27.04.2011 - 16:40 Uhr
Profumo
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Profumo
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19
Getreu dem Motto: Klotzen statt kleckern!
Nun ja, das ist also das vielgepriesene ‚Tom Ford Extreme’...
Ich muss sagen, es lässt mich etwas ratlos zurück. Nicht, dass es schlecht riechen würde, nein: Es riecht gut. Ein ganzes Kaleidoskop verschiedenster holziger, würziger, fruchtiger und ledriger Noten entfaltet sich auf meiner Haut. Irgendwie aber habe ich das Gefühl, das alles schon einmal gerochen zu haben. Und wenn ich es so recht bedenke, weiß ich auch wo: Bei ihm selbst.
Man schnuppere mal an ‚Tom Ford for Men’, an ‚Bois Rouge’, ‚Japon Noir’, ‚Tobacco Vanille’, ‚Aoud Wood’, ‚Tuscan Leather’ und wieder zurück, lasse die Eindrücke auf sich wirken, und wende sich dann erneut ‚Tom Ford Extreme’ zu – et voilà: In der Mengenlehre würde man das eine Schnittmenge nennen. Man könnte es auch einen Querschnitt, oder ein Potpourri nennen. Oder man könnte den Spruch zitieren: Viele Köche verderben den Brei.
Ein derart aus Versatzstücken zusammen gezimmerter Duft läuft allerdings Gefahr vor allem eines zu entbehren: Originalität.
Sicher, man kann das machen. Jean-Paul Guerlain hat das mit ‚Héritage’ auch gemacht: Da steckt einiges von ‚Jicky’ drin, von ‚Shalimar’, von ‚Mitsouko’ und ‚Derby’, aber dennoch hat der Duft einen unverkennbaren, eigenen Charakter, ist mehr als ein Summa summarum.
Womöglich ist der Vergleich mit ‚Héritage’ gar nicht so schlecht, denn ich vermute, dass Tom Ford ähnliches vorschwebte: Ein Werk, das den eigenen Duftkosmos definiert und auslotet, das voller Bezüge zu vorangegangenen Kreationen steckt, oder anders gesagt: Die Quintessenz eigenen Schaffens, gebündelt schon in der Namensgebung: ‚Tom Ford Extreme’. Recht schnell wird also klar, hier handelt es sich nicht um eine höher konzentrierte Fassung irgend eines anderen Duftes, also nicht um eine Eau de Parfum-Variante des Duftes XY, nein, die olfaktorische Welt von Tom Ford ‚himself’ soll hier ihren Kulminationspunkt finden: Sein ganz persönliches ‚Extreme’.
So weit, so gut.
Man könnte also erwarten, dass ein Duft solchen Namens – ein derartiges Vorhaben vorausgesetzt – besonders gut und eindringlich von den Ideen und Absichten des Meisters zu künden vermag. Weit gefehlt.
Doch ich will nicht ungerecht sein. Zu Beginn des Duftverlaufes lässt einiges sich doch recht versprechend an: Ein Touch Limone hier, jede Menge Leder, Tabak und deftige Würze dort, nebst einigen getrockneten Früchten und einer Spur Zimt. Auch etwas bitter-grün Koniferisches schwingt da mit (vermutlich Fichtennadeln), von einer Ahnung Vetiver und so mancher Rauchschwade durchdrungen.
Doch was da so volltönend und reichhaltig daherkommt, will sich mir einfach nicht als harmonisches Ganzes darstellen. Nicht, das es immer harmonisch zugehen müsste, nein, ganz im Gegenteil: Ein Duft braucht Kontraste um eine innere Spannung zu bewahren und so auf Dauer interessant zu bleiben. Doch was sich hier offenbart, ist eine ziemlich spannungslose Kakophonie.
Gerade so, als habe das Credo der Erschaffer gelautet: hier wird geprasst und nicht gespart, hier wird geklotzt und nicht gekleckert.
Leder, Tabak, Rum, Trüffel, Safran, Feige, Karamell, Vanille, Weihrauch und, und, und..... Bloß rein damit! Getreu dem Motto, von viel kommt viel.
Doch wer alle Gewürze derer er habhaft wird ins Essen haut, der braucht sich nicht wundern, wenn das Resultat schwer verdaulich wird. Meistens ist daher weniger mehr, und wenn es schon viel sein soll, dann bitte fein aufeinander abgestimmt.
Doch hier hapert es: Die vielen Bestandteile stehen in unausgewogenem Verhältnis zueinander. Weder stimmt ihre Kalibrierung, noch sind sie gut ausbalanciert. Obendrein fehlt einfach der berühmte rote Faden, der plausibel machen würde, warum es denn gar so üppig zugehen müsse.
Das kürzlich lancierte ‚Frapin 1697’ zeigt beispielsweise, wie man eine geradezu verschwenderische Reichhaltigkeit mit der nötigen Raffinesse zu kombinieren, und wie man ob der vielen Teilnehmer der Party, diese zu gliedern vermag. Auf die Konstruktion kommt es an, auf die Choreographie und in gewisser Weise auch auf die Dramaturgie.
Ein Duft aber, der alles gleich offenbart was er zu bieten hat, und dem dann nichts mehr einfällt, der sich nicht entwickelt und der keine Überraschungen mehr parat hält – einem solchen Duft liegt keine gute Konstruktion zugrunde. Mögen die Inhaltstoffe von noch so guter Qualität sein – wer mit ihnen nicht umzugehen weiß, wird es nicht verstehen einen guten Duft zu kreieren.
Übrigens ein Missverständnis, dass meines Erachtens viele Nischenfirmen teilen: Die Güte der Ingredienzien mag mitunter die der sogenannten ‚Mainstream’-Düfte in den Schatten stellen, und den ein oder anderen horrenden Preis rechtfertigen; doch entscheiden in erster Linie Inspiration und Komposition ob ein Duft gut geraten ist, oder schlecht. Ein mäßig konstruierter Duft wird auch mit den besten Inhaltstoffen kaum merklich besser – und ein solcher ist ‚Tom Ford Extreme’.
Unter wissenderen Händen wäre mit diesem Material vielleicht ein spannender Duft epischen Ausmaßes à la ‚Héritage’ oder dem neuen ‚Puredistance M’ entstanden – ein Gentleman(& Gentlewoman)-Duft der reichsten, verschwenderischsten und luxuriösesten Art. So aber bleibt nur festzuhalten, dass zwar der Wille da war, allein der Weg ward nicht gefunden.
Nach anfänglichem, verheißungsvollen Crescendo geschieht leider fast nichts mehr. Stattdessen vertändelt der Duft so langsam ins Nichts, ohne nennenswerte Entwicklung, mit arg dezenter Sillage, und noch dezenterer Haltbarkeit. Ganz so, als habe den Parfumeur nach grandiosem Auftakt die Traute verlassen – der Rest wimmert leise und kläglich dahin.
Dafür sind Kartonage und Flakon aufwändig gestaltet und die Farbgebung über die Maßen gülden (was dem Ganzen einen recht protzigen, beinahe prolligen Auftritt verleiht...). Muss man mögen. Mir persönlich ist der Ford´sche ‚Pomp and Circumstance’ ein bisschen zu dick aufgetragen, aber ‚so what’...
Nun, der große Tom hat sein duftendes Alter Ego zwar gekonnt ausstaffiert – das kann er ja, das muss man ihm lassen! – aber ihm eine Geschichte mitzugeben, das hat er versäumt.
Schade eigentlich.
Ich muss sagen, es lässt mich etwas ratlos zurück. Nicht, dass es schlecht riechen würde, nein: Es riecht gut. Ein ganzes Kaleidoskop verschiedenster holziger, würziger, fruchtiger und ledriger Noten entfaltet sich auf meiner Haut. Irgendwie aber habe ich das Gefühl, das alles schon einmal gerochen zu haben. Und wenn ich es so recht bedenke, weiß ich auch wo: Bei ihm selbst.
Man schnuppere mal an ‚Tom Ford for Men’, an ‚Bois Rouge’, ‚Japon Noir’, ‚Tobacco Vanille’, ‚Aoud Wood’, ‚Tuscan Leather’ und wieder zurück, lasse die Eindrücke auf sich wirken, und wende sich dann erneut ‚Tom Ford Extreme’ zu – et voilà: In der Mengenlehre würde man das eine Schnittmenge nennen. Man könnte es auch einen Querschnitt, oder ein Potpourri nennen. Oder man könnte den Spruch zitieren: Viele Köche verderben den Brei.
Ein derart aus Versatzstücken zusammen gezimmerter Duft läuft allerdings Gefahr vor allem eines zu entbehren: Originalität.
Sicher, man kann das machen. Jean-Paul Guerlain hat das mit ‚Héritage’ auch gemacht: Da steckt einiges von ‚Jicky’ drin, von ‚Shalimar’, von ‚Mitsouko’ und ‚Derby’, aber dennoch hat der Duft einen unverkennbaren, eigenen Charakter, ist mehr als ein Summa summarum.
Womöglich ist der Vergleich mit ‚Héritage’ gar nicht so schlecht, denn ich vermute, dass Tom Ford ähnliches vorschwebte: Ein Werk, das den eigenen Duftkosmos definiert und auslotet, das voller Bezüge zu vorangegangenen Kreationen steckt, oder anders gesagt: Die Quintessenz eigenen Schaffens, gebündelt schon in der Namensgebung: ‚Tom Ford Extreme’. Recht schnell wird also klar, hier handelt es sich nicht um eine höher konzentrierte Fassung irgend eines anderen Duftes, also nicht um eine Eau de Parfum-Variante des Duftes XY, nein, die olfaktorische Welt von Tom Ford ‚himself’ soll hier ihren Kulminationspunkt finden: Sein ganz persönliches ‚Extreme’.
So weit, so gut.
Man könnte also erwarten, dass ein Duft solchen Namens – ein derartiges Vorhaben vorausgesetzt – besonders gut und eindringlich von den Ideen und Absichten des Meisters zu künden vermag. Weit gefehlt.
Doch ich will nicht ungerecht sein. Zu Beginn des Duftverlaufes lässt einiges sich doch recht versprechend an: Ein Touch Limone hier, jede Menge Leder, Tabak und deftige Würze dort, nebst einigen getrockneten Früchten und einer Spur Zimt. Auch etwas bitter-grün Koniferisches schwingt da mit (vermutlich Fichtennadeln), von einer Ahnung Vetiver und so mancher Rauchschwade durchdrungen.
Doch was da so volltönend und reichhaltig daherkommt, will sich mir einfach nicht als harmonisches Ganzes darstellen. Nicht, das es immer harmonisch zugehen müsste, nein, ganz im Gegenteil: Ein Duft braucht Kontraste um eine innere Spannung zu bewahren und so auf Dauer interessant zu bleiben. Doch was sich hier offenbart, ist eine ziemlich spannungslose Kakophonie.
Gerade so, als habe das Credo der Erschaffer gelautet: hier wird geprasst und nicht gespart, hier wird geklotzt und nicht gekleckert.
Leder, Tabak, Rum, Trüffel, Safran, Feige, Karamell, Vanille, Weihrauch und, und, und..... Bloß rein damit! Getreu dem Motto, von viel kommt viel.
Doch wer alle Gewürze derer er habhaft wird ins Essen haut, der braucht sich nicht wundern, wenn das Resultat schwer verdaulich wird. Meistens ist daher weniger mehr, und wenn es schon viel sein soll, dann bitte fein aufeinander abgestimmt.
Doch hier hapert es: Die vielen Bestandteile stehen in unausgewogenem Verhältnis zueinander. Weder stimmt ihre Kalibrierung, noch sind sie gut ausbalanciert. Obendrein fehlt einfach der berühmte rote Faden, der plausibel machen würde, warum es denn gar so üppig zugehen müsse.
Das kürzlich lancierte ‚Frapin 1697’ zeigt beispielsweise, wie man eine geradezu verschwenderische Reichhaltigkeit mit der nötigen Raffinesse zu kombinieren, und wie man ob der vielen Teilnehmer der Party, diese zu gliedern vermag. Auf die Konstruktion kommt es an, auf die Choreographie und in gewisser Weise auch auf die Dramaturgie.
Ein Duft aber, der alles gleich offenbart was er zu bieten hat, und dem dann nichts mehr einfällt, der sich nicht entwickelt und der keine Überraschungen mehr parat hält – einem solchen Duft liegt keine gute Konstruktion zugrunde. Mögen die Inhaltstoffe von noch so guter Qualität sein – wer mit ihnen nicht umzugehen weiß, wird es nicht verstehen einen guten Duft zu kreieren.
Übrigens ein Missverständnis, dass meines Erachtens viele Nischenfirmen teilen: Die Güte der Ingredienzien mag mitunter die der sogenannten ‚Mainstream’-Düfte in den Schatten stellen, und den ein oder anderen horrenden Preis rechtfertigen; doch entscheiden in erster Linie Inspiration und Komposition ob ein Duft gut geraten ist, oder schlecht. Ein mäßig konstruierter Duft wird auch mit den besten Inhaltstoffen kaum merklich besser – und ein solcher ist ‚Tom Ford Extreme’.
Unter wissenderen Händen wäre mit diesem Material vielleicht ein spannender Duft epischen Ausmaßes à la ‚Héritage’ oder dem neuen ‚Puredistance M’ entstanden – ein Gentleman(& Gentlewoman)-Duft der reichsten, verschwenderischsten und luxuriösesten Art. So aber bleibt nur festzuhalten, dass zwar der Wille da war, allein der Weg ward nicht gefunden.
Nach anfänglichem, verheißungsvollen Crescendo geschieht leider fast nichts mehr. Stattdessen vertändelt der Duft so langsam ins Nichts, ohne nennenswerte Entwicklung, mit arg dezenter Sillage, und noch dezenterer Haltbarkeit. Ganz so, als habe den Parfumeur nach grandiosem Auftakt die Traute verlassen – der Rest wimmert leise und kläglich dahin.
Dafür sind Kartonage und Flakon aufwändig gestaltet und die Farbgebung über die Maßen gülden (was dem Ganzen einen recht protzigen, beinahe prolligen Auftritt verleiht...). Muss man mögen. Mir persönlich ist der Ford´sche ‚Pomp and Circumstance’ ein bisschen zu dick aufgetragen, aber ‚so what’...
Nun, der große Tom hat sein duftendes Alter Ego zwar gekonnt ausstaffiert – das kann er ja, das muss man ihm lassen! – aber ihm eine Geschichte mitzugeben, das hat er versäumt.
Schade eigentlich.
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