
Yatagan
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Yatagan
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Der Nebel der Kindheit
Erinnerungen an die Kindheit sind oftmals sehr klar, als wäre es gestern gewesen. Selbst hochbetagte Menschen kennen das. Manchmal aber sind die Erinnerungen verschwommen, als würde man durch eine Milchglasscheibe schauen und die Details nicht mehr erkennen. Insbesondere gilt das natürlich für Erinnerungen, die sehr weit zurück liegen. Oftmals sind es aber auch Ereignisse, die uns damals wichtig erschienen, die jedoch im Laufe der Jahre auf der Skala der Bedeutung an den unteren Rand gerückt wurden. Bemerkenswert ist aber, dass wir uns gerne und gut an kleine Alltagserlebnisse erinnern, an das morgendliche Sonntagskaffeetrinken, einen Spaziergang auf Stoppelfeldern (kennen die Kinder heute noch dieses Gefühl, durch Stoppelfelder zu laufen?), einen Drachen steigen lassen im Herbst.
Irgendwann wurde mir klar, dass selbst diese scheinbar alltäglichen, auf den ersten Blick nebensächlichen Erinnerungen oft mit Düften verbunden sind. Den Sonntag verbinde ich mit dem Geruch nach frischem Kaffee, die Stoppelfelder riechen in meiner Erinnerung nach Erde und Stroh, das Drachensteigen nach der frischen Luft, dem Wind, der den Geruch von Regen heran treibt.
Im Alltag benutzte mein Vater oftmals nur ein After Shave. Das war in seiner Generation nichts Unübliches. Die meisten Männer hätten es wohl eher für unstatthaft gehalten, ständig einen teuren Duft zu verwenden. Dabei kam in der Zeit meiner Kindheit "Russisch Leder" von Farina zum Einsatz. Der Duft ist ebenso alt wie ich selbst (Jg. 67) und begleitete mich somit durch die ersten Jahre meiner Kindheit.
Nach einigen Jahren zog es mein Vater aber vor, bei gewissen Gelegenheiten, und dazu gehörte eben auch der Sonntag oder der Besuch eines Restaurants, einen teureren Duft zu verwenden. Nach einigem Testen und häufigeren Wechseln entdeckte er 1984 den Klassiker Davidoff - und dieser begleitete ihn fortan durch sein Leben.
So denke ich, wenn ich an Sonntage, Urlaube, Familienausflüge mit meinem Vater denke, unweigerlich immer an diesen Duft. Das Schöne ist jedoch, dass dieser Duft eben nicht nur mit Alltagserinnerungen verbunden ist, sondern mit schönen, gemeinsamen Erlebnissen und daher auch weniger melancholische Gefühle bei mir hervorruft als Russisch Leder.
Bei Davidoffs erstem und besten Duft überzeugt mich aber nicht nur der Charme der Erinnerung. Letztlich ist es der Duft selbst, der für sich spricht und zu überzeugen vermag. Leider besitze ich nur noch einen alten Flakon, da der Duft schon lange nicht mehr produziert wird. Er ist nach dem Tode meines Vaters in meinen Besitz übergegangen und selten verwendet worden, weil er nur noch einen kleinen Bodensatz des Duftes enthält. Es ist ein wenig so wie mit dem, was von einem Menschen bleibt, wenn er verstorben ist. Vieles ist vergangen und doch bleibt etwas, das man behalten und nicht mehr hergeben möchte.
Der Auftakt ist leicht zitrisch, enthält aber von Anfang an auch Komponenten von Kräutern. Dabei ist bewundernswert, wie es den Parfümeuren gelungen ist, die Balance zwischen zitrischen und krautigen Komponenten zu wahren. Die meisten Herrendüfte tendieren stark in die eine oder die andere Richtung. Davidoff jedoch bleibt in der Balance, harmonisch und doch stark.
Ähnliches gilt für die Herznote. Recht dominant ist hier der Kümmel, der leicht auszumachen ist, der aber nicht scharf oder streng erscheint, da er durch die floralen Komponenten ausgewogen und aufgefangen wird. Auch hier bleibt der Eindruck großer Harmonie zurück, einer Balance zwischen strengeren und weicheren Komponenten - als duftgewordene Idee des Männlichen.
Die Basis enthält den Duftstoff, der für mich fast selbstverständlich zu einem guten Herrenduft gehört und der doch, wegen seiner allergenen Eigenschaften, nur noch in Form von synthetischen Substituten in Düften erscheint: Eichenmoos. Dies könnte auch der Grund sein, weshalb dieser außergewöhnliche, unvergleichliche Duft nicht mehr produziert wird. Vielleicht gelingt es ja doch noch, ähnlich wie bei Jil Sanders Man Pure aus den 80ern, einen adäquaten Nachfolger zu präsentieren. Verdient hätte er es.
Der einzige Herrenduft auf dem Markt, der mich ein wenig an Davidoffs ersten erinnert, ist Geo F. Trumpers Astor. Noch älter als Davidoff, vielleicht der Begründer der Duftfamilie der Colognes mit dem Duftverlauf Zitrone - Kräuter - Kümmel - Moos, blieb er leider immer ein wenig beachteter Exot.
Zurück bleibt bis zum Schluss eine weiche Ledernote, mit der sich der Duft dann langsam, sehr langsam verabschiedet.
Die Erinnerungen verklingen und verschwimmen.
Irgendwann wurde mir klar, dass selbst diese scheinbar alltäglichen, auf den ersten Blick nebensächlichen Erinnerungen oft mit Düften verbunden sind. Den Sonntag verbinde ich mit dem Geruch nach frischem Kaffee, die Stoppelfelder riechen in meiner Erinnerung nach Erde und Stroh, das Drachensteigen nach der frischen Luft, dem Wind, der den Geruch von Regen heran treibt.
Im Alltag benutzte mein Vater oftmals nur ein After Shave. Das war in seiner Generation nichts Unübliches. Die meisten Männer hätten es wohl eher für unstatthaft gehalten, ständig einen teuren Duft zu verwenden. Dabei kam in der Zeit meiner Kindheit "Russisch Leder" von Farina zum Einsatz. Der Duft ist ebenso alt wie ich selbst (Jg. 67) und begleitete mich somit durch die ersten Jahre meiner Kindheit.
Nach einigen Jahren zog es mein Vater aber vor, bei gewissen Gelegenheiten, und dazu gehörte eben auch der Sonntag oder der Besuch eines Restaurants, einen teureren Duft zu verwenden. Nach einigem Testen und häufigeren Wechseln entdeckte er 1984 den Klassiker Davidoff - und dieser begleitete ihn fortan durch sein Leben.
So denke ich, wenn ich an Sonntage, Urlaube, Familienausflüge mit meinem Vater denke, unweigerlich immer an diesen Duft. Das Schöne ist jedoch, dass dieser Duft eben nicht nur mit Alltagserinnerungen verbunden ist, sondern mit schönen, gemeinsamen Erlebnissen und daher auch weniger melancholische Gefühle bei mir hervorruft als Russisch Leder.
Bei Davidoffs erstem und besten Duft überzeugt mich aber nicht nur der Charme der Erinnerung. Letztlich ist es der Duft selbst, der für sich spricht und zu überzeugen vermag. Leider besitze ich nur noch einen alten Flakon, da der Duft schon lange nicht mehr produziert wird. Er ist nach dem Tode meines Vaters in meinen Besitz übergegangen und selten verwendet worden, weil er nur noch einen kleinen Bodensatz des Duftes enthält. Es ist ein wenig so wie mit dem, was von einem Menschen bleibt, wenn er verstorben ist. Vieles ist vergangen und doch bleibt etwas, das man behalten und nicht mehr hergeben möchte.
Der Auftakt ist leicht zitrisch, enthält aber von Anfang an auch Komponenten von Kräutern. Dabei ist bewundernswert, wie es den Parfümeuren gelungen ist, die Balance zwischen zitrischen und krautigen Komponenten zu wahren. Die meisten Herrendüfte tendieren stark in die eine oder die andere Richtung. Davidoff jedoch bleibt in der Balance, harmonisch und doch stark.
Ähnliches gilt für die Herznote. Recht dominant ist hier der Kümmel, der leicht auszumachen ist, der aber nicht scharf oder streng erscheint, da er durch die floralen Komponenten ausgewogen und aufgefangen wird. Auch hier bleibt der Eindruck großer Harmonie zurück, einer Balance zwischen strengeren und weicheren Komponenten - als duftgewordene Idee des Männlichen.
Die Basis enthält den Duftstoff, der für mich fast selbstverständlich zu einem guten Herrenduft gehört und der doch, wegen seiner allergenen Eigenschaften, nur noch in Form von synthetischen Substituten in Düften erscheint: Eichenmoos. Dies könnte auch der Grund sein, weshalb dieser außergewöhnliche, unvergleichliche Duft nicht mehr produziert wird. Vielleicht gelingt es ja doch noch, ähnlich wie bei Jil Sanders Man Pure aus den 80ern, einen adäquaten Nachfolger zu präsentieren. Verdient hätte er es.
Der einzige Herrenduft auf dem Markt, der mich ein wenig an Davidoffs ersten erinnert, ist Geo F. Trumpers Astor. Noch älter als Davidoff, vielleicht der Begründer der Duftfamilie der Colognes mit dem Duftverlauf Zitrone - Kräuter - Kümmel - Moos, blieb er leider immer ein wenig beachteter Exot.
Zurück bleibt bis zum Schluss eine weiche Ledernote, mit der sich der Duft dann langsam, sehr langsam verabschiedet.
Die Erinnerungen verklingen und verschwimmen.
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Kopfnote
Basilikum
fruchtige Noten
Zitrone
Beifuß
Bergamotte
Limette
Herznote
Thymian
Gartennelke
Iris
Jasmin
Rose
Heu
Zedernholz
Basisnote
Bibergeil
Moos
Leder
Patchouli
Weihrauch
Ambra
Vetiver








Axiomatic
Foxear
Theris
Eggi37
Schalkerin
































