Chnokfir
Verbale Interaktion chnokfir mit Parfum
vor 2 Jahren - 12.09.2022
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Zusammenleben mit einem Parfummuffel - Teil 16

Zusammenleben mit einem Parfummuffel - Teil 16

Das Dritte Newtonsche Gesetz

Es gibt ja so manchmal Dinge, die kann man nicht beschreiben, die muss man selber verstehen, erkennen, erfahren, sehen, schmecken, riechen. Und dann gibt es so Momente, da hat man als bedächtiger Buchhalter spontane Eingebungen, die man dann ebenso spontan und vor allem unreflektiert wiedergibt, wo man eigentlich noch einen zweiten Gedanken drauf hätte verschwenden sollen. Wenn diese beiden Ereignisse zusammen, dann kann es Folgen haben, wie bei einem Kaventsmann oder einer Resonanzkatastrophe.

Besonders schlimm wird es aber erst, wenn der unbedarfte Blog-Ersteller nach einem Parfumo-Forums-Treffen des nächtens wieder heimkommt. Denn mittlerweile werde ich noch vor Betreten der gemeinsamen ehelichen Wohnung eindringlicher gefilzt, als es je einem Wessi an der innerdeutschen Zonengrenze oder einem mexikanischen Drogenschmuggler in Ciudad Juárez widerfahren ist. Dabei geht es weniger darum zu ergründen, ob man mit seinem Taschengeld ausgekommen ist hat oder ob man etwas vom Haushaltsgeld zweckentfremdet hat, sondern ob man vorhat, eventuell gefährliche, unverträgliche oder gar übelriechende Flüssigkeiten und Substanzen einzuschmuggeln. Und erst wenn ich nach der Schreckung alle neuen Schätzchen vorgezeigt habe, wird mir Einlass gewährt.

Nun kam es aber so, dass sich bei der Heimkehr vom jüngsten Parfumo-Forums-Treffen in München eine kleine Ansammlung von Abfüllungen, also kaum mehr als 20-30 Röhrchen, irgendwo in meiner Tragetasche zwischen den Falten meiner zusammengeknüddelten Regenjacke verborgen haben und so unbemerkt von meiner schwebenden Pfirsichblüte ins Gästezimmer gelangen konnten. Am Tag darauf bemerkte ich dies und unterlies es fahrlässigerweise, Beichte abzulegen und den Haushaltsvorstand darüber in Kenntnis zu setzen. Stattdessen griff ich mir blind fünf Röhrchen heraus, beschriftete fünf Teststreifen, benetzte diese mit dem unbekannten Nass und steckte sie oberhalb von F1-F12 der Tastatur meines Computers ordentlich aufrecht ein.

Als wenn Sie es gerochen hätte – Vorsicht, Wortwitz! – kam meine schwebende Pfirsichblüte wenige Minuten aus dem Wohnbereich in den Gästeflügel unserer bescheidenen Bleibe und fragte mich mit angewiderter Stimme und noch engeekelterem Gesicht, was denn da so widerwärtig stinke, als wäre ich in einen grossen dampfenden Hundehaufen getreten. Und just da sah sie auch schon auf dem Schreibtisch neben meinem Computer all die dutzend Teströhrchen. Drastische Vorahnung: Aus der Nummer komme ich nicht mehr lebend raus!

Es entspann sich ein kurzes, aber deutliches Gespräch über Jim's Mecca BalsamJim's Mecca Balsam , in dessen Verlauf immer wieder die Worte „Aber es stinkt!“ fielen und an dessem Ende wir beide zur gütlichen Einigung kamen, dass wir beide keine jemals tiefgreifende Liebe zu orientalischen Weihrauchdüften mehr entwickeln würden. Stattdessen meinte ich jedoch, dass ich durchaus aber europäisch-klerikalen Weihrauchdüften zugetan wäre. Da wollte Sie dann auch ein gleich ein positives Beispiel für haben. Ein Griff ging an ihr vorbei ins Regal meines kleinen täglichen Mundvorrates, ich posierte freudestrahlend mit Messe de Minuit (Eau de Toilette)Messe de Minuit Eau de Toilette de minuit von Etra, zog den Deckel ab und hielt ihr den Flakonzerstäuber unter die Nase. Da sie jedoch nichts zu riechen meinte - aus der anderen Ecke des Raumes waberten Labdanum, Oud, Rose und Patchouli unbarmherzig herüber - dachte Danger-Mouse nicht lange nach und sprühte Ihr einen feinen Nebel #messe de miniut auf ihren bereits entblössten Unterarm. Ich hört nur noch ein vehement-lautes „Sag mal, spinnst du!!!“ und sie machte einen Schritt auf mich zu. Ich konnte mich nur knapp mit einem beherzten Sprung ins Gästezimmer retten und mit einem Griff die Tür schliessen und versperren.

Da sassen wir nun, nur wenige unüberbrückbare Zentimeter von einander entfernt. Ich sollte rauskommen, aber sofort. Ich wollte nicht rauskommen, im Leben nicht mehr. Irgendwann hob Sie den Belagerungszustand auf, stattdessen hörte ich unter dem Gemurmel von Verwünschungen Geräusche verzweifelter ritueller Waschungen. Der gemeinsame Fernsehabend mit dem neuen Tatort fand ohne mich statt. Dafür fand ich den Küchenkühlschrank mit Ihrem Fahrradschloss versperrt vor. Als ich irgendwann gen Mitternacht ohne Licht vorsichtig ins Schlafzimmer tappte, roch es unvergleichlich schön … nach der Neroli-Handseife von Arket. Mein Bettzeug lag auf dem Boden.

Das Prinzip von Actio und Reactio – Newton sollte wieder einmal Recht behalten!

Ich sitze jetzt im Büro. Sie antwortet nicht auf meine whatsapp-Nachrichten. Irgendwann muss ich nach Hause. Ich habe Angst …

To be continued ...

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