19.04.2012 - 11:29 Uhr
Profumo
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Profumo
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Zu schlecht? Von wegen!
Als ich mich eines Tages in der bekannten Münchener Parfümerie „Brückner“ nach diesem Duft erkundigte, beschied man mir rundheraus, diesen Duft, wie auch die anderen zwei Tuberosen führe man nicht, sie seien zu schlecht.
Ich für meinen Teil staunte nicht schlecht, besaß ich doch längst schon eine Probe, die mich immerhin soweit überzeugte, dass ich in diesem Laden vorstellig wurde. Ich war gewillt eine ganze Flasche zu erwerben, aber da war nun das Brückner´sche Verdikt „zu schlecht“ vor. Na denn....
Gewundert hatte ich mich anschließend, welch Sammelsurium an Düften mir alternativ angeboten wurde - samt und sonders vermeintlich hochwertiger als das von mir nachgefragt „Tubereuse 3 – Animale“.
Aber was soll´s, ich bin nicht nachtragend und habe das nette kleine Lädchen im Münchner Rathaus seither das ein oder andere Mal wieder aufgesucht, wurde sehr freundlich behandelt und fachkundig beraten, und habe so manchen Duft erstanden.
Glücklicherweise gibt es ja noch andere Quellen, und so fand „Tubereuse 3 – Animale“ schließlich doch noch zu mir, wenngleich auf Umwegen, bzw. nach längerer zeitlicher Verzögerung, denn nach diesem Erlebnis – die Luft, ihn unbedingt haben zu müssen, war raus - hatte ich ihn schon beinahe vergessen.
Als ich mir kürzlich aber „1725 – Casanova“ zulegte, das mich restlos begeisterte, da kramte ich die alte Probe wieder hervor und im „Histoires de Parfums“-Rausch war der „Kaufen“-Button schnell gedrückt...
So ist der Duft nun doch noch mein und ich bereue es nicht. Neben „Carnal Flower“ wurde er schnell zu meinem liebsten Tuberosen-Duft, der mich zwar nicht ganz so begeistert wie das Malle-Werk, aber dafür ist er tragbarer und kommt außerdem meinem Traum von einem maskulinen Tuberosen-Duft ein gutes Stück näher.
Es ist allerdings nicht so, dass ich keine Probleme mit ihm hätte: „Tubereuse 3 – Animale“ ist nämlich ganz schön divenhaft und zudem verdammt süß. Allerdings ist die Süße erträglich, von fruchtig-bitteren Nuancen begleitet (Kumquat) und von einem ledrig-holzigen Fond getragen, doch sie ist da, unverkennbar und mir ein bisschen zuviel.
Die Diva, bzw. den Divo in diesem Duft empfinde ich hingegen als weniger problematisch; die Tuberose ist nun mal eine Diva, und was für eine! Sobald sie im Mittelpunkt steht dreht sie mächtig auf - sie kann nicht anders. Das kleine, leise Lied liegt ihr nicht, dafür ist ihr prunkender Kontraalt zu voluminös, aber sie entschädigt mit großem, kathedralhaftem Klang. Das muss man mögen, und ich mag es. Aber ich mag es nicht immer. Oft ist es mir zu anstrengend, zu offensiv, zu gewaltig. Tuberosen-Düfte neigen dazu die Trägerin (und den Träger!) förmlich unter ihren Duft-Kaskaden zu begraben. Da muss man permanent energisch und mit eigener, raumgreifender Präsenz dagegenhalten, um nicht selbst getragen zu werden - das ermüdet mitunter.
Trotzdem, ich mag den Duft von Tuberosen. Ich empfinde ihn als berauschend, ja narkotisierend. Und obwohl er einer weißen Blüte entstammt, hat er für mich – sollte ich ihm eine Farbe zuteilen – etwas tief Rotglühendes.
Gérald Ghislain (vermutlich unter Mithilfe von Sylvie Jourdet) gruppiert um diese dunkle, warme Röte nun eine ganze Palette herbstlicher Duft-Töne: beginnend mit dem satten Orange der bitteren Fruchtschalen von Mandarine und Kumquat, über das tiefe Violett reifer Pflaumen, den gedeckten Brauntönen von Heu, gegerbtem Leder, fermentiertem Tabak und rotbraunem Mahagoni, sowie dem verwaschenen Eidotter-Gelb der Immortellen („1740 Marquis de Sade“ lässt grüßen!).
Besonders die Kumquats, der Tabak und die Immortellen mit ihrer malzartigen Sirupsüße sind es, die sich neben der Tuberose hervortun – sie definieren den Grundcharakter dieses Duftes, der sich mit den Begriffen herb-fruchtig-bitter-süß-blumig–aromatisch-holzig-animalisch eingrenzen ließe. Mit diesem Auftritt rückt „Tubereuse 3 – Animale“ allerdings viel eher in die Nähe großkalibriger Klassiker wie Guerlains „Mitsouko“, „Arpège“ von Lanvin oder „Femme“ de Rochas, als ein wirklich moderner Duft zu sein.
Nein, modern im Sinne von zeitgeistig ist er wirklich nicht. Viel wohler fühlt er sich in der Nähe der eben genannten Ahnen, deren Reihe sich auch um Düfte wie „Shalimar“ und „Diorama“ erweitern ließe. Düfte also, die heute, im Zeitalter exzessiver Girliehaftigkeit à la „Daisy“ & Co. geradezu robust maskulin erscheinen.
Und „Tubereuse 3 – Animale“ hat tatsächlich maskulines Potential (womit ich wieder bei meinem Traum von einem Tuberosen-Duft für Männer wäre), doch dieses Potential ist recht überschaubar.
Übrigens, man nehme das „Animale“ im Titel dieses Duftes nicht allzu ernst. Da sind zwar animalische Nuancen – vermutlich etwas Zibet – aber man erwarte keine „Jicky“, „Yatagan“ oder gar „Kouros“ vergleichbare Präsenz tierischer Ausdünstungen.
Erst nach einigen Stunden - der Duft ist sehr haltbar! – kann ich eine leise Ahnung animalischer Noten erkennen, aber sie bleiben immer dezent und im Rahmen des für Jedermann/frau sicherlich erträglichen.
Alles in allem ist „Tubereuse 3 – Animale“ ein sehr schöner, voluminöser, etwas altmodisch anmutender Tuberosenduft, der sich gut neben meinen Lieblings-Tuberosen „Fracas“ (Femme-fatale mit wogendem Busen) und „Carnal Flower“ (erotisierend, fleischig und leicht urinös) behaupten kann.
Man riecht förmlich die Qualität seiner Ingredienzien und der Duft überzeugt – zumindest mich – mit einem schlüssigen Konzept und einer kompetenten Komposition.
Meilenweit davon entfernt schlecht zu sein ist er dennoch kein Meisterwerk. Aber allemal gut genug.
Ich für meinen Teil staunte nicht schlecht, besaß ich doch längst schon eine Probe, die mich immerhin soweit überzeugte, dass ich in diesem Laden vorstellig wurde. Ich war gewillt eine ganze Flasche zu erwerben, aber da war nun das Brückner´sche Verdikt „zu schlecht“ vor. Na denn....
Gewundert hatte ich mich anschließend, welch Sammelsurium an Düften mir alternativ angeboten wurde - samt und sonders vermeintlich hochwertiger als das von mir nachgefragt „Tubereuse 3 – Animale“.
Aber was soll´s, ich bin nicht nachtragend und habe das nette kleine Lädchen im Münchner Rathaus seither das ein oder andere Mal wieder aufgesucht, wurde sehr freundlich behandelt und fachkundig beraten, und habe so manchen Duft erstanden.
Glücklicherweise gibt es ja noch andere Quellen, und so fand „Tubereuse 3 – Animale“ schließlich doch noch zu mir, wenngleich auf Umwegen, bzw. nach längerer zeitlicher Verzögerung, denn nach diesem Erlebnis – die Luft, ihn unbedingt haben zu müssen, war raus - hatte ich ihn schon beinahe vergessen.
Als ich mir kürzlich aber „1725 – Casanova“ zulegte, das mich restlos begeisterte, da kramte ich die alte Probe wieder hervor und im „Histoires de Parfums“-Rausch war der „Kaufen“-Button schnell gedrückt...
So ist der Duft nun doch noch mein und ich bereue es nicht. Neben „Carnal Flower“ wurde er schnell zu meinem liebsten Tuberosen-Duft, der mich zwar nicht ganz so begeistert wie das Malle-Werk, aber dafür ist er tragbarer und kommt außerdem meinem Traum von einem maskulinen Tuberosen-Duft ein gutes Stück näher.
Es ist allerdings nicht so, dass ich keine Probleme mit ihm hätte: „Tubereuse 3 – Animale“ ist nämlich ganz schön divenhaft und zudem verdammt süß. Allerdings ist die Süße erträglich, von fruchtig-bitteren Nuancen begleitet (Kumquat) und von einem ledrig-holzigen Fond getragen, doch sie ist da, unverkennbar und mir ein bisschen zuviel.
Die Diva, bzw. den Divo in diesem Duft empfinde ich hingegen als weniger problematisch; die Tuberose ist nun mal eine Diva, und was für eine! Sobald sie im Mittelpunkt steht dreht sie mächtig auf - sie kann nicht anders. Das kleine, leise Lied liegt ihr nicht, dafür ist ihr prunkender Kontraalt zu voluminös, aber sie entschädigt mit großem, kathedralhaftem Klang. Das muss man mögen, und ich mag es. Aber ich mag es nicht immer. Oft ist es mir zu anstrengend, zu offensiv, zu gewaltig. Tuberosen-Düfte neigen dazu die Trägerin (und den Träger!) förmlich unter ihren Duft-Kaskaden zu begraben. Da muss man permanent energisch und mit eigener, raumgreifender Präsenz dagegenhalten, um nicht selbst getragen zu werden - das ermüdet mitunter.
Trotzdem, ich mag den Duft von Tuberosen. Ich empfinde ihn als berauschend, ja narkotisierend. Und obwohl er einer weißen Blüte entstammt, hat er für mich – sollte ich ihm eine Farbe zuteilen – etwas tief Rotglühendes.
Gérald Ghislain (vermutlich unter Mithilfe von Sylvie Jourdet) gruppiert um diese dunkle, warme Röte nun eine ganze Palette herbstlicher Duft-Töne: beginnend mit dem satten Orange der bitteren Fruchtschalen von Mandarine und Kumquat, über das tiefe Violett reifer Pflaumen, den gedeckten Brauntönen von Heu, gegerbtem Leder, fermentiertem Tabak und rotbraunem Mahagoni, sowie dem verwaschenen Eidotter-Gelb der Immortellen („1740 Marquis de Sade“ lässt grüßen!).
Besonders die Kumquats, der Tabak und die Immortellen mit ihrer malzartigen Sirupsüße sind es, die sich neben der Tuberose hervortun – sie definieren den Grundcharakter dieses Duftes, der sich mit den Begriffen herb-fruchtig-bitter-süß-blumig–aromatisch-holzig-animalisch eingrenzen ließe. Mit diesem Auftritt rückt „Tubereuse 3 – Animale“ allerdings viel eher in die Nähe großkalibriger Klassiker wie Guerlains „Mitsouko“, „Arpège“ von Lanvin oder „Femme“ de Rochas, als ein wirklich moderner Duft zu sein.
Nein, modern im Sinne von zeitgeistig ist er wirklich nicht. Viel wohler fühlt er sich in der Nähe der eben genannten Ahnen, deren Reihe sich auch um Düfte wie „Shalimar“ und „Diorama“ erweitern ließe. Düfte also, die heute, im Zeitalter exzessiver Girliehaftigkeit à la „Daisy“ & Co. geradezu robust maskulin erscheinen.
Und „Tubereuse 3 – Animale“ hat tatsächlich maskulines Potential (womit ich wieder bei meinem Traum von einem Tuberosen-Duft für Männer wäre), doch dieses Potential ist recht überschaubar.
Übrigens, man nehme das „Animale“ im Titel dieses Duftes nicht allzu ernst. Da sind zwar animalische Nuancen – vermutlich etwas Zibet – aber man erwarte keine „Jicky“, „Yatagan“ oder gar „Kouros“ vergleichbare Präsenz tierischer Ausdünstungen.
Erst nach einigen Stunden - der Duft ist sehr haltbar! – kann ich eine leise Ahnung animalischer Noten erkennen, aber sie bleiben immer dezent und im Rahmen des für Jedermann/frau sicherlich erträglichen.
Alles in allem ist „Tubereuse 3 – Animale“ ein sehr schöner, voluminöser, etwas altmodisch anmutender Tuberosenduft, der sich gut neben meinen Lieblings-Tuberosen „Fracas“ (Femme-fatale mit wogendem Busen) und „Carnal Flower“ (erotisierend, fleischig und leicht urinös) behaupten kann.
Man riecht förmlich die Qualität seiner Ingredienzien und der Duft überzeugt – zumindest mich – mit einem schlüssigen Konzept und einer kompetenten Komposition.
Meilenweit davon entfernt schlecht zu sein ist er dennoch kein Meisterwerk. Aber allemal gut genug.
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