10.01.2021 - 04:50 Uhr
MariellaMmmh
215 Rezensionen
MariellaMmmh
Top Rezension
93
Mein Engel
Es ist auffällig, dass wir immer wieder über Düfte und Erinnerungen sprechen. Ob nun im Forum, in Kommentaren oder wundervollen Blog-Beiträgen - es scheint uns doch alle zu beschäftigen, vor allem momentan. Kein Wunder, wenn man so bedenkt, was los ist. In schwierigen Zeiten ist es wohl automatisch so, dass man in Erinnerungen schwelgen möchte. Vor allem in schönen.
Salvas wunderbarer Kommentar hat mich auf diesen Duft aufmerksam gemacht. Nanu, dachte ich, wie kommt es, dass ich den noch nie kennen gelernt habe? Ritterlich wurde mir in Blitzversand eine Probe zugeschickt. Ich werde auf ewig dankbar sein, denn dieser Duft war jahrelang ein Begleiter, ohne, dass ich es wusste. Die Aussage "Nanu, wie kommt es dass ich den noch nie kennen gelernt habe?" muss ich also zurück ziehen.
Der aufmerksame Parfumoleser ahnt nun, dass dies ein persönlicher Kommentar wird. Wer das nicht mag, dem wünsche ich von Herzen einen zauberhaften Tag und verweise auf den Kommi unter mir (den man ohnehin gelesen haben sollte).
Ich habe schon etwas Vergangenheitsbewältigung betrieben hier und so weiß der ein oder andere, dass ich Ende 1989 mit meiner Familie aus Polen nach Deutschland kam. Das war eine harte Zeit, auch wenn wir nicht aus Angst um unser Leben aus einem Kriegsgebiet flüchten mussten. Dennoch hieß es alles hinter sich zu lassen, alles was man hatte und alle die man liebte. Das hat mich sehr mitgenommen.
Meine Eltern haben immer hart gearbeitet und wieder alles von Grund auf neu aufgebaut. Ich bin ihnen so dankbar für alles, was sie taten und immer noch tun. In den anfänglichen Monaten voller Sprachbarrieren, finanziellen Katastrophen, Anfeindungen, Ängsten sowie dem ständigen Gefühl, völlig fehl am Platz zu sein, gaben sich meine Eltern große Mühe, Sicherheit und Halt zu bieten. Aber das konnten sie nicht. Wie denn auch? Denn auch sie waren entwurzelt, hatten keine Basis und strampelten sich durch.
Als ich dann zur Schule ging, kehrte so etwas wie Alltag ein. Aber ich verstand kein Wort und musste echt kämpfen. Und nun kommt es zum größten Glück, das ich in dieser Zeit erfahren durfte:
Frau L.
Sie war meine Klassenlehrerin und ein Engel. Zweifelsohne. Ohne sie wäre ich einen anderen Weg gegangen. Sie hat mich mit offenen Armen empfangen. Sie hatte die Gabe, einem in die Seele zu blicken. Sie hat erkannt, was mit mir los war. Sie gab mir den Halt, den ich brauchte. Im wahrsten Sinne des Wortes: Sie nahm mich, wenn es mir nicht gut ging, fest in die Arme, drückte mich an ihre Brust und spendete mir Trost. Sie glaubte an mich, sie half mir, die fremde Sprache zu lernen, half meinen Eltern, in dem sie ihnen Möbel schenkte, Anträge ausfüllte, und und und.
So viel Liebe, so viel Hingabe, Fürsorge und Güte habe ich bei einem an sich fremden Menschen nie erlebt. Das ist nun lange her, aber bis heute weiß ich, wie sie gerochen hat. Denn sie roch immer gleich. Ich liebte diesen Duft und habe ihn regelrecht inhaliert. Ein Duft voller Wärme, Blumen, Liebe, zart fruchtig, weich, ganz weich, heimelig. Alles, wonach ich mich sehnte.
Erst kürzlich sprach ich mit meiner Mama über diese Zeit und über Frau L. Auch meine Eltern waren und sind ihr für alles dankbar. Ich sagte meiner Mama, wenn ich die Augen schließe, rieche ich sie. Immer noch. Ich wüsste so gern, was das für ein Parfum war!
Und nun teste ich gestern Mitsouko. Volltreffer! Frau L.
Mari sitzt tränenüberströmt aber glücklich da und schwelgt in Erinnerungen.
Ich werde diesen Duft für mich als Ganzes sehen, als meine Frau L. und ihn nicht in Bestandteile zerlegen. Es ist für mich einer der schönsten Düfte dieser Welt. Für immer.
Ich habe vor ein paar Jahren bei ihr angerufen, weil ich mich bedanken wollte für alles, was sie für mich getan hat. Ich war nervös, denn eine ewig lange Zeit war vergangen. Lehrer lernen über Jahre so viele Kinder kennen, da kann man sich nicht an jeden erinnern. Es war mir dennoch ein Bedürfnis.
Mit zittrigen Händen und pochendem Herzen wählte ich die Nummer. Nach nur wenigen Atemzügen meldete sich jemand am anderen Ende der Leitung. Ich strahlte. Es war ihre warme, liebe Stimme.
Ich sagte "Hallo, ich weiß nicht, ob Sie sich an mich erinnern werden. Ich kam Anfang 1990 in ihre damals 3. Klasse und konnte kein Wort Deutsch. ..."
"Mari?"
Ich kann gar nicht sagen, wie heftig ich weinte. Ich bedankte mich bei ihr für alles und wir redeten und redeten. Sie erzählte mir viel von sich und dass sie mittlerweile Oma sei. Jedes ihrer Worte durchströmte mich und hüllte mich in einer warme Wolke ein. Und dabei immer in meiner Nase, damals noch unwissend, der Duft von Guerlain's Mitsouko. Aber für mich der Duft von Frau L. Für immer.
Salvas wunderbarer Kommentar hat mich auf diesen Duft aufmerksam gemacht. Nanu, dachte ich, wie kommt es, dass ich den noch nie kennen gelernt habe? Ritterlich wurde mir in Blitzversand eine Probe zugeschickt. Ich werde auf ewig dankbar sein, denn dieser Duft war jahrelang ein Begleiter, ohne, dass ich es wusste. Die Aussage "Nanu, wie kommt es dass ich den noch nie kennen gelernt habe?" muss ich also zurück ziehen.
Der aufmerksame Parfumoleser ahnt nun, dass dies ein persönlicher Kommentar wird. Wer das nicht mag, dem wünsche ich von Herzen einen zauberhaften Tag und verweise auf den Kommi unter mir (den man ohnehin gelesen haben sollte).
Ich habe schon etwas Vergangenheitsbewältigung betrieben hier und so weiß der ein oder andere, dass ich Ende 1989 mit meiner Familie aus Polen nach Deutschland kam. Das war eine harte Zeit, auch wenn wir nicht aus Angst um unser Leben aus einem Kriegsgebiet flüchten mussten. Dennoch hieß es alles hinter sich zu lassen, alles was man hatte und alle die man liebte. Das hat mich sehr mitgenommen.
Meine Eltern haben immer hart gearbeitet und wieder alles von Grund auf neu aufgebaut. Ich bin ihnen so dankbar für alles, was sie taten und immer noch tun. In den anfänglichen Monaten voller Sprachbarrieren, finanziellen Katastrophen, Anfeindungen, Ängsten sowie dem ständigen Gefühl, völlig fehl am Platz zu sein, gaben sich meine Eltern große Mühe, Sicherheit und Halt zu bieten. Aber das konnten sie nicht. Wie denn auch? Denn auch sie waren entwurzelt, hatten keine Basis und strampelten sich durch.
Als ich dann zur Schule ging, kehrte so etwas wie Alltag ein. Aber ich verstand kein Wort und musste echt kämpfen. Und nun kommt es zum größten Glück, das ich in dieser Zeit erfahren durfte:
Frau L.
Sie war meine Klassenlehrerin und ein Engel. Zweifelsohne. Ohne sie wäre ich einen anderen Weg gegangen. Sie hat mich mit offenen Armen empfangen. Sie hatte die Gabe, einem in die Seele zu blicken. Sie hat erkannt, was mit mir los war. Sie gab mir den Halt, den ich brauchte. Im wahrsten Sinne des Wortes: Sie nahm mich, wenn es mir nicht gut ging, fest in die Arme, drückte mich an ihre Brust und spendete mir Trost. Sie glaubte an mich, sie half mir, die fremde Sprache zu lernen, half meinen Eltern, in dem sie ihnen Möbel schenkte, Anträge ausfüllte, und und und.
So viel Liebe, so viel Hingabe, Fürsorge und Güte habe ich bei einem an sich fremden Menschen nie erlebt. Das ist nun lange her, aber bis heute weiß ich, wie sie gerochen hat. Denn sie roch immer gleich. Ich liebte diesen Duft und habe ihn regelrecht inhaliert. Ein Duft voller Wärme, Blumen, Liebe, zart fruchtig, weich, ganz weich, heimelig. Alles, wonach ich mich sehnte.
Erst kürzlich sprach ich mit meiner Mama über diese Zeit und über Frau L. Auch meine Eltern waren und sind ihr für alles dankbar. Ich sagte meiner Mama, wenn ich die Augen schließe, rieche ich sie. Immer noch. Ich wüsste so gern, was das für ein Parfum war!
Und nun teste ich gestern Mitsouko. Volltreffer! Frau L.
Mari sitzt tränenüberströmt aber glücklich da und schwelgt in Erinnerungen.
Ich werde diesen Duft für mich als Ganzes sehen, als meine Frau L. und ihn nicht in Bestandteile zerlegen. Es ist für mich einer der schönsten Düfte dieser Welt. Für immer.
Ich habe vor ein paar Jahren bei ihr angerufen, weil ich mich bedanken wollte für alles, was sie für mich getan hat. Ich war nervös, denn eine ewig lange Zeit war vergangen. Lehrer lernen über Jahre so viele Kinder kennen, da kann man sich nicht an jeden erinnern. Es war mir dennoch ein Bedürfnis.
Mit zittrigen Händen und pochendem Herzen wählte ich die Nummer. Nach nur wenigen Atemzügen meldete sich jemand am anderen Ende der Leitung. Ich strahlte. Es war ihre warme, liebe Stimme.
Ich sagte "Hallo, ich weiß nicht, ob Sie sich an mich erinnern werden. Ich kam Anfang 1990 in ihre damals 3. Klasse und konnte kein Wort Deutsch. ..."
"Mari?"
Ich kann gar nicht sagen, wie heftig ich weinte. Ich bedankte mich bei ihr für alles und wir redeten und redeten. Sie erzählte mir viel von sich und dass sie mittlerweile Oma sei. Jedes ihrer Worte durchströmte mich und hüllte mich in einer warme Wolke ein. Und dabei immer in meiner Nase, damals noch unwissend, der Duft von Guerlain's Mitsouko. Aber für mich der Duft von Frau L. Für immer.
38 Antworten