11.07.2019 - 18:20 Uhr
Anarlan
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Anarlan
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Ikigai in a bottle
Ganz kurz ist es so, als würde eine noch regenfeuchte Hanfmatte mit Schwung vor Dir ausgerollt, damit Du darüber schreitend die Stände mit grünen und gelben Früchten und Kräutern betrachten kannst, während Du über den Markt der Obst- und Kräuterverkäufer mitten in Tokyo schlenderst. Die unzähligen kastenförmigen Auslagen der Stände aus Bambusrohr bilden enge Gassen, fein säuberlich zu kubistischen Kulissen aufgetürmt, an ihren Enden den Blick auf die dunstigen Umrisse der Hochhäuser einer endlosen Stadt freigebend. Die Strassen brüten unter der schwülen Hitze der Regenzeit, überall scheint ein Feuchtigkeitsfilm auf den Oberflächen zu liegen. Sobald Du über die entblösste Haut Deiner Unterarme streichst, möchtest Du die Hände am nächsten bunt blinkenden, piependen und sprechenden Automaten trocknen, kühlen und desinfizieren lassen.
Du bist Dir sicher, dass es hier auch dafür Automaten gibt, aber erfolglos in Deiner Suche, natürlich, weil nichts von der Bestimmung und dem Zweck der bunt beschrifteten Kästen, die an jeder Ecke zu stehen scheinen, für Dich verständlich wäre. Wie durch eine biologische Besonderheit scheint es den Einheimischen vergönnt, dass keinerlei Feuchtigkeit auf ihren Gesichtern haftet, die Hausfrauen, Geschäftsleute, Teenager in ihren Babyklamotten und gefärbten Haaren, die durch die engen Gässchen eilen, alle scheinen wie auf Verabredung die Schweissproduktion eingestellt zu haben.
Die kurze Aufruhr, welche Dir der erdige Geruch des feuchten Hanfs bereitet, als Du den Markt betrittst, ist schon nach einigen Sekunden verflogen, und die herbe, saure, umwerfende Lebendigkeit des Duftes der Bitterorangen, die hier allgegenwärtig zu sein scheinen, trifft Dich wie ein Schlag. Sauer duften sie, ähnlich dem Duft frisch geriebener Zitronenschalen, dabei komplexer, tiefer, an Grapefruit und Limetten erinnert ihr Aroma, ohne die schwefelige Mattheit der Grapefruit oder die eindringliche Exotik der Limetten zu verbreiten. Kühl duftet es, eine Wohltat an diesem regenfeuchten heissen Tag.
Gleich daneben die Buden der Kräuterhändler, die Bündel stehen in vasenartig geflochtenen Behältern aus Bambus oder liegen, einer Dir unbekannten Geometrie folgend, geordnet in kleinen hölzernen Kästchen. Minze, Du zerreibst ein paar Blättchen zwischen Deinen Fingern: Keine Kaugummiminze, wie erwartet, sie würde übrigens gut in dieses unverständliche Umfeld passen, sondern ein krautiges, dunkles, stängelig-holziges Minzearoma, die Pflanzen wie im warmen Wind getrocknet und durch geheime Magie wieder zum Leben erweckt. Darunter ein weiteres Bündel einer kleinen Duftexplosion: Aromatische, grüne, zitrische Zitronenverbene, mit ihrem metallischen herben Duft, den Du fast schmecken kannst, ein dunkler, krautiger Ton, der sich ganz delikat unter die Spritzigkeit der Bitterorangen legt.
Du meinst immer noch den erdigen Geruch der regenfeuchten Hanfmatte wahrzunehmen, der gelegentlich in dieser exquisiten sauer-bitteren Stimmung aufsteigt, aber schon bald vermählen sich die herben Eindrücke mit der flirrenden Holzigkeit der Zedern und warmem, tiefen, angenehm trockenem und leicht reibendem Moschus. Etwas erinnert Dich an die mineralische Dunkelheit von Eichenmoos, aber es ist nur eine Illusion, die Hitze spielt Dir einen Streich, die Herbheit und Exzentrik des Duftes erzeugt diesen Eindruck. Dennoch, und das überrascht Dich am meisten, liegt der Duft Deiner feuchten Haut an wie ein kühlender, trockener, ideal temperierter, pudriger Seidenkokon, alles passt, Du bist bei Dir selbst angekommen, und die Hitze und die Stadt um Dich herum, sie können Dir nichts mehr anhaben.
...
Der Korse Marc-Antoine Corticchiato, die Nase hinter Parfum d´Empire, hat mit Yuzu Fou eine Hommage an das moderne Japan schaffen wollen, so die Marketingsaga, und seine Sichtweise darauf ist, ohne dass ich das konkretisieren oder erklären könnte, französisch, so wie die exquisiten Düfte, die er schafft, französisch sind. Ob es daran liegen mag, dass seine Düfte stets eine gewisse Sperrigkeit und Exzentrik haben, mit Duftkomponenten, die zunächst oft gewöhnungsbedürftig sind, dann aber in der Gesamtkomposition eine raffinierte Verwendung finden und einen starken Reiz ausüben, oder er sich offenbar gerne historischer Duft-Vorbilder oder historischer Figuren bedient, um Düften eine Geschichte zu geben, oder weil er das Thema Chypre (der schönste mir bekannte Orangen-Chypre stammt von ihm) auf spannende Weise immer wieder bedient (womit er bei mir sowieso in´s Schwarze trifft), seine Düfte haben oft eine eigene Eleganz und Feinheit, die ich mit „französisch“ assoziiere. Das mag als Charakteristikum so klischeehaft sein wie es will, Parfum d´Empire war und ist eine meiner persönlichen Markenentdeckungen des vergangenen Jahres und Yuzu Fou momentan mein Sommerliebling, hier auf Parfumo leider auf haarsträubende Weise unterbewertet.
Ich hoffe sehr, dass die Düfte der Marke bald wieder verfügbar sind, in Deutschland sind sie seit Jahresbeginn offenbar nur noch aus Lagerbeständen erhältlich, wer Näheres weiß, möge sich bitte gerne mitteilen.
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Update Juli 2019: Offenbar sind die PdE-Düfte ab September dieses Jahres im deutschen Handel erhältlich.
Du bist Dir sicher, dass es hier auch dafür Automaten gibt, aber erfolglos in Deiner Suche, natürlich, weil nichts von der Bestimmung und dem Zweck der bunt beschrifteten Kästen, die an jeder Ecke zu stehen scheinen, für Dich verständlich wäre. Wie durch eine biologische Besonderheit scheint es den Einheimischen vergönnt, dass keinerlei Feuchtigkeit auf ihren Gesichtern haftet, die Hausfrauen, Geschäftsleute, Teenager in ihren Babyklamotten und gefärbten Haaren, die durch die engen Gässchen eilen, alle scheinen wie auf Verabredung die Schweissproduktion eingestellt zu haben.
Die kurze Aufruhr, welche Dir der erdige Geruch des feuchten Hanfs bereitet, als Du den Markt betrittst, ist schon nach einigen Sekunden verflogen, und die herbe, saure, umwerfende Lebendigkeit des Duftes der Bitterorangen, die hier allgegenwärtig zu sein scheinen, trifft Dich wie ein Schlag. Sauer duften sie, ähnlich dem Duft frisch geriebener Zitronenschalen, dabei komplexer, tiefer, an Grapefruit und Limetten erinnert ihr Aroma, ohne die schwefelige Mattheit der Grapefruit oder die eindringliche Exotik der Limetten zu verbreiten. Kühl duftet es, eine Wohltat an diesem regenfeuchten heissen Tag.
Gleich daneben die Buden der Kräuterhändler, die Bündel stehen in vasenartig geflochtenen Behältern aus Bambus oder liegen, einer Dir unbekannten Geometrie folgend, geordnet in kleinen hölzernen Kästchen. Minze, Du zerreibst ein paar Blättchen zwischen Deinen Fingern: Keine Kaugummiminze, wie erwartet, sie würde übrigens gut in dieses unverständliche Umfeld passen, sondern ein krautiges, dunkles, stängelig-holziges Minzearoma, die Pflanzen wie im warmen Wind getrocknet und durch geheime Magie wieder zum Leben erweckt. Darunter ein weiteres Bündel einer kleinen Duftexplosion: Aromatische, grüne, zitrische Zitronenverbene, mit ihrem metallischen herben Duft, den Du fast schmecken kannst, ein dunkler, krautiger Ton, der sich ganz delikat unter die Spritzigkeit der Bitterorangen legt.
Du meinst immer noch den erdigen Geruch der regenfeuchten Hanfmatte wahrzunehmen, der gelegentlich in dieser exquisiten sauer-bitteren Stimmung aufsteigt, aber schon bald vermählen sich die herben Eindrücke mit der flirrenden Holzigkeit der Zedern und warmem, tiefen, angenehm trockenem und leicht reibendem Moschus. Etwas erinnert Dich an die mineralische Dunkelheit von Eichenmoos, aber es ist nur eine Illusion, die Hitze spielt Dir einen Streich, die Herbheit und Exzentrik des Duftes erzeugt diesen Eindruck. Dennoch, und das überrascht Dich am meisten, liegt der Duft Deiner feuchten Haut an wie ein kühlender, trockener, ideal temperierter, pudriger Seidenkokon, alles passt, Du bist bei Dir selbst angekommen, und die Hitze und die Stadt um Dich herum, sie können Dir nichts mehr anhaben.
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Der Korse Marc-Antoine Corticchiato, die Nase hinter Parfum d´Empire, hat mit Yuzu Fou eine Hommage an das moderne Japan schaffen wollen, so die Marketingsaga, und seine Sichtweise darauf ist, ohne dass ich das konkretisieren oder erklären könnte, französisch, so wie die exquisiten Düfte, die er schafft, französisch sind. Ob es daran liegen mag, dass seine Düfte stets eine gewisse Sperrigkeit und Exzentrik haben, mit Duftkomponenten, die zunächst oft gewöhnungsbedürftig sind, dann aber in der Gesamtkomposition eine raffinierte Verwendung finden und einen starken Reiz ausüben, oder er sich offenbar gerne historischer Duft-Vorbilder oder historischer Figuren bedient, um Düften eine Geschichte zu geben, oder weil er das Thema Chypre (der schönste mir bekannte Orangen-Chypre stammt von ihm) auf spannende Weise immer wieder bedient (womit er bei mir sowieso in´s Schwarze trifft), seine Düfte haben oft eine eigene Eleganz und Feinheit, die ich mit „französisch“ assoziiere. Das mag als Charakteristikum so klischeehaft sein wie es will, Parfum d´Empire war und ist eine meiner persönlichen Markenentdeckungen des vergangenen Jahres und Yuzu Fou momentan mein Sommerliebling, hier auf Parfumo leider auf haarsträubende Weise unterbewertet.
Ich hoffe sehr, dass die Düfte der Marke bald wieder verfügbar sind, in Deutschland sind sie seit Jahresbeginn offenbar nur noch aus Lagerbeständen erhältlich, wer Näheres weiß, möge sich bitte gerne mitteilen.
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Update Juli 2019: Offenbar sind die PdE-Düfte ab September dieses Jahres im deutschen Handel erhältlich.
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