17.06.2022 - 10:58 Uhr

Fegefeuer
9 Rezensionen

Fegefeuer
Sehr hilfreiche Rezension
22
Guccis Absolution
Wer auch immer Guccis Düfte tauft, mag ein wahrer Poet sein, aber die Werbetexter treten ihn mit Füßen. Wie ein überanalysiertes Gedicht im Deutschunterricht der sechsten Klasse, wurde dem Author die Stimme genommen und man kann mich nicht vom Gegenteil überzeugen.
I Loved You At Your Darkest ist nicht nur ein grandioses Album der polnischen Death Metal Band Behemoth, sondern auch eine Phrase, die der Bibel entspross. Nun kommt der Satz trotz zahlreichen Zitaten auf bestickten Kissen garnicht in der heiligen Schrift vor, bezieht sich aber zusammenfassend auf Roemer 5:8. Eine für sich düstere Passage über den Tod Jesus Christus, welcher nicht für den Menschen starb, weil er würdig ist, sondern weil er sündigt. So war der Mensch an seinem tiefsten Punkt und wurde dennoch mit Liebe überschüttet. Die fleischgewordene Absolution, wenn man denn daran glauben mag. Das Opfer für die Unwürdigen.
Es wäre eine wundervolle sakrale Analogie zum Duft. Der zeremonielle Weihrauch, der blasphemische Pfeffer und das hölzerne Kreuz. Meine Deutschlehrerin wäre jetzt stolz darauf, wieviel Bedeutung ich mir aus der Nase ziehen konnte. Ob das Kreuz aus Zeder war, sei mal dahingestellt. Nur was schreibt Gucci auf ihrer Webseite? Liebe scheint durch die Finsternis, wie ein Falke, der durch den Himmel schneidet? Da hat aber jemand krampfhaft versucht, etwas tiefsinniges zum Namen des Parfüms zu erfinden und ich bin kein Fan. Gott sei Dank ist der Duft besser, als die versäumte Chance imposanten Storytellings.
Nach Erhalt meiner Abfüllung habe ich ketzerische Mengen auf meinen linken Unterarm versprüht. Direkt einen Milliliter fehlen zu sehen, schmerzte wie Nägel durch Hand und Füße. Als ich meinen überdimensionierten schlesischen Riecher gegen meine Haut presste, zeigte sich zuerst der Pfeffer. Leider bei weitem nicht so authentisch wie ich es von Armani Privé - Bois d'Encens kenne. Der Pfeffer ist sehr scheu und mild, zeigt eher die minzigen Facetten, die er frisch gemahlen haben kann und ist stumpf. Der Weihrauch gesellt sich mit seinem ätherischen Qualm zügig hinzu, als wäre er einem leuchtenden Stern zur Krippe gefolgt. So leicht und kühl, dass er zu jeder Jahreszeit passt und erinnert stark an Series 3: Incense - Kyoto . Der Pfeffer gibt allem eine gewisse Tiefe, ordnet sich aber unter und bleibt im Hintergrund.
Kurzweilig zeigt sich eine liebliche Seite, präsentiert einen flüchtigen floralen Akkord bevor es plötzlich in Kernseife, Weichspüler und frisch gewaschene Wäsche mündet, was ich nie erwartet hätte. Das Parfüm weiß scheinbar nicht, was es sein will, wandelt seine Gestalt durchgehend, hält meine Nase aber gespannt auf der Haut. Ein aufregendes olfaktorisches Kino und das war gerade mal die erste Stunde!
Die eigentliche Erwartung an die Duftpyramide zeigt sich erst mit voranschreitender Zeit. Der Pfeffer wird deutlich schärfer, das Zedernholz zeigt sich endlich und aus dem Nichts kommt verbrannte Butter, aber wahrscheinlich nur, weil ich den Pfeffer so sehr mit Essen assoziiere. Jedes Mal, wenn ich diesen Duft inhaliere, rieche ich etwas Neues, bleibt aber durchweg rauchig-würzig.
Müsste ich es bildlich beschreiben, dann wäre es eine kleine steinerne Kapelle in den italienischen Bergen mit hölzernen Sitzbänken. Die Tür ist offen, die kalte Erinnerung des Weihrauchs liegt in der Luft. Der Pfarrer hat draußen Wäsche aufgehangen und mahlt schwarzen Pfeffer in einem Mörser, weil er später für sich und ein paar Dorfbewohner Cacio e Pepe macht. Sorry, mehr ist schreiberisch gerade nicht drin.
Den Duft kann man idealerweise zur Beichte tragen, weil er sehr hautnah ist und mit viel Glück und Gottes Segen nur den Klaustrophobie induzierenden Beichtstuhl erfüllen würde. Nach 5 Stunden ist er auch nicht mehr wirklich wahrzunehmen, aber damit sollte ein fruchtvolles Jahr an Sünden abgedeckt sein, bis der Priester uns vergebend nach Hause schickt. So ist der Preis des wunderschönen Flakons eine Ohrfeige ins Gesicht, aber da halte ich die andere Wange hin. Love at your Darkest ist eine bildschöne Komposition, aber wird wegen der Haltbarkeit und Sillage für die Allgemeinheit unwürdig sein. Ich liebe ihn trotzdem, weil ich so gütig bin.
I Loved You At Your Darkest ist nicht nur ein grandioses Album der polnischen Death Metal Band Behemoth, sondern auch eine Phrase, die der Bibel entspross. Nun kommt der Satz trotz zahlreichen Zitaten auf bestickten Kissen garnicht in der heiligen Schrift vor, bezieht sich aber zusammenfassend auf Roemer 5:8. Eine für sich düstere Passage über den Tod Jesus Christus, welcher nicht für den Menschen starb, weil er würdig ist, sondern weil er sündigt. So war der Mensch an seinem tiefsten Punkt und wurde dennoch mit Liebe überschüttet. Die fleischgewordene Absolution, wenn man denn daran glauben mag. Das Opfer für die Unwürdigen.
Es wäre eine wundervolle sakrale Analogie zum Duft. Der zeremonielle Weihrauch, der blasphemische Pfeffer und das hölzerne Kreuz. Meine Deutschlehrerin wäre jetzt stolz darauf, wieviel Bedeutung ich mir aus der Nase ziehen konnte. Ob das Kreuz aus Zeder war, sei mal dahingestellt. Nur was schreibt Gucci auf ihrer Webseite? Liebe scheint durch die Finsternis, wie ein Falke, der durch den Himmel schneidet? Da hat aber jemand krampfhaft versucht, etwas tiefsinniges zum Namen des Parfüms zu erfinden und ich bin kein Fan. Gott sei Dank ist der Duft besser, als die versäumte Chance imposanten Storytellings.
Nach Erhalt meiner Abfüllung habe ich ketzerische Mengen auf meinen linken Unterarm versprüht. Direkt einen Milliliter fehlen zu sehen, schmerzte wie Nägel durch Hand und Füße. Als ich meinen überdimensionierten schlesischen Riecher gegen meine Haut presste, zeigte sich zuerst der Pfeffer. Leider bei weitem nicht so authentisch wie ich es von Armani Privé - Bois d'Encens kenne. Der Pfeffer ist sehr scheu und mild, zeigt eher die minzigen Facetten, die er frisch gemahlen haben kann und ist stumpf. Der Weihrauch gesellt sich mit seinem ätherischen Qualm zügig hinzu, als wäre er einem leuchtenden Stern zur Krippe gefolgt. So leicht und kühl, dass er zu jeder Jahreszeit passt und erinnert stark an Series 3: Incense - Kyoto . Der Pfeffer gibt allem eine gewisse Tiefe, ordnet sich aber unter und bleibt im Hintergrund.
Kurzweilig zeigt sich eine liebliche Seite, präsentiert einen flüchtigen floralen Akkord bevor es plötzlich in Kernseife, Weichspüler und frisch gewaschene Wäsche mündet, was ich nie erwartet hätte. Das Parfüm weiß scheinbar nicht, was es sein will, wandelt seine Gestalt durchgehend, hält meine Nase aber gespannt auf der Haut. Ein aufregendes olfaktorisches Kino und das war gerade mal die erste Stunde!
Die eigentliche Erwartung an die Duftpyramide zeigt sich erst mit voranschreitender Zeit. Der Pfeffer wird deutlich schärfer, das Zedernholz zeigt sich endlich und aus dem Nichts kommt verbrannte Butter, aber wahrscheinlich nur, weil ich den Pfeffer so sehr mit Essen assoziiere. Jedes Mal, wenn ich diesen Duft inhaliere, rieche ich etwas Neues, bleibt aber durchweg rauchig-würzig.
Müsste ich es bildlich beschreiben, dann wäre es eine kleine steinerne Kapelle in den italienischen Bergen mit hölzernen Sitzbänken. Die Tür ist offen, die kalte Erinnerung des Weihrauchs liegt in der Luft. Der Pfarrer hat draußen Wäsche aufgehangen und mahlt schwarzen Pfeffer in einem Mörser, weil er später für sich und ein paar Dorfbewohner Cacio e Pepe macht. Sorry, mehr ist schreiberisch gerade nicht drin.
Den Duft kann man idealerweise zur Beichte tragen, weil er sehr hautnah ist und mit viel Glück und Gottes Segen nur den Klaustrophobie induzierenden Beichtstuhl erfüllen würde. Nach 5 Stunden ist er auch nicht mehr wirklich wahrzunehmen, aber damit sollte ein fruchtvolles Jahr an Sünden abgedeckt sein, bis der Priester uns vergebend nach Hause schickt. So ist der Preis des wunderschönen Flakons eine Ohrfeige ins Gesicht, aber da halte ich die andere Wange hin. Love at your Darkest ist eine bildschöne Komposition, aber wird wegen der Haltbarkeit und Sillage für die Allgemeinheit unwürdig sein. Ich liebe ihn trotzdem, weil ich so gütig bin.
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