Jaja, ich weiß, ich weiß – ich sehe sie schon, die verdrehten Augen: Schon wieder Rose-Oud, schon wieder dieses Bündnis, das seit mehr als einem Jahrzehnt neben diversen Zuckerwässern jeden dritten oder vierten Duft zu prägen scheint, der in Mainstream oder Nische auf den Markt gelangt.
Es sei genug nun, meinen viele, nicht zuletzt, weil sich das Rad nicht ständig neu erfinden läßt.
Rose-Oud-Safran durfte ich inzwischen dutzendfach erschnuppern, mal mehr begeistert und mal weniger und zunehmend in der Überzeugung, etwas wirklich Neues oder Anderes werde mir in dieser Richtung nun nicht mehr begegnen.
Das dachte ich, das glaubte ich – dann traf ich "Royal Rose Aoud".
"Royal Rose Aoud" ist Rose, Oud, Safran – natürlich.
Doch "Royal Rose Aoud" ist nicht dunkel, dirty, dominant wie so viele Schwarzgoldlackverpackte.
"Royal Rose Aoud" überrascht mit einem Auftakt moderat gesüßter Johannisbeere, knackig, prall und frisch direkt vom Strauch, flankiert von morgenkühlem Grün – ich denke an Cartiers "L'Heure Folle" und seinen Sommermorgen, an kleine schwarzundrote Perlen und dichtes dunkles Blatt.
In diesen ersten Augenblicken sind sie sehr verwandt, "L'Heure Folle" und "Royal Rose Aoud", doch bald schon mischt sich herbes Holz ins fruchtige Gefüge, erblüht eine wässrig-zarte Rose, taubenetzt, sehr jung.
Mädchenhaft – beinah.
Doch bevor ich diesen Gedanken weiterverfolgen kann, erwärmt sich "Royal Rose Aoud" – im Holz erkenne ich nun Oud, das dunkel-herbe ohne Medizin, und einen Hauch gewürzter Bitternis, gestreift von einem kleinen wilden Tier.
Sehr nah muß ich ihr jedoch kommen, der duftbenetzten Haut, um all das zu entdecken, sehr nah nur zeigt mir "Royal Rose Aoud" all seine Facetten und Geheimnisse.
Wer mir nicht wirklich nahe tritt, nimmt Beeren wahr und rosa Rosen, vielleicht noch einen Hauch von Holz.
Wie ein Sommertag sich nach und nach erwärmt, so gewinnt auch "Royal Rose Aoud" auf meiner Haut an Sonne, Licht und Wärme.
Der junge Morgen weicht dem Mittag, die frische Kühle kräftigeren Farben – die Johannisbeeren ruhen nun im Glas, der Rosenbusch steht sonnenlichtgeflutet, ein Hauch Zartbitter erinnert an Safran, an Oud, an Abenddämmerung.
Und sie kommt bald, sehr bald – nach vier, fünf Stunden ist der Tag vorbei.
Ich erlebe "Royal Rose Aoud" als einen in seinem Wesen heiteren, fast freudig beschwingten Duft, wunderschön im Frühling und im Sommer, weil nie zu schwer, niemals dunkel oder dicht.
Wo andere Rose-Oud-Düfte jene beiden Protagonisten in den Mittelpunkt stellen, flankieren sie in "Royal Rose Aoud" weit mehr die süße, herbe Frucht und gewinnen dadurch eine Leichtigkeit und Transparenz, wie ich sie in anderen Düften dieses Genres bisher noch nicht erlebt habe.
Das mag unkompliziert wirken und freundlich, ist jedoch nach meinem Empfinden weder anspruchs- noch belanglos und ermöglicht auch jenen Nasen einen Zugang, die die üblichen Verdächtigen aus dem Rose-Oud-Bereich eher nicht so mögen oder für den Sommer eine leichtere Variante wünschen.
Oder halt ein bißchen Sommer im trüben Wintergrau.