07.02.2016 - 06:27 Uhr
loewenherz
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Muttis umhäkelte Klopapierrolle auf der Hutablage
Neulich auf dem Parkplatz eines großen Supermarktes habe ich neben einem älteren Ehepaar den Inhalt meines Einkaufswagens in den Kofferraum eingeladen. Die beiden mögen Mitte siebzig gewesen sein, und wie liebevoll sie einander halfen und überhaupt miteinander umgingen, war wunderschön. Sie nannten sich natürlich gegenseitig 'Mutti' und 'Vati', und als er beim Einpacken eines Beutels mit grünen Bohnen (voll freudiger Erwartung des herannahenden Abendessens, zweifellos würde ein ordentliches Stück Speck dabei sein) ein schmatzendes Geräusch machte, hätte ich die beiden am liebsten kurz in den Arm genommen.
Auf der Hutablage ihres Wagens lag etwas, das ich seit Jahren (ach was, Jahrzehnten!) nicht mehr gesehen hatte - eine in gedeckten Brauntönen sauber umhäkelte Rolle Toilettenpapier - mit gewellter Zierrüsche, es fehlte nur der Bommel obendrauf. In den 80ern - als es kein Sanifair gab, und eine Fahrt an die Costa del Sol 48 Stunden dauern konnte, inklusive Anflunkern der Zöllner, man habe natürlich keinen Wein dabei - waren diese umhäkelten Klorollen deutscher Familienstandard. (Oft gab es auf der Gästetoilette noch eine zweite auf diese Art bedeckte Rolle - aus der oben eine Kastagnetten schlagende Spanierin herauskam.)
Der kleine, alte Mann und die kleine, alte Frau strahlten eine Bodenständigkeit und Bescheidenheit aus, die rührend erschien und gestrig - 2016, auf dem Parkplatz dieses Supermarktes. Man konnte förmlich sehen, wie benutztes Geschenkpapier sorgfältig glattgestrichen in den Schrank gelegt wird - und geprüft, ob sich ein fadenscheinig gewordener Pullover durch einen neuen Kragen nicht vielleicht doch noch retten lässt. Mutti verwaltet die Kasse mit strenger Nachsicht, und solange es ab und zu Speck mit Böhnchen gibt, hat Vati den Lohn immer klaglos bei ihr abgeliefert - weniger aus Gewohnheit, als aus echtem Vertrauen.
Fazit: als die kleine, alte Frau ins Auto stieg (er hat ihr dabei geholfen, obwohl sie nicht krank war, und die Stelle auch nicht eng - einfach nur, um ihr zu helfen) konnte ich in der Innenseite der Beifahrertür ein Fläschchen liegen sehen. Es war Tosca - in der ganz einfachen Flasche mit dem Aufkleber und dem blauen Plastikdeckel. Ich habe mir dann kurz vorgestellt, wie sie sich beim Aussteigen vor dem Besuch alter Bekannter (die man nur manchmal sieht, seit sie nach Osnabrück gezogen sind) mit einem Tropfen davon erfrischt. Und ich dachte mir: schön eigentlich, dass es das noch gibt.
Auf der Hutablage ihres Wagens lag etwas, das ich seit Jahren (ach was, Jahrzehnten!) nicht mehr gesehen hatte - eine in gedeckten Brauntönen sauber umhäkelte Rolle Toilettenpapier - mit gewellter Zierrüsche, es fehlte nur der Bommel obendrauf. In den 80ern - als es kein Sanifair gab, und eine Fahrt an die Costa del Sol 48 Stunden dauern konnte, inklusive Anflunkern der Zöllner, man habe natürlich keinen Wein dabei - waren diese umhäkelten Klorollen deutscher Familienstandard. (Oft gab es auf der Gästetoilette noch eine zweite auf diese Art bedeckte Rolle - aus der oben eine Kastagnetten schlagende Spanierin herauskam.)
Der kleine, alte Mann und die kleine, alte Frau strahlten eine Bodenständigkeit und Bescheidenheit aus, die rührend erschien und gestrig - 2016, auf dem Parkplatz dieses Supermarktes. Man konnte förmlich sehen, wie benutztes Geschenkpapier sorgfältig glattgestrichen in den Schrank gelegt wird - und geprüft, ob sich ein fadenscheinig gewordener Pullover durch einen neuen Kragen nicht vielleicht doch noch retten lässt. Mutti verwaltet die Kasse mit strenger Nachsicht, und solange es ab und zu Speck mit Böhnchen gibt, hat Vati den Lohn immer klaglos bei ihr abgeliefert - weniger aus Gewohnheit, als aus echtem Vertrauen.
Fazit: als die kleine, alte Frau ins Auto stieg (er hat ihr dabei geholfen, obwohl sie nicht krank war, und die Stelle auch nicht eng - einfach nur, um ihr zu helfen) konnte ich in der Innenseite der Beifahrertür ein Fläschchen liegen sehen. Es war Tosca - in der ganz einfachen Flasche mit dem Aufkleber und dem blauen Plastikdeckel. Ich habe mir dann kurz vorgestellt, wie sie sich beim Aussteigen vor dem Besuch alter Bekannter (die man nur manchmal sieht, seit sie nach Osnabrück gezogen sind) mit einem Tropfen davon erfrischt. Und ich dachte mir: schön eigentlich, dass es das noch gibt.
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