Unverhofft und umso erfreulicher, was Mäurer & Wirtz nun auf den Markt gebracht hat.
Sollte der 2024er Herbst die geforderte Wende in Sachen Duftkomposition bringen?
Ja, hier beweist das Haus Weitsicht und Mut, Versöhnliches für all die zu offerieren, welche in den letzten Jahren es mit süßen Düften nicht mehr aushalten konnten.
Mutig, ehrlich und begrüßenswert, knallhart die Komponenten dieser Duftversion beim Namen zu nennen.
Und nichts dem Zufall zu überlassen, was die Gestaltung des legendären Flakons angeht.
Ich muss gestehen, dass meine Vorfreude über die Ankündigung einer dunklen Version des Klassikers
Tabac Original After Shave Lotion getrübt wurde, als unser sehr geschätzter Parfumo Yatagan über die hohe Konzentration an Iso-E-Super enttäuscht war.
Nun, dieses Molekül kann bei verschiedenen Hauttypen anders reagieren und dementsprechend den Duftverlauf verändern.
Mag sein, dass manche eine diffuse, gar dem Weichzeichner ähnliche Assoziation beim Riechen haben.
Andere aber, und dazu zähle ich, erfahren den Duft klarer, fast glasklar im holzigen Bereich.
Der Neugier halber öffnete ich sowohl den Flakon vom
Tabac Original After Shave Lotion und den vom
Tabac Original Black Edition und roch erstmal an beiden Dosierkappen.
Während das Original wie gewohnt nach Aldehyden, Hölzern und warmem Amber duftet, erhalte ich in der vorliegenden Version zwar auch einen Hauch des Urduftes, dieser aber wesentlich leichter und auch dunkler getönt, moderner.
Aus mechanischen Gründen gibt es diesmal einen…
Schütt und Klatsch!
Erstaunlich leise gestaltet sich der Beginn des Duftverlaufs, ich kann zunächst kaum einen Duft wahrnehmen, wird wohl der Synthetik geschuldet sein.
Doch dann zeigt sich langsam die zitrische Eröffnung, sehr sachte und auch mit grün herben Eindrücken. Ich nehme an, dass das deklarierte Zedernblatt so riechen soll.
Was sehr angenehm ist, die zunächst sparsame Dosierung des Pfeffers, gerade mal so auszumachen.
Es wird eine Weile dauern, bis die nächste Etappe des Duftes erkennbar wird.
Überhaupt lässt sich der Duftverlauf Zeit mit all seinen Facetten.
Dazu später mehr.
Der Lavendel wird frisch und wiederum grünlich moduliert, das Molekül Clearwood funktioniert hier ausgezeichnet.
Kein Stechen, keine Übersteuerung, einfach ein weiches Gefühl.
Vielleicht ist es auch dieses weiche Gefühl des Iso-E-Super, welches Parfumo Yatagan moniert.
Verständlich, wenn man einen Duft mit klaren Konturen erwartet.
Doch hier möchte ich einwenden, dass Tabac Original schon immer weich ausfiel. Gerade das Weiche und Abgerundete ist eine seiner Eigenschaften.
Daher ist es nur konsequent, nach Iso-E-Super zu greifen, um wiederum ein abgerundetes Dufterlebnis zu ermöglichen.
Und eh ich mich versehe, lugt auch schon das Herz des Urduftes hervor.
Ja, hier hat das Haus penibel darauf geachtet, die Tradition einzubinden im zeitgenössischen Kontext.
Warm holzig, wunderbar ambriert und mit hell krautigen Sprenkeln versehen, so pocht das alte, nun verjüngte Herz des Klassikers.
Mehr als eine Stunde wird vergehen, bis die markante Basis übernimmt.
Das nenne ich molekulare Beherrschung!
Denn plötzlich wird alles glasklar.
Ja, die positive Seite des Iso-E-Super.
Eine sonderbare Frische leitet zur letzten Etappe über.
Gepfeffert meldet sich nun eine gemütlich dunkle Lounge.
Aspekte des Leders, dunkler Hölzer und eines gräulichen Rauches bestimmen den Zeitgeist dieser Version.
Erstaunlich, dass hier alles leicht und luftig bleibt.
Die gelungenen Kontraste von Frische und behaglichem Holz wirken belebend.
Ich zumindest könnte stundenlang daran riechen und mich wohlfühlen.
Denn es verschmelzen die Eindrücke der Originals mit dem Neuen.
Und wie sagt es Profumo Ergoproxy?
Es kommt auf die gekonnte Verwendung neuer Moleküle an.
Hier wurde ich eines Besseren belehrt.
Hut ab!
Nun zum Flakon.
Mit Sicherheit ein Meilenstein.
Wirkt das Glas zunächst matt schwarz, wandelt sich die optische Eigenschaft im Gegenlicht. Durchsichtig, grau verraucht und elegant erlaubt nun das Material den Einblick ins Innere der Amphore.
Wenn das nicht der gelungenste Streich des Hauses ist.
Ein absoluter Hingucker und würdig eines schönen Platzes daheim.
Was die Haltbarkeit betrifft, so kann ich getrost die kontinuierliche Qualität der Reihe preisen. Sorgte schon das ursprüngliche After Shave für lange Duft-Stunden, reiht sich nun die dunkle Version hier prima ein.
Stundenlang wird der Duft riechbar bleiben.
Zwar ist die Projektion zunächst schwach, mitunter hautnah, doch werden ganz unverhofft Duftwolken generiert, welche sehr wohl auch für die Umgebung auszumachen sind.
Am frühen Abend aufgetragen, konnte ich am nächsten Morgen den Duft noch riechen.
Verhalten zwar, aber dennoch präsent.
Und so möchte ich den Charakter des Duftes wie folgt zusammenfassen.
Warm holzig, ambriert, pfeffrig ledrig und kühl rauchig.
Coolness, minimalistische Eleganz, die Weitergabe der Staffel an die nächste Generation.
Ja, ich bin überzeugt, dass das Haus den richtigen Weg eingeschlagen hat.
Sollte
Tabac Original Black Edition limitiert sein, dann hoffentlich als Versuch, Althergebrachtes zu justieren und damit neue Anhänger zu gewinnen. Womöglich, um spätere Werke entsprechend zu komponieren.
Und ich bin guten Mutes, dass das Experiment gelingen wird.
Danke Mäurer & Wirtz, dieses Mal liegt Ihr richtig!