21.04.2016 - 14:43 Uhr
Meggi
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19
Die Juwelen der Erde
Der scharf-fruchtige und würzig-aromatisch-pfeffrige Auftakt riecht ein paar Sekunden lang beinahe wie Lösungsmittel. Dann dominiert kurz spitz-saure Bergamotte. Aber die Frucht weicht binnen einer halben Minute auf ein Fragment ihrer selbst zurück und die Gewürze lassen eine Hallenbad-Anmutung aufwallen, die ich bisher nur unter Mitwirkung von Rosmarin oder dessen engeren Verwandten kannte (siehe „Piper Nigrum“ oder „Uomo“ von Lorenzo Villoresi). Hier erwächst sie offenbar insbesondere wegen der inzwischen ins Adstringierende reduzierten Bergamotte und der Würzkraft von rosa Pfeffer sowie wahrscheinlich des einen oder anderen ergänzenden Krautes (Lorbeer?).
Schon nach wenigen Minuten mischt sich freilich eine erste nussige Vetiver-Brise hinzu und flankiert charakterlich vorläufig den rosa Pfeffer. Ungestützt hätte ich zudem auf irgendeine Beigabe aus der Nadelholz-Ecke getippt, die über Zeder hinausweist. Pinie vielleicht. Oder die Zeder hat nicht allein ihr Holz beigetragen. Ich bilde mir etwas Franzbranntweinhaft-Stichiges ein. Aha: Die Badestunde war medizinischer Natur und nun geht die Behandlung weiter?
Nein, sie gelangt zum Ende und Vetiver übernimmt. Im Fortgang bleibt es der einmal gewählten Linie treu und hält sich im un-erdigen Bereich. Zum Thema Erde kommen wir gleich, dafür ist heute wer anders zuständig, und das sozusagen hintenrum. Zunächst muss noch die Entstehung einer dunklen Holz-Note erwähnt werden, die brauchen wir jetzt ebenfalls.
Nach knapp zwei Stunden fühle ich mich nämlich an Trüffel erinnert. Juwelen der Erde. Aus eigener Erfahrung kenne ich solchen als offiziellen Pyramiden-Part bislang lediglich aus „Oxford Street“ von Hugh Parsons. Die Direkt-Gegenüberstellung enthüllt insgesamt keine allzu großen Parallelen; Ausnahme ist dieser eine, spezielle Punkt. Ich schätze, dass in beiden Fällen neben dem dunklen Holz (im Hugh Parsons heroisch „Oud“ genannt) maßgeblich Moschus für den Edelpilz-Gedanken verantwortlich zeichnet. Es gibt anscheinend moschuslastige Aromen-Kombinationen, die verblüffend ähnlich wie Trüffel bzw. dessen Darreichungsform Trüffelöl riechen – jedenfalls für mich. Lômusk von Santi Burgas zeigt in seiner Konzentration auf Moschus diesen Trüffel-Zusammenhang gut nachvollziehbar auf. Ohne dass allerdings eine entsprechende Angabe aufgeführt wäre – sprich: vermutlich unbeabsichtigt. Am Rande bemerkt: Lômusk bietet eine fürchterlich billige Variante und ist mithin eine Empfehlung einzig als Studienobjekt, nicht als Parfüm.
Der dunkelholzig-trüffelige Eindruck, an dem im Micallef außerdem abrundend und elegantisierend Benzoe beteiligt sein könnte, hält sich über Stunden. Der Moschus spielt dabei jedoch nicht bloß den Steigbügelhalter, sondern emanzipiert sich im Laufe der Zeit gleichsam und becremt den Baukasten-Pilz schließlich seinerseits. Er wird – um das vorwegzunehmen – den Duft am Abend auch beenden. Langer Rede kurzer Sinn: Ich finde den Trüffel dem Vetiver fast ebenbürtig.
Erst am Nachmittag kann ich mich der unten beschriebenen Idee eines „besoffenen“ Duftes nähern, da kriegt Jewel für Him tatsächlich einen Einschlag von zum Beispiel trockenem Portwein. Oder einem herben Edel-Roten. Mit einer Portion Korken, die zweifellos dem Holz geschuldet ist. Lustigerweise kommt auf meiner Haut nun erstmals jener grün-frische Vetiver-Dreh durch, der wohl auf Vetyverylacetat zurückzuführen ist und bereits dem Guerlain-Klassiker seine Frische verlieh (da mögen mich die Experten ggf. berichtigen).
Zum Abend hin ist Jewel zwar sehr dezent geworden, fährt aber mit einer Kelle Rauch noch eine letzte, schöne Abwechslung auf. Den Rausschmeißer spielt – wie gesagt - „gewöhnlicher“ Moschus.
Ein origineller und empfehlenswerter Duft. Ich bedanke mich bei MisterE für die Probe.
Schon nach wenigen Minuten mischt sich freilich eine erste nussige Vetiver-Brise hinzu und flankiert charakterlich vorläufig den rosa Pfeffer. Ungestützt hätte ich zudem auf irgendeine Beigabe aus der Nadelholz-Ecke getippt, die über Zeder hinausweist. Pinie vielleicht. Oder die Zeder hat nicht allein ihr Holz beigetragen. Ich bilde mir etwas Franzbranntweinhaft-Stichiges ein. Aha: Die Badestunde war medizinischer Natur und nun geht die Behandlung weiter?
Nein, sie gelangt zum Ende und Vetiver übernimmt. Im Fortgang bleibt es der einmal gewählten Linie treu und hält sich im un-erdigen Bereich. Zum Thema Erde kommen wir gleich, dafür ist heute wer anders zuständig, und das sozusagen hintenrum. Zunächst muss noch die Entstehung einer dunklen Holz-Note erwähnt werden, die brauchen wir jetzt ebenfalls.
Nach knapp zwei Stunden fühle ich mich nämlich an Trüffel erinnert. Juwelen der Erde. Aus eigener Erfahrung kenne ich solchen als offiziellen Pyramiden-Part bislang lediglich aus „Oxford Street“ von Hugh Parsons. Die Direkt-Gegenüberstellung enthüllt insgesamt keine allzu großen Parallelen; Ausnahme ist dieser eine, spezielle Punkt. Ich schätze, dass in beiden Fällen neben dem dunklen Holz (im Hugh Parsons heroisch „Oud“ genannt) maßgeblich Moschus für den Edelpilz-Gedanken verantwortlich zeichnet. Es gibt anscheinend moschuslastige Aromen-Kombinationen, die verblüffend ähnlich wie Trüffel bzw. dessen Darreichungsform Trüffelöl riechen – jedenfalls für mich. Lômusk von Santi Burgas zeigt in seiner Konzentration auf Moschus diesen Trüffel-Zusammenhang gut nachvollziehbar auf. Ohne dass allerdings eine entsprechende Angabe aufgeführt wäre – sprich: vermutlich unbeabsichtigt. Am Rande bemerkt: Lômusk bietet eine fürchterlich billige Variante und ist mithin eine Empfehlung einzig als Studienobjekt, nicht als Parfüm.
Der dunkelholzig-trüffelige Eindruck, an dem im Micallef außerdem abrundend und elegantisierend Benzoe beteiligt sein könnte, hält sich über Stunden. Der Moschus spielt dabei jedoch nicht bloß den Steigbügelhalter, sondern emanzipiert sich im Laufe der Zeit gleichsam und becremt den Baukasten-Pilz schließlich seinerseits. Er wird – um das vorwegzunehmen – den Duft am Abend auch beenden. Langer Rede kurzer Sinn: Ich finde den Trüffel dem Vetiver fast ebenbürtig.
Erst am Nachmittag kann ich mich der unten beschriebenen Idee eines „besoffenen“ Duftes nähern, da kriegt Jewel für Him tatsächlich einen Einschlag von zum Beispiel trockenem Portwein. Oder einem herben Edel-Roten. Mit einer Portion Korken, die zweifellos dem Holz geschuldet ist. Lustigerweise kommt auf meiner Haut nun erstmals jener grün-frische Vetiver-Dreh durch, der wohl auf Vetyverylacetat zurückzuführen ist und bereits dem Guerlain-Klassiker seine Frische verlieh (da mögen mich die Experten ggf. berichtigen).
Zum Abend hin ist Jewel zwar sehr dezent geworden, fährt aber mit einer Kelle Rauch noch eine letzte, schöne Abwechslung auf. Den Rausschmeißer spielt – wie gesagt - „gewöhnlicher“ Moschus.
Ein origineller und empfehlenswerter Duft. Ich bedanke mich bei MisterE für die Probe.
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