07.05.2020 - 07:20 Uhr
FvSpee
323 Rezensionen
FvSpee
Top Rezension
29
Colonia statt Corona. No. 8: Le coq, il sent; le coq, il sent...
Warum dieses edel flakonierte und vollkommen geschlechts-indifferent verwendbare Cologne nach dem Hahn benannt ist, dazu fällt mir (außer dass es sich um das gallische Nationaltier handelt) nichts ein. Ich meine allerdings, dass man diesen Hahn, auch wenn er noch nicht tot ist wie in dem berühmten Lied, herausriecht. Es handelt sich nämlich, wenn das keine psychologische Täuschung aufgrund erhöhter Namens-Suggestibilität ist, um eines der wenigen mir bekannten Colognes mit einer strengen, fast animalischen Note.
Aber der Reihe nach: Bei der Kopfnote kann man es nicht vermeiden, die 4711-Normalmesslatte anzulegen. Das ist doch auch irgendwie beruhigend, bei diesem Referenzmaßstab wissen wir alle, wovon wir reden. Bergamotte, Neroli und Zitrone, das ist hier alles drin, wunderbar, von daher auch eine unverkennbare Ähnlichkeit, aber, aber: Neroli ist sehr stark ausgeprägt und es kommt noch eine dicke, fette Bonus-Apfelsine dazu, wodurch dieses Cologne mehr in die orange Richtung tendiert. Dieser Orangenduft ist aber nicht allzu deutlich und naturalistisch. Er führt mehr dazu, dass die Zitrik insgesamt fülliger und weniger sauer ist (eine gewisse Spitzigkeit ist aber schon vorhanden).
Unverkennbar aber schon in der nach etwa 30 Sekunden einsetzenden Herznote, und das macht dieses Cologne dann unverwechselbar, sind je eine blumige und eine leicht streng-animalische Note. Ich habe beide ohne Blick auf die Duftnoten bemerkt und fand sie bemerkenswert und ungewöhnlich. Ich schreibe sie dem Jasmin und dem Patschuli zu. Lavendel vermag ich im Gegensatz zu anderen hier nicht zu spüren; wobei die gewisse "Eisnote", die andere hier bemerken und die ich mit viel Fantasie durchaus nachvollziehen kann, auf diesem Lavendel beruhen könnte. Küchenkräuter fehlen, insbesondere das Rosmarin, das sowohl in 4711, als auch im "Cologne Impérial" von Guerlain vorhanden ist, und das merkt man: Die zitrische Frische wird hier nicht durch Kräuterfrische verdoppelt, sondern durch Floristik und Fauna kontrastiert.
Das in den Noten angegebene Eichenmoos soll ja auch eine fixierende Wirkung haben; sollte das wahr sein, kann man Eichenmoos an diesem Cologne höchstens vorbeitgetragen haben, denn der gesamte Duft verpufft nach wenigen Minuten praktisch spurlos.
Listenmäßig ist das "Kölnischwasser mit dem Hahn" für etwa 70 Euro je 100 ml zu haben; mit einem vergleichsweise eher nicht zum Vorratskauf animiernden, unter dem Mikroskop aber wahrnehmbaren Mengenabschlag kostet der Halbliter-Maxiflakon etwa 280 Euro. Das ist recht viel für ein sehr flüchtiges Cologne, vergleichen mit Preis anderer Guerlains oder mit dem hier kürzlich besprochenen Chanel-Cologne ist es jedoch günstig.
Mich kann der Hahn nicht so recht überzeugen, obwohl ich (siehe den Kommentar von Apicius) bei "Nimm 2" die orangenen Bonbons lieber als die gelben mag. Die (von mir dem Patschuli zugeschriebene) strenge Note empfinde ich hier als eher unharmonisch, obwohl ich in anderen Düften (etwa im "Sunday Cologne" von Byredo, das aber ein EdP und kein Cologne ist) die Verbindung zitrischer Noten mit einer gewissen Dreckigkeit durchaus lieben kann. Es bleibt daher bei mir (sogar mit Wohlwollen, das daher kommt, dass ich ein unverbesserlicher Guerlinist, wenn auch kein Marxist-Guerlinist, bin) bei nicht mehr als 7,5 Punkten. Für den Namen gibt es 8,5, weil ich den Hahn lustig finde.
A propos: Vielleicht kommt der Name ja auch daher, dass man sich in Frankreich, wenn man Brathähnchen mit den Fingern gegessen hat, diese danach mit Tüchern mit diesem Cologne abwischt...
Nun wieder ein Bonustrack zu einem schon von mir kommentierten Cologne, das daher nicht mehr in die Reihe aufgenommen werden kann. Ich habe mir als
No. 8a
diesmal auch einen Franzosen ausgesucht, und auch einen klinischen Neroliker, aber brandneu statt über 100 Jahre alt, und Drogerieregal (Monoprix, soweit ich weiß) statt Guerlain. Ich spreche vom "Noble Néroli" der Billigmarke "Comptoir Cologne". Ich habe diesen Duft damals mit 8,5 bewertet, und obwohl ich ihn seither nicht mehr gerochen habe, hat sich mir das damalige Duftvergnügen so ins Gedächtnis gebrannt, dass ich dieses Cologne wirklich gerne besitzen würde. Ist witzig, oder? Wenn man so schaut, was man sich vor einem Jahr nach dem Testen auf die Merkliste gesetzt hat, dann kann man sich an manche Düfte schon wieder nicht mehr erinnern, bei anderen verspürt man sofort den Duft in der Nase und ein Craving im Bauch... Wenn ich mal wieder nach Frankreich komme, werde ich bestimmt danach suchen, ein Online-Kauf scheint leider nicht möglich. Es hat damals bei mir im Direktvergleich mit dem wesentlich teureren "Grand Néroli" von Atelier Cologne ganz klar gewonnen und mich wirklich nachhaltig beeindruckt: Ein schlichter, aber körpervoller und wertiger Orangenfrischeduft, der auch an Petitgrain und Mandarine denken lässt.
Aber der Reihe nach: Bei der Kopfnote kann man es nicht vermeiden, die 4711-Normalmesslatte anzulegen. Das ist doch auch irgendwie beruhigend, bei diesem Referenzmaßstab wissen wir alle, wovon wir reden. Bergamotte, Neroli und Zitrone, das ist hier alles drin, wunderbar, von daher auch eine unverkennbare Ähnlichkeit, aber, aber: Neroli ist sehr stark ausgeprägt und es kommt noch eine dicke, fette Bonus-Apfelsine dazu, wodurch dieses Cologne mehr in die orange Richtung tendiert. Dieser Orangenduft ist aber nicht allzu deutlich und naturalistisch. Er führt mehr dazu, dass die Zitrik insgesamt fülliger und weniger sauer ist (eine gewisse Spitzigkeit ist aber schon vorhanden).
Unverkennbar aber schon in der nach etwa 30 Sekunden einsetzenden Herznote, und das macht dieses Cologne dann unverwechselbar, sind je eine blumige und eine leicht streng-animalische Note. Ich habe beide ohne Blick auf die Duftnoten bemerkt und fand sie bemerkenswert und ungewöhnlich. Ich schreibe sie dem Jasmin und dem Patschuli zu. Lavendel vermag ich im Gegensatz zu anderen hier nicht zu spüren; wobei die gewisse "Eisnote", die andere hier bemerken und die ich mit viel Fantasie durchaus nachvollziehen kann, auf diesem Lavendel beruhen könnte. Küchenkräuter fehlen, insbesondere das Rosmarin, das sowohl in 4711, als auch im "Cologne Impérial" von Guerlain vorhanden ist, und das merkt man: Die zitrische Frische wird hier nicht durch Kräuterfrische verdoppelt, sondern durch Floristik und Fauna kontrastiert.
Das in den Noten angegebene Eichenmoos soll ja auch eine fixierende Wirkung haben; sollte das wahr sein, kann man Eichenmoos an diesem Cologne höchstens vorbeitgetragen haben, denn der gesamte Duft verpufft nach wenigen Minuten praktisch spurlos.
Listenmäßig ist das "Kölnischwasser mit dem Hahn" für etwa 70 Euro je 100 ml zu haben; mit einem vergleichsweise eher nicht zum Vorratskauf animiernden, unter dem Mikroskop aber wahrnehmbaren Mengenabschlag kostet der Halbliter-Maxiflakon etwa 280 Euro. Das ist recht viel für ein sehr flüchtiges Cologne, vergleichen mit Preis anderer Guerlains oder mit dem hier kürzlich besprochenen Chanel-Cologne ist es jedoch günstig.
Mich kann der Hahn nicht so recht überzeugen, obwohl ich (siehe den Kommentar von Apicius) bei "Nimm 2" die orangenen Bonbons lieber als die gelben mag. Die (von mir dem Patschuli zugeschriebene) strenge Note empfinde ich hier als eher unharmonisch, obwohl ich in anderen Düften (etwa im "Sunday Cologne" von Byredo, das aber ein EdP und kein Cologne ist) die Verbindung zitrischer Noten mit einer gewissen Dreckigkeit durchaus lieben kann. Es bleibt daher bei mir (sogar mit Wohlwollen, das daher kommt, dass ich ein unverbesserlicher Guerlinist, wenn auch kein Marxist-Guerlinist, bin) bei nicht mehr als 7,5 Punkten. Für den Namen gibt es 8,5, weil ich den Hahn lustig finde.
A propos: Vielleicht kommt der Name ja auch daher, dass man sich in Frankreich, wenn man Brathähnchen mit den Fingern gegessen hat, diese danach mit Tüchern mit diesem Cologne abwischt...
Nun wieder ein Bonustrack zu einem schon von mir kommentierten Cologne, das daher nicht mehr in die Reihe aufgenommen werden kann. Ich habe mir als
No. 8a
diesmal auch einen Franzosen ausgesucht, und auch einen klinischen Neroliker, aber brandneu statt über 100 Jahre alt, und Drogerieregal (Monoprix, soweit ich weiß) statt Guerlain. Ich spreche vom "Noble Néroli" der Billigmarke "Comptoir Cologne". Ich habe diesen Duft damals mit 8,5 bewertet, und obwohl ich ihn seither nicht mehr gerochen habe, hat sich mir das damalige Duftvergnügen so ins Gedächtnis gebrannt, dass ich dieses Cologne wirklich gerne besitzen würde. Ist witzig, oder? Wenn man so schaut, was man sich vor einem Jahr nach dem Testen auf die Merkliste gesetzt hat, dann kann man sich an manche Düfte schon wieder nicht mehr erinnern, bei anderen verspürt man sofort den Duft in der Nase und ein Craving im Bauch... Wenn ich mal wieder nach Frankreich komme, werde ich bestimmt danach suchen, ein Online-Kauf scheint leider nicht möglich. Es hat damals bei mir im Direktvergleich mit dem wesentlich teureren "Grand Néroli" von Atelier Cologne ganz klar gewonnen und mich wirklich nachhaltig beeindruckt: Ein schlichter, aber körpervoller und wertiger Orangenfrischeduft, der auch an Petitgrain und Mandarine denken lässt.
22 Antworten