-Fruchtigkeit mit Ananas ist toll. Alles ist harmonisch abgestimmt, Lavendel kommt dazu und einige blumige Noten. Nichts Weltbewegendes, aber angenehm (mir teilweise etwas zu süßlich). Wärme und eine gewisse Sinnlichkeit sind dabei. Einerseits “oldschool Mann”, andererseits modern-frisch. Haltbarkeit ist durchschnittlich, Sillage ist moderat aber passend.
Von Experten ist es mal so erklärt worden, dass für die frühen 00er Jahre zwar aquatische oder ozonische Noten prägend waren, aber Tom Ford – damals bei LVMH – ließ traditionelle maskuline Duftnoten/-linien aufleben. Dieser traditionellen Richtung schloss sich Grès mit Cabaret Homme an. Modern wollte man aber auch sein, deshalb ein Werbebild mit einem Waschbrettbauch á la Fierce, was kurz zuvor erschienen war (das Werbebild ist leicht zu finden; ich habe es hier mal vor ein-zwei Wochen abgeschickt, aber es ist unter dem Duft noch nicht erschienen).
Cabaret Homme ist eine Kreation für den Mann, der weiß, was er im Leben will und Verführung gehört zu seiner Persönlichkeit – haha, so ähnlich lautete damals der Marketingquatsch der Damenversion (hier übertragen auf Cabaret Homme). In einem anderen Forum hat jemand mal enträtselt, warum Cabaret Homme so unter dem Radar bleibt: Für klassische Fougére-Liebhaber erscheint der Duft wohl allzu süß und modern. Für den Mainstream-Geschmack, der einen officesicheren Alltagsduft sucht, ist diese Kreation aber allzu retro (und die Marke Grès bei vielen Männern unbekannt). Sozusagen ein Cabaret ohne Publikum. Zuerst habe ich meine Probe auch beiseite gelegt, bis ich entdeckte, wie einzigartig-retro, aber doch angenehm-alltagstauglich der Duft ist.
Es gibt auch Cabaret Homme After Shave, Deo und Shower Gel. Das Flakondesign erinnert an Must de Cartier [Damenversion] (und an einen roten Vorhang in einem klassischen Cabaret). Der Name? Fügt sich bestens in die “Cab-”Tradition mit Cabochard oder Cabotine von Grès ein.
Cabaret Homme ist wirklich eine individuelle Wahl. Damit trägt “Mann” einen Duft, der definitiv nicht an jeder Ecke zu riechen ist.
Grès wurde 1942 von Alix Gres als Modemarke gegründet. Ursprünglich hieß sie Germaine Krebs (geboren 1903), aber nach dem Vornamen ihres Ehemannes, des russischen Malers Serge Czerefkov (egreS, gres, Grès), entschied sie sich, diesen Namen zu tragen. Alix Gres war zunächst erfolgreich mit Mode in Paris. Sie kam dann 1956 von einer Indienreise mit Dufteindrücken zurück, die mit der Hilfe des Parfümeurs Bernard Chant 1959 zu der Entstehung einer eigenen Parfümkreation namens "Cabochard" (Dickköpfig) führte (und einen neuen Trend “Chypre mit Leder” setzte). Es gibt eine gut gelungene Cabochard-Neuaflage aus 2019.
In den 1980ern musste sie zuerst das Parfümhaus, danach das Modehaus verkaufen (letzteres wurde eingestellt). Grès gehörte mal in den 90ern zu Escada, wurde aber 2001 an die Gruppe Art & Fragrance verkauft (Lalique Group). Hierzu gehören u.a. Alain Delon, Bentley, Jaguar und Lalique. Die börsennotierte Lalique Group hat ihren Sitz in Zürich.
Cabaret Homme erschien 2004, ein Jahr nach dem Release der Damenversion. Die Nase hinter Cabaret Homme ist Pierre Bourdon. Zu seinen Werken zählen u.a. Kouros (1981), Green Irish Tweed (1985), Bois de Portugal (1987), Cool Water (1988), Jil Sunder Sun (1989) – dies alles innerhalb eines Jahrzehnts! Hut ab. Im Jahre 2015 etablierte Pierre Bourdon sogar seine eigene Parfümlinie mit fünf Düften.
Selbst wäre ich mit Sicherheit nicht darauf gekommen, Cabaret Homme zu testen. Mein erster Eindruck war: 90er Jahre Duft! Es stimmt zwar nicht, aber ich habe diese subjektive Kategorie für bestimmte, eindeutig maskuline Düfte (oft mit After-Shave-Vibe) - unabhängig vom Erscheinungsjahr - wie z.B. Percival. Wenn man aber genauer hinschaut - oder sagen wir mal hinriecht -, erinnert Cabaret Homme an das seifige Subgenre aus den 80ern mit Drakkar Noir (‘82) oder Xeryus (‘86).
Cabaret Homme ist ein meisterhaft balancierter Fougère-Duft. Eine olfaktorische Reise von der fruchtig-seifig maskulinen Kopfnote zum seifig-aromatisch-holzigen Drydown. Die Komposition erscheint mir so einzigartig, dass ich sie ohne einen Blick auf die Duftpyramide nicht beschreiben könnte. Kopfnote: “Ananas, Basilikum, Bergamotte, Koriander, Rosmarin, Wacholderbeere” – ja, das glaube ich alles, die Beere-Fruchtigkeit mit Ananas ist toll. Alles ist harmonisch abgestimmt, Lavendel kommt dazu und einige blumige Noten. Nichts Weltbewegendes, aber angenehm (mir teilweise etwas zu süßlich). Wärme und eine gewisse Sinnlichkeit sind dabei. Einerseits “oldschool Mann”, andererseits modern-frisch. Haltbarkeit ist durchschnittlich, Sillage ist moderat aber passend.
Von Experten ist es mal so erklärt worden, dass für die frühen 00er Jahre zwar aquatische oder ozonische Noten prägend waren, aber Tom Ford – damals bei LVMH – ließ traditionelle maskuline Duftnoten/-linien aufleben. Dieser traditionellen Richtung schloss sich Grès mit Cabaret Homme an. Modern wollte man aber auch sein, deshalb ein Werbebild mit einem Waschbrettbauch á la Fierce, was kurz zuvor erschienen war (das Werbebild ist leicht zu finden; ich habe es hier mal vor ein-zwei Wochen abgeschickt, aber es ist unter dem Duft noch nicht erschienen).
Cabaret Homme ist eine Kreation für den Mann, der weiß, was er im Leben will und Verführung gehört zu seiner Persönlichkeit – haha, so ähnlich lautete damals der Marketingquatsch der Damenversion (hier übertragen auf Cabaret Homme). In einem anderen Forum hat jemand mal enträtselt, warum Cabaret Homme so unter dem Radar bleibt: Für klassische Fougére-Liebhaber erscheint der Duft wohl allzu süß und modern. Für den Mainstream-Geschmack, der einen officesicheren Alltagsduft sucht, ist diese Kreation aber allzu retro (und die Marke Grès bei vielen Männern unbekannt). Sozusagen ein Cabaret ohne Publikum. Zuerst habe ich meine Probe auch beiseite gelegt, bis ich entdeckte, wie einzigartig-retro, aber doch angenehm-alltagstauglich der Duft ist.
Es gibt auch Cabaret Homme After Shave, Deo und Shower Gel. Das Flakondesign erinnert an Must de Cartier [Damenversion] (und an einen roten Vorhang in einem klassischen Cabaret). Der Name? Fügt sich bestens in die “Cab-”Tradition mit Cabochard oder Cabotine von Grès ein.
Cabaret Homme ist wirklich eine individuelle Wahl. Damit trägt “Mann” einen Duft, der definitiv nicht an jeder Ecke zu riechen ist.
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